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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.

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Seele der Mägdelein gesprochen, die sich darin ver¬
gaffen. Ich will mich hängen lassen, wenn sie nicht
noch im Leben ein rasendes Glück bei den Weibern
machen, -- und schon gemacht haben."

"Und wenn ich Ihnen nun das Gegentheil ver¬
sicherte?"

"So ist der Baron Harald kein Rattenfänger,
sondern ein Nachtwächter gewesen, und nicht von seiner
allzugroßen Neigung für junge schöne Weiber und
guten alten Wein, sondern von vielem Studiren ge¬
storben; so hat die kleine Marguerite -- die nebenbei
ein bildhübsches und auch nicht allzusprödes Kind ist
-- gelogen, die mich gestern versicherte: sie hasse Sie,
was doch auf deutsch so viel heißt, als; sie sei sterb¬
lich in Sie verliebt, und so hat die Fama gelogen,
die Ihren Namen mit dem einer andern und aller¬
dings zu höheren Ansprüchen, als die kleine Mague¬
rite berechtigten Dame in Verbindung bringt."

"Was meinen Sie?" fragte Oswald, welcher
fühlte, daß ihm das Blut in die Schläfen schoß.

"Nichts, mein Prinz, nichts!" erwiederte Albert
lachend; "muß man denn immer etwas meinen, wenn
man etwas sagt? Ich wollte nur auf den Busch
klopfen, ob die Vögel vielleicht herausflögen. Denn
daß an Ihrer Melancholie nicht blos das Wetter

Seele der Mägdelein geſprochen, die ſich darin ver¬
gaffen. Ich will mich hängen laſſen, wenn ſie nicht
noch im Leben ein raſendes Glück bei den Weibern
machen, — und ſchon gemacht haben.“

„Und wenn ich Ihnen nun das Gegentheil ver¬
ſicherte?“

„So iſt der Baron Harald kein Rattenfänger,
ſondern ein Nachtwächter geweſen, und nicht von ſeiner
allzugroßen Neigung für junge ſchöne Weiber und
guten alten Wein, ſondern von vielem Studiren ge¬
ſtorben; ſo hat die kleine Marguerite — die nebenbei
ein bildhübſches und auch nicht allzuſprödes Kind iſt
— gelogen, die mich geſtern verſicherte: ſie haſſe Sie,
was doch auf deutſch ſo viel heißt, als; ſie ſei ſterb¬
lich in Sie verliebt, und ſo hat die Fama gelogen,
die Ihren Namen mit dem einer andern und aller¬
dings zu höheren Anſprüchen, als die kleine Mague¬
rite berechtigten Dame in Verbindung bringt.“

„Was meinen Sie?“ fragte Oswald, welcher
fühlte, daß ihm das Blut in die Schläfen ſchoß.

„Nichts, mein Prinz, nichts!“ erwiederte Albert
lachend; „muß man denn immer etwas meinen, wenn
man etwas ſagt? Ich wollte nur auf den Buſch
klopfen, ob die Vögel vielleicht herausflögen. Denn
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[216/0226] Seele der Mägdelein geſprochen, die ſich darin ver¬ gaffen. Ich will mich hängen laſſen, wenn ſie nicht noch im Leben ein raſendes Glück bei den Weibern machen, — und ſchon gemacht haben.“ „Und wenn ich Ihnen nun das Gegentheil ver¬ ſicherte?“ „So iſt der Baron Harald kein Rattenfänger, ſondern ein Nachtwächter geweſen, und nicht von ſeiner allzugroßen Neigung für junge ſchöne Weiber und guten alten Wein, ſondern von vielem Studiren ge¬ ſtorben; ſo hat die kleine Marguerite — die nebenbei ein bildhübſches und auch nicht allzuſprödes Kind iſt — gelogen, die mich geſtern verſicherte: ſie haſſe Sie, was doch auf deutſch ſo viel heißt, als; ſie ſei ſterb¬ lich in Sie verliebt, und ſo hat die Fama gelogen, die Ihren Namen mit dem einer andern und aller¬ dings zu höheren Anſprüchen, als die kleine Mague¬ rite berechtigten Dame in Verbindung bringt.“ „Was meinen Sie?“ fragte Oswald, welcher fühlte, daß ihm das Blut in die Schläfen ſchoß. „Nichts, mein Prinz, nichts!“ erwiederte Albert lachend; „muß man denn immer etwas meinen, wenn man etwas ſagt? Ich wollte nur auf den Buſch klopfen, ob die Vögel vielleicht herausflögen. Denn daß an Ihrer Melancholie nicht blos das Wetter

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/226>, abgerufen am 29.03.2024.