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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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daß wir wissen/ wir seyen auß Babel gegan-
gen/ sondern wir müssen einmahl sorgfäl-
tig seyn/ die noch befindliche mängel zu bes-
sern.

Und eben dahin zielen gottseliger hertzen
klagen/ wo sie unsern elenden zustand beseuff-
zen/ nehmlich damit wir uns unter einander
ermunteren/ und das werck deß Herrn
immer ernstlich er getrieben werde/ als etwa
biß dahin geschehen. Wie dann eben da-
mit auch einiger leute einrede zu beantworten/
welche darvor halten/ wir solten solche fehler
und schande unserer Kirche nicht auffdecken/
daß die widersacher deroselben nicht gewahr
würden/ sondern sie verborgen blieben.
Nemlich/ daß gleichwie unverantwortlich
es wäre/ wo jemand solche gebrechen/ nur sich
damit zu kützeln/ der welt vor augen legete;
Wo freylich einen Cham oder Canaan/ der
seines Vatters Noah blösse mit wolgefallen
und spott ansiehet/ der fluch treffen wird:
Also gehen die klagen gottseliger gemüther/
wie der Hertzen kündiger selbst sihet/ auß gar
einer andern absicht oder trieb/ nehmlich auß
inniglicher liebe und eiffer vor GOttes Ehre/
daß wir beseufftzen was wider diese streitet/

und

daß wir wiſſen/ wir ſeyen auß Babel gegan-
gen/ ſondern wir muͤſſen einmahl ſorgfaͤl-
tig ſeyn/ die noch befindliche maͤngel zu beſ-
ſern.

Und eben dahin zielen gottſeliger hertzen
klagen/ wo ſie unſern elenden zuſtand beſeuff-
zen/ nehmlich damit wir uns unter einander
ermunteren/ und das werck deß Herrn
immer ernſtlich er getrieben werde/ als etwa
biß dahin geſchehen. Wie dann eben da-
mit auch einiger leute einrede zu beantwortẽ/
welche darvor halten/ wir ſolten ſolche fehler
und ſchande unſerer Kirche nicht auffdecken/
daß die widerſacher deroſelben nicht gewahr
wuͤrden/ ſondern ſie verborgen blieben.
Nemlich/ daß gleichwie unverantwortlich
es waͤre/ wo jemand ſolche gebrechen/ nur ſich
damit zu kützeln/ der welt vor augen legete;
Wo freylich einen Cham oder Canaan/ der
ſeines Vatters Noah bloͤſſe mit wolgefallen
und ſpott anſiehet/ der fluch treffen wird:
Alſo gehen die klagen gottſeliger gemuͤther/
wie der Hertzen kuͤndiger ſelbſt ſihet/ auß gar
einer andern abſicht oder trieb/ nehmlich auß
inniglicher liebe und eiffer vor GOttes Ehre/
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[69/0095] daß wir wiſſen/ wir ſeyen auß Babel gegan- gen/ ſondern wir muͤſſen einmahl ſorgfaͤl- tig ſeyn/ die noch befindliche maͤngel zu beſ- ſern. Und eben dahin zielen gottſeliger hertzen klagen/ wo ſie unſern elenden zuſtand beſeuff- zen/ nehmlich damit wir uns unter einander ermunteren/ und das werck deß Herrn immer ernſtlich er getrieben werde/ als etwa biß dahin geſchehen. Wie dann eben da- mit auch einiger leute einrede zu beantwortẽ/ welche darvor halten/ wir ſolten ſolche fehler und ſchande unſerer Kirche nicht auffdecken/ daß die widerſacher deroſelben nicht gewahr wuͤrden/ ſondern ſie verborgen blieben. Nemlich/ daß gleichwie unverantwortlich es waͤre/ wo jemand ſolche gebrechen/ nur ſich damit zu kützeln/ der welt vor augen legete; Wo freylich einen Cham oder Canaan/ der ſeines Vatters Noah bloͤſſe mit wolgefallen und ſpott anſiehet/ der fluch treffen wird: Alſo gehen die klagen gottſeliger gemuͤther/ wie der Hertzen kuͤndiger ſelbſt ſihet/ auß gar einer andern abſicht oder trieb/ nehmlich auß inniglicher liebe und eiffer vor GOttes Ehre/ daß wir beſeufftzen was wider dieſe ſtreitet/ und

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/95>, abgerufen am 20.04.2024.