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Sperander [i. e. Gladov, Friedrich]: Sorgfältiger Negotiant und Wechßler. Leipzig, 1706.

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Kleidung und Unterhalt aller Menschen. Die Handwercksleute
dienen mit ihrer Hände Arbeit jeder seiner Art nach. Zimmerleute
und Mäurer um Häuser zur Wohnung zubauen: Schneider
und Schuster um Kleider und Schuh zu machen/ Bauern um
Geträyde zu säen und zu ernden/ und Vieh-Zucht zu erhalten zu
Lebensmittel/ also daß immer einer des andern benöthigt. Ge-
lehrte Leute dienen zum unterweiß in Tugenden und Geschick-
lichkeit/ in Göttlichen und Seeligenden Sachen/ in Rechts-Sa-
chen/ in Curir und genäß Mitteln. Hat also GOtt seine Gaben
auff mancherley Art und Weise mitgetheilet/ will aber/ daß ein
jedwederdie erhaltene Gaben nicht bey sich solle ersterben lassen/
sondern gemein machen auff gewisse Art und Gelegenheit zum ge-
meinen Besten und reciproquen Dienst: Denn GOtt ist kein
partialer GOtt/ daß Er von einem alleine nur einige Besonderhei-
ten wolle/ sondern daß er überkommene Besonderheiten zum
gemeinen Besten wenden solle/ und solches aus Gerechtigkeit sei-
ner Ordnung. Der ist darum vor GOtt nicht mehr weder ein
ander Mensch geachtet/ welcher zum Werck-Zeug und Mittel ge-
braucht wird andere zu unterweisen/ sondern er dienet so woll
den gemeinen Besten mit seinen Talent als der geringste unter den
Menschen. Mancher hat die Gelegenheit/ Mittel und Vermö-
gen nicht darzu/ durch andrer Unterweiß/ am meisten aber eige
ner experienz zu ein und andren Wissenschafft und Kunst zuge-
langen/ wie es sonst dieser oder andere überkommen/ diesen aber
hat GOtt Mittel und Gelegenheit darzu gegeben/ nicht aber daß
ers bey sich solle ersitzen/ verschwitzen/ vermodern oder zergehen las-
sen. Sondern er soll es zum gemeinen Besten verwenden und an-
dern auch darum Unterricht beybringen/ welchen es an Mittel
und Gelegenheit ermangelt durch Erfahrung nützliches zu erlan-
gen/ welche wohl etwa zum ausüben geschickter und bequämer
weder er seind. Und also thut er nach GOttes Ordnung aus
Christlicher Liebe und Schuldigkeit. Wieviel herrliche Dinge
sticken verborgen in Büchern solcher Sprachen/ so der Gemeine
unbekandt/ würden manche nützliche und erbauliche Bücher La-
teinisch/ Griechisch und andrer Sprachen in Landes üblich und ge-
hräuchliche Sprache übersetzt und Translatirt/ solte vielerley Nu-

tzen

Kleidung und Unterhalt aller Menſchen. Die Handwercksleute
dienen mit ihrer Haͤnde Arbeit jeder ſeiner Art nach. Zim̃erleute
und Maͤurer um Haͤuſer zur Wohnung zubauen: Schneider
und Schuſter um Kleider und Schuh zu machen/ Bauern um
Getraͤyde zu ſaͤen und zu ernden/ und Vieh-Zucht zu erhalten zu
Lebensmittel/ alſo daß immer einer des andern benoͤthigt. Ge-
lehrte Leute dienen zum unterweiß in Tugenden und Geſchick-
lichkeit/ in Goͤttlichen und Seeligenden Sachen/ in Rechts-Sa-
chen/ in Curir und genaͤß Mitteln. Hat alſo GOtt ſeine Gaben
auff mancherley Art und Weiſe mitgetheilet/ will aber/ daß ein
jedwederdie erhaltene Gaben nicht bey ſich ſolle erſterben laſſen/
ſondern gemein machen auff gewiſſe Art und Gelegenheit zum ge-
meinen Beſten und reciproquen Dienſt: Denn GOtt iſt kein
partialer GOtt/ daß Er von einem alleine nur einige Beſonderhei-
ten wolle/ ſondern daß er uͤberkommene Beſonderheiten zum
gemeinen Beſten wenden ſolle/ und ſolches aus Gerechtigkeit ſei-
ner Ordnung. Der iſt darum vor GOtt nicht mehr weder ein
ander Menſch geachtet/ welcher zum Werck-Zeug und Mittel ge-
braucht wird andere zu unterweiſen/ ſondern er dienet ſo woll
den gemeinen Beſten mit ſeinen Talent als der geringſte unter den
Menſchen. Mancher hat die Gelegenheit/ Mittel und Vermoͤ-
gen nicht darzu/ durch andrer Unterweiß/ am meiſten aber eige
ner experienz zu ein und andren Wiſſenſchafft und Kunſt zuge-
langen/ wie es ſonſt dieſer oder andere uͤberkommen/ dieſen aber
hat GOtt Mittel und Gelegenheit darzu gegeben/ nicht aber daß
ers bey ſich ſolle erſitzen/ verſchwitzẽ/ vermodern oder zergehen laſ-
ſen. Sondern er ſoll es zum gemeinen Beſten verwenden und an-
dern auch darum Unterricht beybringen/ welchen es an Mittel
und Gelegenheit ermangelt durch Erfahrung nuͤtzliches zu erlan-
gen/ welche wohl etwa zum ausuͤben geſchickter und bequaͤmer
weder er ſeind. Und alſo thut er nach GOttes Ordnung aus
Chriſtlicher Liebe und Schuldigkeit. Wieviel herrliche Dinge
ſticken verborgen in Buͤchern ſolcher Sprachen/ ſo der Gemeine
unbekandt/ wuͤrden manche nuͤtzliche und erbauliche Buͤcher La-
teiniſch/ Griechiſch und andrer Sprachen in Landes uͤblich und ge-
hraͤuchliche Sprache uͤberſetzt und Translatirt/ ſolte vielerley Nu-

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[0004] Kleidung und Unterhalt aller Menſchen. Die Handwercksleute dienen mit ihrer Haͤnde Arbeit jeder ſeiner Art nach. Zim̃erleute und Maͤurer um Haͤuſer zur Wohnung zubauen: Schneider und Schuſter um Kleider und Schuh zu machen/ Bauern um Getraͤyde zu ſaͤen und zu ernden/ und Vieh-Zucht zu erhalten zu Lebensmittel/ alſo daß immer einer des andern benoͤthigt. Ge- lehrte Leute dienen zum unterweiß in Tugenden und Geſchick- lichkeit/ in Goͤttlichen und Seeligenden Sachen/ in Rechts-Sa- chen/ in Curir und genaͤß Mitteln. Hat alſo GOtt ſeine Gaben auff mancherley Art und Weiſe mitgetheilet/ will aber/ daß ein jedwederdie erhaltene Gaben nicht bey ſich ſolle erſterben laſſen/ ſondern gemein machen auff gewiſſe Art und Gelegenheit zum ge- meinen Beſten und reciproquen Dienſt: Denn GOtt iſt kein partialer GOtt/ daß Er von einem alleine nur einige Beſonderhei- ten wolle/ ſondern daß er uͤberkommene Beſonderheiten zum gemeinen Beſten wenden ſolle/ und ſolches aus Gerechtigkeit ſei- ner Ordnung. Der iſt darum vor GOtt nicht mehr weder ein ander Menſch geachtet/ welcher zum Werck-Zeug und Mittel ge- braucht wird andere zu unterweiſen/ ſondern er dienet ſo woll den gemeinen Beſten mit ſeinen Talent als der geringſte unter den Menſchen. Mancher hat die Gelegenheit/ Mittel und Vermoͤ- gen nicht darzu/ durch andrer Unterweiß/ am meiſten aber eige ner experienz zu ein und andren Wiſſenſchafft und Kunſt zuge- langen/ wie es ſonſt dieſer oder andere uͤberkommen/ dieſen aber hat GOtt Mittel und Gelegenheit darzu gegeben/ nicht aber daß ers bey ſich ſolle erſitzen/ verſchwitzẽ/ vermodern oder zergehen laſ- ſen. Sondern er ſoll es zum gemeinen Beſten verwenden und an- dern auch darum Unterricht beybringen/ welchen es an Mittel und Gelegenheit ermangelt durch Erfahrung nuͤtzliches zu erlan- gen/ welche wohl etwa zum ausuͤben geſchickter und bequaͤmer weder er ſeind. Und alſo thut er nach GOttes Ordnung aus Chriſtlicher Liebe und Schuldigkeit. Wieviel herrliche Dinge ſticken verborgen in Buͤchern ſolcher Sprachen/ ſo der Gemeine unbekandt/ wuͤrden manche nuͤtzliche und erbauliche Buͤcher La- teiniſch/ Griechiſch und andrer Sprachen in Landes uͤblich und ge- hraͤuchliche Sprache uͤberſetzt und Translatirt/ ſolte vielerley Nu- tzen

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Zitationshilfe: Sperander [i. e. Gladov, Friedrich]: Sorgfältiger Negotiant und Wechßler. Leipzig, 1706, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sperander_negotiant_1706/4>, abgerufen am 19.04.2024.