Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

Dahero wol nöthig wäre/ daß gottselige
Theologi, diese gute Arbeit übernehmen/
und denen unberichteten Predigern durch
Schriften gelegenheit geben/ mit ihren rohen
Zuhörern auf dem todbett/ so GOtt die gna-
den-zeit fristet/ und verstand lässet/ nach den
Regeln deß Wahren Christenthums umb-
zugehen/ und zu gründlicher Erkanntnüß
ihres verderbten wesens sie zu führen. Alle
unsere Gebet-büchlein sind zu wenig hierzu!
und in solchen könte man dann derer sünden/
welche fast nicht mehr vor sünden gehalten
werden wollen/ nachdrücklich gedencken:
Unter welche dann gehören:

1. Die bey Höfen und auch sonst ihres
äusserlichen wandels und vortrefflicher ge-
schicklichkeit halben hoch-beliebten Staats-
leuten auff Gesandschafften/ Visiten/ Gast-
mahlen/ etc. hergebrachte Räusche/ (da der
Mensche die maaß der Natur überschreitet/
und mehr trinckt als die erlaubte sättigkeit
oder ergötzlichkeit/ das beywohnende gewis-
sen/ und der innerliche zeuge/ der wider das
fleisch streitende Geist/ erlauben/ es sey gleich
der vorsatz zu sauffen da gewest oder nicht/
es sey mit willen geschehen oder nicht/)

welcher

Dahero wol noͤthig waͤre/ daß gottſelige
Theologi, dieſe gute Arbeit uͤbernehmen/
und denen unberichteten Predigern durch
Schriften gelegenheit geben/ mit ihren rohen
Zuhoͤrern auf dem todbett/ ſo GOtt die gna-
den-zeit friſtet/ und verſtand laͤſſet/ nach den
Regeln deß Wahren Chriſtenthums umb-
zugehen/ und zu gruͤndlicher Erkanntnuͤß
ihres verderbten weſens ſie zu fuͤhren. Alle
unſere Gebet-buͤchlein ſind zu wenig hierzu!
und in ſolchen koͤnte man dann derer ſuͤnden/
welche faſt nicht mehr vor ſuͤnden gehalten
werden wollen/ nachdruͤcklich gedencken:
Unter welche dann gehoͤren:

1. Die bey Hoͤfen und auch ſonſt ihres
aͤuſſerlichen wandels und vortrefflicher ge-
ſchicklichkeit halben hoch-beliebten Staats-
leuten auff Geſandſchafften/ Viſiten/ Gaſt-
mahlen/ ꝛc. hergebrachte Raͤuſche/ (da der
Menſche die maaß der Natur uͤberſchreitet/
und mehr trinckt als die erlaubte ſaͤttigkeit
oder ergoͤtzlichkeit/ das beywohnende gewiſ-
ſen/ und der innerliche zeuge/ der wider das
fleiſch ſtreitende Geiſt/ erlauben/ es ſey gleich
der vorſatz zu ſauffen da geweſt oder nicht/
es ſey mit willen geſchehen oder nicht/)

welcher
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0206" n="180"/>
        <p>Dahero wol no&#x0364;thig wa&#x0364;re/ daß gott&#x017F;elige<lb/><hi rendition="#aq">Theologi,</hi> die&#x017F;e gute Arbeit u&#x0364;bernehmen/<lb/>
und denen unberichteten Predigern durch<lb/>
Schriften gelegenheit geben/ mit ihren rohen<lb/>
Zuho&#x0364;rern auf dem todbett/ &#x017F;o GOtt die gna-<lb/>
den-zeit fri&#x017F;tet/ und ver&#x017F;tand la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ nach den<lb/>
Regeln deß Wahren Chri&#x017F;tenthums umb-<lb/>
zugehen/ und zu gru&#x0364;ndlicher Erkanntnu&#x0364;ß<lb/>
ihres verderbten we&#x017F;ens &#x017F;ie zu fu&#x0364;hren. Alle<lb/>
un&#x017F;ere Gebet-bu&#x0364;chlein &#x017F;ind zu wenig hierzu!<lb/>
und in &#x017F;olchen ko&#x0364;nte man dann derer &#x017F;u&#x0364;nden/<lb/>
welche fa&#x017F;t nicht mehr vor &#x017F;u&#x0364;nden gehalten<lb/>
werden wollen/ nachdru&#x0364;cklich gedencken:<lb/>
Unter welche dann geho&#x0364;ren:</p><lb/>
        <p>1. Die bey Ho&#x0364;fen und auch &#x017F;on&#x017F;t ihres<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen wandels und vortrefflicher ge-<lb/>
&#x017F;chicklichkeit halben hoch-beliebten Staats-<lb/>
leuten auff Ge&#x017F;and&#x017F;chafften/ <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;i</hi>ten/ Ga&#x017F;t-<lb/>
mahlen/ &#xA75B;c. hergebrachte Ra&#x0364;u&#x017F;che/ (da der<lb/>
Men&#x017F;che die maaß der Natur u&#x0364;ber&#x017F;chreitet/<lb/>
und mehr trinckt als die erlaubte &#x017F;a&#x0364;ttigkeit<lb/>
oder ergo&#x0364;tzlichkeit/ das beywohnende gewi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en/ und der innerliche zeuge/ der wider das<lb/>
flei&#x017F;ch &#x017F;treitende Gei&#x017F;t/ erlauben/ es &#x017F;ey gleich<lb/>
der vor&#x017F;atz zu &#x017F;auffen da gewe&#x017F;t oder nicht/<lb/>
es &#x017F;ey mit willen ge&#x017F;chehen oder nicht/)<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">welcher</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0206] Dahero wol noͤthig waͤre/ daß gottſelige Theologi, dieſe gute Arbeit uͤbernehmen/ und denen unberichteten Predigern durch Schriften gelegenheit geben/ mit ihren rohen Zuhoͤrern auf dem todbett/ ſo GOtt die gna- den-zeit friſtet/ und verſtand laͤſſet/ nach den Regeln deß Wahren Chriſtenthums umb- zugehen/ und zu gruͤndlicher Erkanntnuͤß ihres verderbten weſens ſie zu fuͤhren. Alle unſere Gebet-buͤchlein ſind zu wenig hierzu! und in ſolchen koͤnte man dann derer ſuͤnden/ welche faſt nicht mehr vor ſuͤnden gehalten werden wollen/ nachdruͤcklich gedencken: Unter welche dann gehoͤren: 1. Die bey Hoͤfen und auch ſonſt ihres aͤuſſerlichen wandels und vortrefflicher ge- ſchicklichkeit halben hoch-beliebten Staats- leuten auff Geſandſchafften/ Viſiten/ Gaſt- mahlen/ ꝛc. hergebrachte Raͤuſche/ (da der Menſche die maaß der Natur uͤberſchreitet/ und mehr trinckt als die erlaubte ſaͤttigkeit oder ergoͤtzlichkeit/ das beywohnende gewiſ- ſen/ und der innerliche zeuge/ der wider das fleiſch ſtreitende Geiſt/ erlauben/ es ſey gleich der vorſatz zu ſauffen da geweſt oder nicht/ es ſey mit willen geſchehen oder nicht/) welcher

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/206
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/206>, abgerufen am 23.04.2024.