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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.

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war. -- Wie befinden sie sich Frau Baronin? Ange¬
griffen von der Hitze? Wäre kein Wunder -- fünf¬
undzwanzig Grad im Schatten -- reine Treibhaus-
Temperatur. -- Ich soll Sie von Ihrer Frau Ge¬
malin grüßen, Herr Pastor; sprach sie vor einer
Stunde in Faschwitz. Sie wird gegen Abend mit
dem Einspänner herüberkommen. Sie abzuholen. --
Mit der Vermessung von Sassitz wären wir fertig,
Herr Baron. Wenn es Ihnen recht ist, will ich jetzt
sogleich die Karten zeichnen, wenn die Frau Baronin
die Güte haben will, mir ein Zimmer des Schlosses
einzuräumen."

So sprach Herr Timm und griff in die Tasche
nach seinem Taschentuche, um sich die von Schwei߬
tropfen perlende Stirn abzutrocknen. Da er sich aber
noch zur rechten Zeit darauf besann, daß das betref¬
fende, so überaus nützliche Stück der Toillette sich für
den Augenblick bei ihm in einem keineswegs salonfä¬
higen Zustand befand, so ließ er es, wo es war, fuhr
sich mit der Hand über Stirn und Haar, und schaute
so vergnügt um sich, als ob ihm die Grenwitzer Be¬
sitzungen, die er im Schweiß seines Angesichts ver¬
messen mußte, erb- und eigenthümlich gehörten.

"Gewiß;" sagte die Baronin, bei der Herr Timm
wegen seiner scheinbaren Anspruchslosigkeit in großer

war. — Wie befinden ſie ſich Frau Baronin? Ange¬
griffen von der Hitze? Wäre kein Wunder — fünf¬
undzwanzig Grad im Schatten — reine Treibhaus-
Temperatur. — Ich ſoll Sie von Ihrer Frau Ge¬
malin grüßen, Herr Paſtor; ſprach ſie vor einer
Stunde in Faſchwitz. Sie wird gegen Abend mit
dem Einſpänner herüberkommen. Sie abzuholen. —
Mit der Vermeſſung von Saſſitz wären wir fertig,
Herr Baron. Wenn es Ihnen recht iſt, will ich jetzt
ſogleich die Karten zeichnen, wenn die Frau Baronin
die Güte haben will, mir ein Zimmer des Schloſſes
einzuräumen.“

So ſprach Herr Timm und griff in die Taſche
nach ſeinem Taſchentuche, um ſich die von Schwei߬
tropfen perlende Stirn abzutrocknen. Da er ſich aber
noch zur rechten Zeit darauf beſann, daß das betref¬
fende, ſo überaus nützliche Stück der Toillette ſich für
den Augenblick bei ihm in einem keineswegs ſalonfä¬
higen Zuſtand befand, ſo ließ er es, wo es war, fuhr
ſich mit der Hand über Stirn und Haar, und ſchaute
ſo vergnügt um ſich, als ob ihm die Grenwitzer Be¬
ſitzungen, die er im Schweiß ſeines Angeſichts ver¬
meſſen mußte, erb– und eigenthümlich gehörten.

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[157/0167] war. — Wie befinden ſie ſich Frau Baronin? Ange¬ griffen von der Hitze? Wäre kein Wunder — fünf¬ undzwanzig Grad im Schatten — reine Treibhaus- Temperatur. — Ich ſoll Sie von Ihrer Frau Ge¬ malin grüßen, Herr Paſtor; ſprach ſie vor einer Stunde in Faſchwitz. Sie wird gegen Abend mit dem Einſpänner herüberkommen. Sie abzuholen. — Mit der Vermeſſung von Saſſitz wären wir fertig, Herr Baron. Wenn es Ihnen recht iſt, will ich jetzt ſogleich die Karten zeichnen, wenn die Frau Baronin die Güte haben will, mir ein Zimmer des Schloſſes einzuräumen.“ So ſprach Herr Timm und griff in die Taſche nach ſeinem Taſchentuche, um ſich die von Schwei߬ tropfen perlende Stirn abzutrocknen. Da er ſich aber noch zur rechten Zeit darauf beſann, daß das betref¬ fende, ſo überaus nützliche Stück der Toillette ſich für den Augenblick bei ihm in einem keineswegs ſalonfä¬ higen Zuſtand befand, ſo ließ er es, wo es war, fuhr ſich mit der Hand über Stirn und Haar, und ſchaute ſo vergnügt um ſich, als ob ihm die Grenwitzer Be¬ ſitzungen, die er im Schweiß ſeines Angeſichts ver¬ meſſen mußte, erb– und eigenthümlich gehörten. „Gewiß;“ ſagte die Baronin, bei der Herr Timm wegen ſeiner ſcheinbaren Anſpruchsloſigkeit in großer

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Zitationshilfe: Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/167>, abgerufen am 25.04.2024.