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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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nicht aber/ daß sie es in ihrer nahrung merck-
lich gespüret/ hergenommen haben; Und ist
dannoch die nöthigste folge der Christlichen
Liebe/ und in der Ersten Kirchen durch und
durch gewesen.

Nicht zwar die muhtwillige Bettler da-
mit zu verpflegen; Dann Jch es vor eine
grosse sünde halte/ daß junge Kinder/ er-
wachsene Leute/ starcke Gesellen und Mägd/
äusserlich gebrechlich scheinende/ unser All-
mosen bekommen/ und dardurch von der in
GOttes Wort so hoch befohlenen arbeit/
damit sie sich gleich andern Menschen erneh-
ren sollen/ abgeführt/ zum müssiggang und
daher entspringenden vielen sünden veran-
lasset werden; Sondern da solten solche
Leute/ wie anderswo löblich geschiehet/ in
gewisse Häuser auffgenommen/ junge Kna-
ben zu Handwercken/ und guten Künsten
angeführt/ die Mägdlein angewiesen wer-
den/ daß sie mit Woll und Flachs umb-
giengen/ ihre Hände nach dem Rocken
strecken/ und mit den Fingern die Spindel
fassen lernen/ Decken machen/ Gürtel sti-
cken/ und dergleichen Werck üben/ dar-
von Tugendsame Weiber lob bekommen/

und

nicht aber/ daß ſie es in ihrer nahrung merck-
lich geſpuͤret/ hergenommen haben; Und iſt
dannoch die noͤthigſte folge der Chriſtlichen
Liebe/ und in der Erſten Kirchen durch und
durch geweſen.

Nicht zwar die muhtwillige Bettler da-
mit zu verpflegen; Dann Jch es vor eine
groſſe ſuͤnde halte/ daß junge Kinder/ er-
wachſene Leute/ ſtarcke Geſellen und Maͤgd/
aͤuſſerlich gebrechlich ſcheinende/ unſer All-
moſen bekommen/ und dardurch von der in
GOttes Wort ſo hoch befohlenen arbeit/
damit ſie ſich gleich andern Menſchen erneh-
ren ſollen/ abgefuͤhrt/ zum muͤſſiggang und
daher entſpringenden vielen ſuͤnden veran-
laſſet werden; Sondern da ſolten ſolche
Leute/ wie anderswo loͤblich geſchiehet/ in
gewiſſe Haͤuſer auffgenommen/ junge Kna-
ben zu Handwercken/ und guten Kuͤnſten
angefuͤhrt/ die Maͤgdlein angewieſen wer-
den/ daß ſie mit Woll und Flachs umb-
giengen/ ihre Haͤnde nach dem Rocken
ſtrecken/ und mit den Fingern die Spindel
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[212/0238] nicht aber/ daß ſie es in ihrer nahrung merck- lich geſpuͤret/ hergenommen haben; Und iſt dannoch die noͤthigſte folge der Chriſtlichen Liebe/ und in der Erſten Kirchen durch und durch geweſen. Nicht zwar die muhtwillige Bettler da- mit zu verpflegen; Dann Jch es vor eine groſſe ſuͤnde halte/ daß junge Kinder/ er- wachſene Leute/ ſtarcke Geſellen und Maͤgd/ aͤuſſerlich gebrechlich ſcheinende/ unſer All- moſen bekommen/ und dardurch von der in GOttes Wort ſo hoch befohlenen arbeit/ damit ſie ſich gleich andern Menſchen erneh- ren ſollen/ abgefuͤhrt/ zum muͤſſiggang und daher entſpringenden vielen ſuͤnden veran- laſſet werden; Sondern da ſolten ſolche Leute/ wie anderswo loͤblich geſchiehet/ in gewiſſe Haͤuſer auffgenommen/ junge Kna- ben zu Handwercken/ und guten Kuͤnſten angefuͤhrt/ die Maͤgdlein angewieſen wer- den/ daß ſie mit Woll und Flachs umb- giengen/ ihre Haͤnde nach dem Rocken ſtrecken/ und mit den Fingern die Spindel faſſen lernen/ Decken machen/ Guͤrtel ſti- cken/ und dergleichen Werck uͤben/ dar- von Tugendſame Weiber lob bekommen/ und

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/238>, abgerufen am 24.04.2024.