Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Das siebende Capitel.
menten geoffenbahret, und von den gläubigen geglaubet worden: welches
so bald mit in sich schleust, als zu der natur des glaubens gehörig, daß keine
gläubige daran gezweiffelt haben, wo wir nemlich von dem herrschenden
zweiffel reden, dann auch offt noch jetzo wahren gläubigen mancherley zweif-
fel einkommen, die sie aber überwinden, und dahero solche ihren glauben
nicht umstossen müssen. 2. Diese offenbahrung und erkäntnüß ist gleich-
wol in dem neuen heller als in dem alten gewesen, und zwar solches nicht al-
lein (davon als einem gestandenen nicht nöthig war hier erwehnung zu thun)
aus der allgemeinen ursach, da das maaß des liechtes und göttlicher offen-
bahrung insgemein in dem neuen Testament reichlicher als in dem alten
mitgetheilet worden: sondern 3. diesen articul besonders betreffende, hat
das neue Testament diesen vorzug, daß in demselben so offenbar gewesen,
daß der HErr JEsus von dem Vater eine unterschiedene person wäre, daß
auch ungläubige solches sahen und erkannten, ja nicht nur die gläubige aus
dem liecht des heiligen Geistes, sondern natürliche menschen aus ihrer ver-
nunfft, nicht daran zweiffeln konten: Daher so bald aus der lehr und wun-
dern, auferstehung und eingang in die herrlichkeit des HErrn JEsu erkant
worden, daß diese person wahrer GOTT sey, so war erwiesen, daß mehr
als eine person der einige GOTT seyn müsten: also konte niemand in dem
neuen Testament an dem unterscheid dieser beyden personen zweifflen. 4.
Hingegen in dem alten Testament war solcher unterscheid nicht so offenbar,
und konte von keinem ohne offenbahrung des heiligen Geistes erkant werden:
zum exempel da der sohn GOTTes in der wolcken-seule die kinder Jsrael
aus Egypten führete, da war die göttliche gewalt desjenigen, der solches
werck that, so offenbahr, daß es auch ohne die innerliche offenbahrung
jeden in die augen leuchtete, daß aber solcher eine von dem vater unterschie-
dene person wäre, zu erkennen, gehörete die offenbahrung des heiligen Gei-
stes dazu, und zweiffeln nicht allein die heutige Juden mit so viel andern dar-
an, sondern widersprechen dasselbige. 5. Wann dann in dem neuen Testa-
ment ein wichtiges stück zu dem geheimnüß der drey personen gehörig, nem-
lich der unterscheid des JESU) der auch seine göttliche krafft vor den augen
aller welt gezeiget) von GOTT dem Vater, also jedem in die augen leuch-
tet, daß niemand daran zweiffeln kan: Da hingegen in dem alten Testa-
ment alles auf die blosse offenbahrung ankommt; so ist dieser articul auch so
fern ietzo heller als in dem alten dargethan. Dieses ist der völlige verstand
meiner wort der nicht erst darein gebracht wird, sondern selbst darin ste-
cket. Daher nicht zweiffele, derselbe werde ihn leicht begreiffen, wie er
ohne das in dem letzten schreiben bereits darauf deutet: Bitte aber auch
den guten freunden, die anstoß daran gehabt haben, theil darvon zu geben.

Hier-

Das ſiebende Capitel.
menten geoffenbahret, und von den glaͤubigen geglaubet worden: welches
ſo bald mit in ſich ſchleuſt, als zu der natur des glaubens gehoͤrig, daß keine
glaͤubige daran gezweiffelt haben, wo wir nemlich von dem herrſchenden
zweiffel reden, dann auch offt noch jetzo wahren glaͤubigen mancherley zweif-
fel einkommen, die ſie aber uͤberwinden, und dahero ſolche ihren glauben
nicht umſtoſſen muͤſſen. 2. Dieſe offenbahrung und erkaͤntnuͤß iſt gleich-
wol in dem neuen heller als in dem alten geweſen, und zwar ſolches nicht al-
lein (davon als einem geſtandenen nicht noͤthig war hier erwehnung zu thun)
aus der allgemeinen urſach, da das maaß des liechtes und goͤttlicher offen-
bahrung insgemein in dem neuen Teſtament reichlicher als in dem alten
mitgetheilet worden: ſondern 3. dieſen articul beſonders betreffende, hat
das neue Teſtament dieſen vorzug, daß in demſelben ſo offenbar geweſen,
daß der HErr JEſus von dem Vater eine unterſchiedene perſon waͤre, daß
auch unglaͤubige ſolches ſahen und erkannten, ja nicht nur die glaͤubige aus
dem liecht des heiligen Geiſtes, ſondern natuͤrliche menſchen aus ihrer ver-
nunfft, nicht daran zweiffeln konten: Daher ſo bald aus der lehr und wun-
dern, auferſtehung und eingang in die herrlichkeit des HErrn JEſu erkant
worden, daß dieſe perſon wahrer GOTT ſey, ſo war erwieſen, daß mehr
als eine perſon der einige GOTT ſeyn muͤſten: alſo konte niemand in dem
neuen Teſtament an dem unterſcheid dieſer beyden perſonen zweifflen. 4.
Hingegen in dem alten Teſtament war ſolcher unterſcheid nicht ſo offenbar,
und konte von keinem ohne offenbahrung des heiligen Geiſtes erkant werden:
zum exempel da der ſohn GOTTes in der wolcken-ſeule die kinder Jſrael
aus Egypten fuͤhrete, da war die goͤttliche gewalt desjenigen, der ſolches
werck that, ſo offenbahr, daß es auch ohne die innerliche offenbahrung
jeden in die augen leuchtete, daß aber ſolcher eine von dem vater unterſchie-
dene perſon waͤre, zu erkennen, gehoͤrete die offenbahrung des heiligen Gei-
ſtes dazu, und zweiffeln nicht allein die heutige Juden mit ſo viel andern dar-
an, ſondern widerſprechen daſſelbige. 5. Wann dann in dem neuen Teſta-
ment ein wichtiges ſtuͤck zu dem geheimnuͤß der drey perſonen gehoͤrig, nem-
lich der unterſcheid des JESU) der auch ſeine goͤttliche krafft vor den augen
aller welt gezeiget) von GOTT dem Vater, alſo jedem in die augen leuch-
tet, daß niemand daran zweiffeln kan: Da hingegen in dem alten Teſta-
ment alles auf die bloſſe offenbahrung ankommt; ſo iſt dieſer articul auch ſo
fern ietzo heller als in dem alten dargethan. Dieſes iſt der voͤllige verſtand
meiner wort der nicht erſt darein gebracht wird, ſondern ſelbſt darin ſte-
cket. Daher nicht zweiffele, derſelbe werde ihn leicht begreiffen, wie er
ohne das in dem letzten ſchreiben bereits darauf deutet: Bitte aber auch
den guten freunden, die anſtoß daran gehabt haben, theil darvon zu geben.

Hier-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0036" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das &#x017F;iebende Capitel.</hi></fw><lb/>
menten geoffenbahret, und von den gla&#x0364;ubigen geglaubet worden: welches<lb/>
&#x017F;o bald mit in &#x017F;ich &#x017F;chleu&#x017F;t, als zu der natur des glaubens geho&#x0364;rig, daß keine<lb/>
gla&#x0364;ubige daran gezweiffelt haben, wo wir nemlich von dem herr&#x017F;chenden<lb/>
zweiffel reden, dann auch offt noch jetzo wahren gla&#x0364;ubigen mancherley zweif-<lb/>
fel einkommen, die &#x017F;ie aber u&#x0364;berwinden, und dahero &#x017F;olche ihren glauben<lb/>
nicht um&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. 2. Die&#x017F;e offenbahrung und erka&#x0364;ntnu&#x0364;ß i&#x017F;t gleich-<lb/>
wol in dem neuen heller als in dem alten gewe&#x017F;en, und zwar &#x017F;olches nicht al-<lb/>
lein (davon als einem ge&#x017F;tandenen nicht no&#x0364;thig war hier erwehnung zu thun)<lb/>
aus der allgemeinen ur&#x017F;ach, da das maaß des liechtes und go&#x0364;ttlicher offen-<lb/>
bahrung insgemein in dem neuen Te&#x017F;tament reichlicher als in dem alten<lb/>
mitgetheilet worden: &#x017F;ondern 3. die&#x017F;en articul be&#x017F;onders betreffende, hat<lb/>
das neue Te&#x017F;tament die&#x017F;en vorzug, daß in dem&#x017F;elben &#x017F;o offenbar gewe&#x017F;en,<lb/>
daß der HErr JE&#x017F;us von dem Vater eine unter&#x017F;chiedene per&#x017F;on wa&#x0364;re, daß<lb/>
auch ungla&#x0364;ubige &#x017F;olches &#x017F;ahen und erkannten, ja nicht nur die gla&#x0364;ubige aus<lb/>
dem liecht des heiligen Gei&#x017F;tes, &#x017F;ondern natu&#x0364;rliche men&#x017F;chen aus ihrer ver-<lb/>
nunfft, nicht daran zweiffeln konten: Daher &#x017F;o bald aus der lehr und wun-<lb/>
dern, aufer&#x017F;tehung und eingang in die herrlichkeit des HErrn JE&#x017F;u erkant<lb/>
worden, daß die&#x017F;e per&#x017F;on wahrer GOTT &#x017F;ey, &#x017F;o war erwie&#x017F;en, daß mehr<lb/>
als eine per&#x017F;on der einige GOTT &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;ten: al&#x017F;o konte niemand in dem<lb/>
neuen Te&#x017F;tament an dem unter&#x017F;cheid die&#x017F;er beyden per&#x017F;onen zweifflen. 4.<lb/>
Hingegen in dem alten Te&#x017F;tament war &#x017F;olcher unter&#x017F;cheid nicht &#x017F;o offenbar,<lb/>
und konte von keinem ohne offenbahrung des heiligen Gei&#x017F;tes erkant werden:<lb/>
zum exempel da der &#x017F;ohn GOTTes in der wolcken-&#x017F;eule die kinder J&#x017F;rael<lb/>
aus Egypten fu&#x0364;hrete, da war die go&#x0364;ttliche gewalt desjenigen, der &#x017F;olches<lb/>
werck that, &#x017F;o offenbahr, daß es auch ohne die innerliche offenbahrung<lb/>
jeden in die augen leuchtete, daß aber &#x017F;olcher eine von dem vater unter&#x017F;chie-<lb/>
dene per&#x017F;on wa&#x0364;re, zu erkennen, geho&#x0364;rete die offenbahrung des heiligen Gei-<lb/>
&#x017F;tes dazu, und zweiffeln nicht allein die heutige Juden mit &#x017F;o viel andern dar-<lb/>
an, &#x017F;ondern wider&#x017F;prechen da&#x017F;&#x017F;elbige. 5. Wann dann in dem neuen Te&#x017F;ta-<lb/>
ment ein wichtiges &#x017F;tu&#x0364;ck zu dem geheimnu&#x0364;ß der drey per&#x017F;onen geho&#x0364;rig, nem-<lb/>
lich der unter&#x017F;cheid des JESU) der auch &#x017F;eine go&#x0364;ttliche krafft vor den augen<lb/>
aller welt gezeiget) von GOTT dem Vater, al&#x017F;o jedem in die augen leuch-<lb/>
tet, daß niemand daran zweiffeln kan: Da hingegen in dem alten Te&#x017F;ta-<lb/>
ment alles auf die blo&#x017F;&#x017F;e offenbahrung ankommt; &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er articul auch &#x017F;o<lb/>
fern ietzo heller als in dem alten dargethan. Die&#x017F;es i&#x017F;t der vo&#x0364;llige ver&#x017F;tand<lb/>
meiner wort der nicht er&#x017F;t darein gebracht wird, &#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t darin &#x017F;te-<lb/>
cket. Daher nicht zweiffele, der&#x017F;elbe werde ihn leicht begreiffen, wie er<lb/>
ohne das in dem letzten &#x017F;chreiben bereits darauf deutet: Bitte aber auch<lb/>
den guten freunden, die an&#x017F;toß daran gehabt haben, theil darvon zu geben.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Hier-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0036] Das ſiebende Capitel. menten geoffenbahret, und von den glaͤubigen geglaubet worden: welches ſo bald mit in ſich ſchleuſt, als zu der natur des glaubens gehoͤrig, daß keine glaͤubige daran gezweiffelt haben, wo wir nemlich von dem herrſchenden zweiffel reden, dann auch offt noch jetzo wahren glaͤubigen mancherley zweif- fel einkommen, die ſie aber uͤberwinden, und dahero ſolche ihren glauben nicht umſtoſſen muͤſſen. 2. Dieſe offenbahrung und erkaͤntnuͤß iſt gleich- wol in dem neuen heller als in dem alten geweſen, und zwar ſolches nicht al- lein (davon als einem geſtandenen nicht noͤthig war hier erwehnung zu thun) aus der allgemeinen urſach, da das maaß des liechtes und goͤttlicher offen- bahrung insgemein in dem neuen Teſtament reichlicher als in dem alten mitgetheilet worden: ſondern 3. dieſen articul beſonders betreffende, hat das neue Teſtament dieſen vorzug, daß in demſelben ſo offenbar geweſen, daß der HErr JEſus von dem Vater eine unterſchiedene perſon waͤre, daß auch unglaͤubige ſolches ſahen und erkannten, ja nicht nur die glaͤubige aus dem liecht des heiligen Geiſtes, ſondern natuͤrliche menſchen aus ihrer ver- nunfft, nicht daran zweiffeln konten: Daher ſo bald aus der lehr und wun- dern, auferſtehung und eingang in die herrlichkeit des HErrn JEſu erkant worden, daß dieſe perſon wahrer GOTT ſey, ſo war erwieſen, daß mehr als eine perſon der einige GOTT ſeyn muͤſten: alſo konte niemand in dem neuen Teſtament an dem unterſcheid dieſer beyden perſonen zweifflen. 4. Hingegen in dem alten Teſtament war ſolcher unterſcheid nicht ſo offenbar, und konte von keinem ohne offenbahrung des heiligen Geiſtes erkant werden: zum exempel da der ſohn GOTTes in der wolcken-ſeule die kinder Jſrael aus Egypten fuͤhrete, da war die goͤttliche gewalt desjenigen, der ſolches werck that, ſo offenbahr, daß es auch ohne die innerliche offenbahrung jeden in die augen leuchtete, daß aber ſolcher eine von dem vater unterſchie- dene perſon waͤre, zu erkennen, gehoͤrete die offenbahrung des heiligen Gei- ſtes dazu, und zweiffeln nicht allein die heutige Juden mit ſo viel andern dar- an, ſondern widerſprechen daſſelbige. 5. Wann dann in dem neuen Teſta- ment ein wichtiges ſtuͤck zu dem geheimnuͤß der drey perſonen gehoͤrig, nem- lich der unterſcheid des JESU) der auch ſeine goͤttliche krafft vor den augen aller welt gezeiget) von GOTT dem Vater, alſo jedem in die augen leuch- tet, daß niemand daran zweiffeln kan: Da hingegen in dem alten Teſta- ment alles auf die bloſſe offenbahrung ankommt; ſo iſt dieſer articul auch ſo fern ietzo heller als in dem alten dargethan. Dieſes iſt der voͤllige verſtand meiner wort der nicht erſt darein gebracht wird, ſondern ſelbſt darin ſte- cket. Daher nicht zweiffele, derſelbe werde ihn leicht begreiffen, wie er ohne das in dem letzten ſchreiben bereits darauf deutet: Bitte aber auch den guten freunden, die anſtoß daran gehabt haben, theil darvon zu geben. Hier-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/36
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/36>, abgerufen am 25.04.2024.