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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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haben? So möchte Paulus noch an vielen
ortenklagen Phil. 2/ 21. Sie suchen alle
das ihre/ nicht das Christi Jesu ist.

Nun gibt solches nicht nur grosses ärger-
nuß/ wo es erkannt wird. Ja/ das gröste
ärgernüß ist schon vorhanden/ da es nicht
erkannt wird/ und die leut (die allezeit/
nach der unart unser natur/ lieber nach
exempeln als der lehr urtheilen) in die ge-
dancken kommen/ das seye schon das rechte
Christenthum/ so sie an ihren predigern
sehen/ und dörfften sie nit weiter gedencken.
Sondern das allerbetrüblichste ist/ daß
von solchen vielen Predigern ihr leben und
der mangel der glaubens früchten anzeiget/
daß es ihnen selbst an dem glauben mange-
le: Und das jenige/ so sie vor glauben hal-
ten/ auch auß welchem sie lehren/ durchauß
nicht der rechte/ auß deß Heiligen Geistes
erleuchtung/ zeugnuß und versieglung auß
Göttlichem wort erweckte/ glaube/ sondern
eine menschliche einbildung seye. Da sie
auß der schrifft/ aber allein dero buchstaben/
ohne würckung deß Heiligen Geistes auß
menschlichem fleiß/ wie andere in andern
studiis dardurch etwas erlernen/ die rechte

lehr

haben? So moͤchte Paulus noch an vielen
ortenklagen Phil. 2/ 21. Sie ſuchen alle
das ihre/ nicht das Chriſti Jeſu iſt.

Nun gibt ſolches nicht nur groſſes aͤrger-
nuß/ wo es erkannt wird. Ja/ das groͤſte
aͤrgernuͤß iſt ſchon vorhanden/ da es nicht
erkannt wird/ und die leut (die allezeit/
nach der unart unſer natur/ lieber nach
exempeln als der lehr urtheilen) in die ge-
dancken kommen/ das ſeye ſchon das rechte
Chriſtenthum/ ſo ſie an ihren predigern
ſehen/ und doͤrfften ſie nit weiter gedencken.
Sondern das allerbetruͤblichſte iſt/ daß
von ſolchen vielen Predigern ihr leben und
der mangel der glaubens fruͤchten anzeiget/
daß es ihnen ſelbſt an dem glauben mange-
le: Und das jenige/ ſo ſie vor glauben hal-
ten/ auch auß welchem ſie lehren/ durchauß
nicht der rechte/ auß deß Heiligen Geiſtes
erleuchtung/ zeugnuß und verſieglung auß
Goͤttlichem wort erweckte/ glaube/ ſondern
eine menſchliche einbildung ſeye. Da ſie
auß der ſchrifft/ aber allein dero buchſtaben/
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menſchlichem fleiß/ wie andere in andern
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[14/0040] haben? So moͤchte Paulus noch an vielen ortenklagen Phil. 2/ 21. Sie ſuchen alle das ihre/ nicht das Chriſti Jeſu iſt. Nun gibt ſolches nicht nur groſſes aͤrger- nuß/ wo es erkannt wird. Ja/ das groͤſte aͤrgernuͤß iſt ſchon vorhanden/ da es nicht erkannt wird/ und die leut (die allezeit/ nach der unart unſer natur/ lieber nach exempeln als der lehr urtheilen) in die ge- dancken kommen/ das ſeye ſchon das rechte Chriſtenthum/ ſo ſie an ihren predigern ſehen/ und doͤrfften ſie nit weiter gedencken. Sondern das allerbetruͤblichſte iſt/ daß von ſolchen vielen Predigern ihr leben und der mangel der glaubens fruͤchten anzeiget/ daß es ihnen ſelbſt an dem glauben mange- le: Und das jenige/ ſo ſie vor glauben hal- ten/ auch auß welchem ſie lehren/ durchauß nicht der rechte/ auß deß Heiligen Geiſtes erleuchtung/ zeugnuß und verſieglung auß Goͤttlichem wort erweckte/ glaube/ ſondern eine menſchliche einbildung ſeye. Da ſie auß der ſchrifft/ aber allein dero buchſtaben/ ohne wuͤrckung deß Heiligen Geiſtes auß menſchlichem fleiß/ wie andere in andern ſtudiis dardurch etwas erlernen/ die rechte lehr

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/40>, abgerufen am 29.03.2024.