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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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sprechen umb geschencks willen/ und das
Recht der gerechten von ihnen nehmen/ dar-
über Esaias schon zu seiner zeit geklagt/ und
das weh darüber geruffen.

Ein grosser und fast unvermerckter feh-
ler ist es/ 4. wann der obere Richter alles
allein außrichten wil/ und zu der Unter-
Richter nicht geringer beschimpffung/ und
daher folgender Seelen-betrübnüß/ auch
geringe sachen zu sich ziehet/ und damit wie
Jethro klüglich wahrgenommen/ sich und
dem Volck schadet. GOTT leget je wei-
len in einfältige doch redliche Leute und die
Jhn fürchten/ auch von Mosis Geist und
gaben etwas/ das außzurichten/ was Er ih-
nen durch ordentlichen beruff vertrauet und
befohlen hat.

Nicht weniger ist es sünde/ wann der
Richter bloß nach denen eingeschickten Actis
und Probatis urtheilt/ und manchmahl in
seinem gewissen findet/ daß sich es nicht so
verhält: wie viel besser thun die jenige/ welche/
so sie anstehen/ die sach ihrer höchsten Obrig-
keit zuweisen/ und darbey als zeugen oder
räth sich gebrauchen lassen/ damit ja in kei-
nem stück verstossen werde.

Manch-

ſprechen umb geſchencks willen/ und das
Recht der gerechten von ihnen nehmen/ dar-
uͤber Eſaias ſchon zu ſeiner zeit geklagt/ und
das weh daruͤber geruffen.

Ein groſſer und faſt unvermerckter feh-
ler iſt es/ 4. wann der obere Richter alles
allein außrichten wil/ und zu der Unter-
Richter nicht geringer beſchimpffung/ und
daher folgender Seelen-betruͤbnuͤß/ auch
geringe ſachen zu ſich ziehet/ und damit wie
Jethro kluͤglich wahrgenommen/ ſich und
dem Volck ſchadet. GOTT leget je wei-
len in einfaͤltige doch redliche Leute und die
Jhn fuͤrchten/ auch von Moſis Geiſt und
gaben etwas/ das außzurichten/ was Er ih-
nen durch ordentlichen beruff vertrauet und
befohlen hat.

Nicht weniger iſt es ſuͤnde/ wann der
Richter bloß nach denen eingeſchickten Actis
und Probatis urtheilt/ und manchmahl in
ſeinem gewiſſen findet/ daß ſich es nicht ſo
verhaͤlt: wie viel beſſer thun die jenige/ welche/
ſo ſie anſtehen/ die ſach ihrer hoͤchſten Obrig-
keit zuweiſen/ und darbey als zeugen oder
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Manch-
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[183/0209] ſprechen umb geſchencks willen/ und das Recht der gerechten von ihnen nehmen/ dar- uͤber Eſaias ſchon zu ſeiner zeit geklagt/ und das weh daruͤber geruffen. Ein groſſer und faſt unvermerckter feh- ler iſt es/ 4. wann der obere Richter alles allein außrichten wil/ und zu der Unter- Richter nicht geringer beſchimpffung/ und daher folgender Seelen-betruͤbnuͤß/ auch geringe ſachen zu ſich ziehet/ und damit wie Jethro kluͤglich wahrgenommen/ ſich und dem Volck ſchadet. GOTT leget je wei- len in einfaͤltige doch redliche Leute und die Jhn fuͤrchten/ auch von Moſis Geiſt und gaben etwas/ das außzurichten/ was Er ih- nen durch ordentlichen beruff vertrauet und befohlen hat. Nicht weniger iſt es ſuͤnde/ wann der Richter bloß nach denen eingeſchickten Actis und Probatis urtheilt/ und manchmahl in ſeinem gewiſſen findet/ daß ſich es nicht ſo verhaͤlt: wie viel beſſer thun die jenige/ welche/ ſo ſie anſtehen/ die ſach ihrer hoͤchſten Obrig- keit zuweiſen/ und darbey als zeugen oder raͤth ſich gebrauchen laſſen/ damit ja in kei- nem ſtuͤck verſtoſſen werde. Manch-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/209>, abgerufen am 28.03.2024.