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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
dieselbe uns entziehen kan. Matth. 16, 24. auf verleugnen seiner selbs
folgt das tragen des creutzes Luc. 14, 26. So lernet man recht seine hoff-
nung setzen allein auf den lebendigen GOtt, und den genuß seiner Gnade, den
die verfolgungen nicht benehmen sondern befördern.
7. Daß wir auch zu der zeit, da wir frey sind, unserm leiblichen leben
und eigenen willen vieles selbst abbrechen, und uns manches enthalten, was
wir wol mit guten Gewissen gebrauchen könten, nur uns mehr und mehr zu
gewehnen, dergleichen dinge entrathen zu können, um die uns etwa die ver-
folgungen bringen möchten. Geistlich arm werden (Matth. 5, 3) das ist
sich seines reichthums nicht miß-sondern nicht anders brauchen, als hätten
wir ihn nicht, damit wir auch so viel leichter ertragen können, wo wir auch
leiblich arm werden sollen u. s. f. welche gewohnet sind, obwol nicht in of-
fenbar sträfflichem überfluß, dannoch in aller gnüglichkeit und gemächlich-
keit, zu leben, denen wirds viel saurer, etwas nachmal zu leiden, als die sich
selbs hart gewehnet haben.
8. Daß man den armen reichlich gutes thue, weil mans hat, damit sich
der HERR auch unsrer nothdurft zu seiner zeit durch anderer liebe annehme.
Psalm. 41, 2. I12, 5.
9. Daß man seine kinder zur erkäntnüß der wahrheit treulich aufziehe,
damit so wol sie selbs alsdann bestehen mögen, als wir auch in dem fall,
daß wir von ihnen kommen sollen, ihrerwegen so viel weniger sorge haben
mögen, die uns sonsten sehr weich machen könte.
10. Daß man fleißig sich die exempel der märtyrer und blut-zeugen Christi
vorstelle, die uns in der schrifft und kirchen-historien aufgezeichnet sind, und
einen stattlichen antrieb geben zur nachfolge und gleicher beständigkeit. Da-
her auch zu wünschen wäre, daß solche bücher wol eingerichtet viele zu finden
wären.
11. Daß man auf alle weise seinen glauben, in dem man allein al-
les überwinden kan, 1. Joh 5, 4. suche zu stärcken, mit göttlichem wort, mit
erinnerung der heiligen tauffe, da wir in den tod Christi, und also auch zu des-
sen gleichförmigkeit, getauffet sind, mit würdigen gebrauch des h. abendmahls,
mit vorstellung der göttlichen unzählichen verheissungen, betrachtung der
göttlichen regierung in solchen verfolgungen, ohne die nichts geschehe und uns
aus göttlicher treue nichts zu schwer werden könne, mit versicherung des
göttlichen beystands, mit vergewisserung des seligen ausgangs aller ver-
folgungen und des gewissen siegs Rom. 8, 35. 36. 37. ja des herrlichen reichs
nach den verfolgungen und der herrlichkeit, die an denen am allermeisten die
meistes gelitten, offenbahret werden solle. Matth. 5, 10. 11. 1[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]. So viel nun
dadurch
Das ſiebende Capitel.
dieſelbe uns entziehen kan. Matth. 16, 24. auf verleugnen ſeiner ſelbs
folgt das tragen des creutzes Luc. 14, 26. So lernet man recht ſeine hoff-
nung ſetzen allein auf den lebendigen GOtt, und den genuß ſeiner Gnade, den
die verfolgungen nicht benehmen ſondern befoͤrdern.
7. Daß wir auch zu der zeit, da wir frey ſind, unſerm leiblichen leben
und eigenen willen vieles ſelbſt abbrechen, und uns manches enthalten, was
wir wol mit guten Gewiſſen gebrauchen koͤnten, nur uns mehr und mehr zu
gewehnen, dergleichen dinge entrathen zu koͤnnen, um die uns etwa die ver-
folgungen bringen moͤchten. Geiſtlich arm werden (Matth. 5, 3) das iſt
ſich ſeines reichthums nicht miß-ſondern nicht anders brauchen, als haͤtten
wir ihn nicht, damit wir auch ſo viel leichter ertragen koͤnnen, wo wir auch
leiblich arm werden ſollen u. ſ. f. welche gewohnet ſind, obwol nicht in of-
fenbar ſtraͤfflichem uͤberfluß, dannoch in aller gnuͤglichkeit und gemaͤchlich-
keit, zu leben, denen wirds viel ſaurer, etwas nachmal zu leiden, als die ſich
ſelbs hart gewehnet haben.
8. Daß man den armen reichlich gutes thue, weil mans hat, damit ſich
der HERR auch unſrer nothdurft zu ſeiner zeit durch anderer liebe annehme.
Pſalm. 41, 2. I12, 5.
9. Daß man ſeine kinder zur erkaͤntnuͤß der wahrheit treulich aufziehe,
damit ſo wol ſie ſelbs alsdann beſtehen moͤgen, als wir auch in dem fall,
daß wir von ihnen kommen ſollen, ihrerwegen ſo viel weniger ſorge haben
moͤgen, die uns ſonſten ſehr weich machen koͤnte.
10. Daß man fleißig ſich die exempel der maͤrtyrer und blut-zeugen Chriſti
vorſtelle, die uns in der ſchrifft und kirchen-hiſtorien aufgezeichnet ſind, und
einen ſtattlichen antrieb geben zur nachfolge und gleicher beſtaͤndigkeit. Da-
her auch zu wuͤnſchen waͤre, daß ſolche buͤcher wol eingerichtet viele zu finden
waͤren.
11. Daß man auf alle weiſe ſeinen glauben, in dem man allein al-
les uͤberwinden kan, 1. Joh 5, 4. ſuche zu ſtaͤrcken, mit goͤttlichem wort, mit
erinnerung der heiligen tauffe, da wir in den tod Chriſti, und alſo auch zu deſ-
ſen gleichfoͤrmigkeit, getauffet ſind, mit wuͤꝛdigen gebꝛauch des h. abendmahls,
mit vorſtellung der goͤttlichen unzaͤhlichen verheiſſungen, betrachtung der
goͤttlichen regierung in ſolchen verfolgungen, ohne die nichts geſchehe und uns
aus goͤttlicher treue nichts zu ſchwer werden koͤnne, mit verſicherung des
goͤttlichen beyſtands, mit vergewiſſerung des ſeligen ausgangs aller ver-
folgungen und des gewiſſen ſiegs Rom. 8, 35. 36. 37. ja des herrlichen reichs
nach den verfolgungen und der herrlichkeit, die an denen am allermeiſten die
meiſtes gelitten, offenbahret werden ſolle. Matth. 5, 10. 11. 1[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]. So viel nun
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[6/0018] Das ſiebende Capitel. dieſelbe uns entziehen kan. Matth. 16, 24. auf verleugnen ſeiner ſelbs folgt das tragen des creutzes Luc. 14, 26. So lernet man recht ſeine hoff- nung ſetzen allein auf den lebendigen GOtt, und den genuß ſeiner Gnade, den die verfolgungen nicht benehmen ſondern befoͤrdern. 7. Daß wir auch zu der zeit, da wir frey ſind, unſerm leiblichen leben und eigenen willen vieles ſelbſt abbrechen, und uns manches enthalten, was wir wol mit guten Gewiſſen gebrauchen koͤnten, nur uns mehr und mehr zu gewehnen, dergleichen dinge entrathen zu koͤnnen, um die uns etwa die ver- folgungen bringen moͤchten. Geiſtlich arm werden (Matth. 5, 3) das iſt ſich ſeines reichthums nicht miß-ſondern nicht anders brauchen, als haͤtten wir ihn nicht, damit wir auch ſo viel leichter ertragen koͤnnen, wo wir auch leiblich arm werden ſollen u. ſ. f. welche gewohnet ſind, obwol nicht in of- fenbar ſtraͤfflichem uͤberfluß, dannoch in aller gnuͤglichkeit und gemaͤchlich- keit, zu leben, denen wirds viel ſaurer, etwas nachmal zu leiden, als die ſich ſelbs hart gewehnet haben. 8. Daß man den armen reichlich gutes thue, weil mans hat, damit ſich der HERR auch unſrer nothdurft zu ſeiner zeit durch anderer liebe annehme. Pſalm. 41, 2. I12, 5. 9. Daß man ſeine kinder zur erkaͤntnuͤß der wahrheit treulich aufziehe, damit ſo wol ſie ſelbs alsdann beſtehen moͤgen, als wir auch in dem fall, daß wir von ihnen kommen ſollen, ihrerwegen ſo viel weniger ſorge haben moͤgen, die uns ſonſten ſehr weich machen koͤnte. 10. Daß man fleißig ſich die exempel der maͤrtyrer und blut-zeugen Chriſti vorſtelle, die uns in der ſchrifft und kirchen-hiſtorien aufgezeichnet ſind, und einen ſtattlichen antrieb geben zur nachfolge und gleicher beſtaͤndigkeit. Da- her auch zu wuͤnſchen waͤre, daß ſolche buͤcher wol eingerichtet viele zu finden waͤren. 11. Daß man auf alle weiſe ſeinen glauben, in dem man allein al- les uͤberwinden kan, 1. Joh 5, 4. ſuche zu ſtaͤrcken, mit goͤttlichem wort, mit erinnerung der heiligen tauffe, da wir in den tod Chriſti, und alſo auch zu deſ- ſen gleichfoͤrmigkeit, getauffet ſind, mit wuͤꝛdigen gebꝛauch des h. abendmahls, mit vorſtellung der goͤttlichen unzaͤhlichen verheiſſungen, betrachtung der goͤttlichen regierung in ſolchen verfolgungen, ohne die nichts geſchehe und uns aus goͤttlicher treue nichts zu ſchwer werden koͤnne, mit verſicherung des goͤttlichen beyſtands, mit vergewiſſerung des ſeligen ausgangs aller ver- folgungen und des gewiſſen ſiegs Rom. 8, 35. 36. 37. ja des herrlichen reichs nach den verfolgungen und der herrlichkeit, die an denen am allermeiſten die meiſtes gelitten, offenbahret werden ſolle. Matth. 5, 10. 11. 1_. So viel nun dadurch

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/18>, abgerufen am 28.03.2024.