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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.

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in der Kloster-Bibliothek entdeckte ich endlich das lang
gesuchte Manuscript. Da stand denn die ganze Ge¬
schichte."

"Was stand da?"

"Da stand im reinsten Hoch -- bramaputraisch,
daß -- ich übersetze das nun Alles in unsere modernen
Begriffe und Ausdrücke --"

"Ja machen Sie's um's Himmelswillen so, daß
ich es verstehe."

"Daß gleich von vornherein zwei Menschenpaare
geschaffen wurden, wie es ja auch gar nicht anders
sein kann: ein adliges und ein bürgerliches. Der
Name dieses ersten adligen Geschlechts ist aus dem
Manuscript nicht ersichtlich. Gerade an der einen
Stelle, wo er ausgeschrieben gestanden hat, ist ein
großer Klex. So viel ist sicher, Oldenburg hat es
nicht geheißen; es war noch ganz deutlich ein C zu er¬
kennen, und in der Mitte ein t.

"Vielleicht Cloten," sagte der Andere.

"Es ist möglich, aber beschwören kann ich es
nicht. Auch was für eine Geborne seine Gemahlin
gewesen ist, die schlechtweg Fräulein genannt wird, ist
nicht ersichtlich."

"Aber ich denke, sie ist aus der Rippe des Mannes
gemacht und gar nicht geboren."

in der Kloſter-Bibliothek entdeckte ich endlich das lang
geſuchte Manuſcript. Da ſtand denn die ganze Ge¬
ſchichte.“

„Was ſtand da?“

„Da ſtand im reinſten Hoch — bramaputraiſch,
daß — ich überſetze das nun Alles in unſere modernen
Begriffe und Ausdrücke —“

„Ja machen Sie's um's Himmelswillen ſo, daß
ich es verſtehe.“

„Daß gleich von vornherein zwei Menſchenpaare
geſchaffen wurden, wie es ja auch gar nicht anders
ſein kann: ein adliges und ein bürgerliches. Der
Name dieſes erſten adligen Geſchlechts iſt aus dem
Manuſcript nicht erſichtlich. Gerade an der einen
Stelle, wo er ausgeſchrieben geſtanden hat, iſt ein
großer Klex. So viel iſt ſicher, Oldenburg hat es
nicht geheißen; es war noch ganz deutlich ein C zu er¬
kennen, und in der Mitte ein t.

„Vielleicht Cloten,“ ſagte der Andere.

„Es iſt möglich, aber beſchwören kann ich es
nicht. Auch was für eine Geborne ſeine Gemahlin
geweſen iſt, die ſchlechtweg Fräulein genannt wird, iſt
nicht erſichtlich.“

„Aber ich denke, ſie iſt aus der Rippe des Mannes
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[52/0062] in der Kloſter-Bibliothek entdeckte ich endlich das lang geſuchte Manuſcript. Da ſtand denn die ganze Ge¬ ſchichte.“ „Was ſtand da?“ „Da ſtand im reinſten Hoch — bramaputraiſch, daß — ich überſetze das nun Alles in unſere modernen Begriffe und Ausdrücke —“ „Ja machen Sie's um's Himmelswillen ſo, daß ich es verſtehe.“ „Daß gleich von vornherein zwei Menſchenpaare geſchaffen wurden, wie es ja auch gar nicht anders ſein kann: ein adliges und ein bürgerliches. Der Name dieſes erſten adligen Geſchlechts iſt aus dem Manuſcript nicht erſichtlich. Gerade an der einen Stelle, wo er ausgeſchrieben geſtanden hat, iſt ein großer Klex. So viel iſt ſicher, Oldenburg hat es nicht geheißen; es war noch ganz deutlich ein C zu er¬ kennen, und in der Mitte ein t. „Vielleicht Cloten,“ ſagte der Andere. „Es iſt möglich, aber beſchwören kann ich es nicht. Auch was für eine Geborne ſeine Gemahlin geweſen iſt, die ſchlechtweg Fräulein genannt wird, iſt nicht erſichtlich.“ „Aber ich denke, ſie iſt aus der Rippe des Mannes gemacht und gar nicht geboren.“

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/62>, abgerufen am 29.03.2024.