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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
diese empfindlichkeit kan im stande der anfechtung ermangeln, und doch glau-
be und kindschafft vorhanden seyn.
2. Das kindliche hertzliche vertrauen zu dem himmlischen vater,
dessen empfindlichkeit ein stattliches kennzeichen ist, wo diese aber auch erman-
gelt, so dienet an statt desselben das sehnliche verlangen nach desselben gnade,
und daß sich unser hertz wo es in nöthen ist, stracks zu dem HErrn wendet, und
von ihm hülffe verlanget; Denn wo sich solches findet, ists alsobald ein zeug-
nüß des vertrauens, ob man wol dieses nicht fühlet, sondern über dessen man-
gel klaget: Denn warum klage und sehne ich mich nach der hülffe von dem
HErrn, wo nicht schon in dem hertzen ein heimliches vertrauen auf den HErrn
steckte, ohne welches man vielmehr vor GOtt fliehen würde.
3. Der antrieb des heiligen Geistes zu dem guten, dafern man nem-
lich demselbigen auch nachkommet, und ihn bey sich kräfftig seyn lässet. Rom.
8, 14.
4. Der wirckliche Gottselige wandel 1. Joh. 2, 29. Wer recht
thut, der ist von ihm geboren;
Es muß aber solches recht thun verstan-
den werden, nicht bloß von den eusserlichen wercken, sondern demjenigen, wo
das hertz sonderlich zu GOtt gerichtet ist, und man aus liebe und gehorsam
gegen denselben sich des guten befleisset, dabey eine freude drüber hat, wo man
etwas gutes zu thun die gnade gehabt hat.
5. Sonderlich die liebe des nechsten, da dieselbe ernstlich und hertz-
lich, und aus vorgedachter liebe gegen GOtt herkommend, sich bey dem men-
schen findet [1.]. Joh. 3. 18. 19. 20. Vornemlich die liebe der brüder und
Gotteskinder,
wo wir finden, daß wir warhafftig dieselbe eben um ihrer
frömmigkeit und weil sie GOttes kinder seynd, lieben 1. Joh. 3, 12. 14. Si-
he auch Ephes 5, 1. 2.
6. Das leiden und züchtigung des himmlischen Vaters, da sol-
ches mit demuth und gedult aufgenommen wird. Hebr. 12, 5. 6. u. f.
Wie man sich auf die verfolgungen um der
warheit des Evangelii willen vorzubereiten
habe.
1.
DAß man sowol insgemein sich fleißig vorstelle, daß der HErr uns die
verfolgungen vorgesagt habe Joh. 16, 1. 4. Damit wir uns nicht är-
gern,
sondern wo sie kommen, daran gedencken. Also auch die A-
postel Ap. Gesch. 14, 21. 2. Tim. 3, 12. u. s. f. Als auch absonderlich, was von
den letzten zeiten von verfolgungen vorgesagt worden, Offenb. Joh. 11, 7
8. 13,
Das ſiebende Capitel.
dieſe empfindlichkeit kan im ſtande der anfechtung ermangeln, und doch glau-
be und kindſchafft vorhanden ſeyn.
2. Das kindliche hertzliche vertrauen zu dem him̃liſchen vater,
deſſen empfindlichkeit ein ſtattliches kennzeichen iſt, wo dieſe aber auch eꝛman-
gelt, ſo dienet an ſtatt deſſelben das ſehnliche verlangen nach deſſelben gnade,
und daß ſich unſer hertz wo es in noͤthen iſt, ſtracks zu dem HErrn wendet, und
von ihm huͤlffe verlanget; Denn wo ſich ſolches findet, iſts alſobald ein zeug-
nuͤß des vertrauens, ob man wol dieſes nicht fuͤhlet, ſondern uͤber deſſen man-
gel klaget: Denn warum klage und ſehne ich mich nach der huͤlffe von dem
HErꝛn, wo nicht ſchon in dem hertzen ein heimliches vertrauen auf den HErꝛn
ſteckte, ohne welches man vielmehr vor GOtt fliehen wuͤrde.
3. Der antrieb des heiligen Geiſtes zu dem guten, dafern man nem-
lich demſelbigen auch nachkommet, und ihn bey ſich kraͤfftig ſeyn laͤſſet. Rom.
8, 14.
4. Der wirckliche Gottſelige wandel 1. Joh. 2, 29. Wer recht
thut, der iſt von ihm geboren;
Es muß aber ſolches recht thun verſtan-
den werden, nicht bloß von den euſſerlichen wercken, ſondern demjenigen, wo
das hertz ſonderlich zu GOtt gerichtet iſt, und man aus liebe und gehorſam
gegen denſelben ſich des guten befleiſſet, dabey eine freude druͤber hat, wo man
etwas gutes zu thun die gnade gehabt hat.
5. Sonderlich die liebe des nechſten, da dieſelbe ernſtlich und hertz-
lich, und aus vorgedachter liebe gegen GOtt herkommend, ſich bey dem men-
ſchen findet [1.]. Joh. 3. 18. 19. 20. Vornemlich die liebe der bruͤder und
Gotteskinder,
wo wir finden, daß wir warhafftig dieſelbe eben um ihrer
froͤmmigkeit und weil ſie GOttes kinder ſeynd, lieben 1. Joh. 3, 12. 14. Si-
he auch Epheſ 5, 1. 2.
6. Das leiden und zuͤchtigung des himmliſchen Vaters, da ſol-
ches mit demuth und gedult aufgenommen wird. Hebr. 12, 5. 6. u. f.
Wie man ſich auf die verfolgungen um der
warheit des Evangelii willen vorzubereiten
habe.
1.
DAß man ſowol insgemein ſich fleißig vorſtelle, daß der HErr uns die
verfolgungen vorgeſagt habe Joh. 16, 1. 4. Damit wir uns nicht aͤr-
gern,
ſondern wo ſie kommen, daran gedencken. Alſo auch die A-
poſtel Ap. Geſch. 14, 21. 2. Tim. 3, 12. u. ſ. f. Als auch abſonderlich, was von
den letzten zeiten von verfolgungen vorgeſagt worden, Offenb. Joh. 11, 7
8. 13,
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[4/0016] Das ſiebende Capitel. dieſe empfindlichkeit kan im ſtande der anfechtung ermangeln, und doch glau- be und kindſchafft vorhanden ſeyn. 2. Das kindliche hertzliche vertrauen zu dem him̃liſchen vater, deſſen empfindlichkeit ein ſtattliches kennzeichen iſt, wo dieſe aber auch eꝛman- gelt, ſo dienet an ſtatt deſſelben das ſehnliche verlangen nach deſſelben gnade, und daß ſich unſer hertz wo es in noͤthen iſt, ſtracks zu dem HErrn wendet, und von ihm huͤlffe verlanget; Denn wo ſich ſolches findet, iſts alſobald ein zeug- nuͤß des vertrauens, ob man wol dieſes nicht fuͤhlet, ſondern uͤber deſſen man- gel klaget: Denn warum klage und ſehne ich mich nach der huͤlffe von dem HErꝛn, wo nicht ſchon in dem hertzen ein heimliches vertrauen auf den HErꝛn ſteckte, ohne welches man vielmehr vor GOtt fliehen wuͤrde. 3. Der antrieb des heiligen Geiſtes zu dem guten, dafern man nem- lich demſelbigen auch nachkommet, und ihn bey ſich kraͤfftig ſeyn laͤſſet. Rom. 8, 14. 4. Der wirckliche Gottſelige wandel 1. Joh. 2, 29. Wer recht thut, der iſt von ihm geboren; Es muß aber ſolches recht thun verſtan- den werden, nicht bloß von den euſſerlichen wercken, ſondern demjenigen, wo das hertz ſonderlich zu GOtt gerichtet iſt, und man aus liebe und gehorſam gegen denſelben ſich des guten befleiſſet, dabey eine freude druͤber hat, wo man etwas gutes zu thun die gnade gehabt hat. 5. Sonderlich die liebe des nechſten, da dieſelbe ernſtlich und hertz- lich, und aus vorgedachter liebe gegen GOtt herkommend, ſich bey dem men- ſchen findet 1.. Joh. 3. 18. 19. 20. Vornemlich die liebe der bruͤder und Gotteskinder, wo wir finden, daß wir warhafftig dieſelbe eben um ihrer froͤmmigkeit und weil ſie GOttes kinder ſeynd, lieben 1. Joh. 3, 12. 14. Si- he auch Epheſ 5, 1. 2. 6. Das leiden und zuͤchtigung des himmliſchen Vaters, da ſol- ches mit demuth und gedult aufgenommen wird. Hebr. 12, 5. 6. u. f. Wie man ſich auf die verfolgungen um der warheit des Evangelii willen vorzubereiten habe. 1. DAß man ſowol insgemein ſich fleißig vorſtelle, daß der HErr uns die verfolgungen vorgeſagt habe Joh. 16, 1. 4. Damit wir uns nicht aͤr- gern, ſondern wo ſie kommen, daran gedencken. Alſo auch die A- poſtel Ap. Geſch. 14, 21. 2. Tim. 3, 12. u. ſ. f. Als auch abſonderlich, was von den letzten zeiten von verfolgungen vorgeſagt worden, Offenb. Joh. 11, 7 8. 13,

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/16>, abgerufen am 29.03.2024.