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Soemmerring, Samuel Thomas von: Über einen elektrischen Telegraphen. In: Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Classe der Mathematik und Physik. 1809/1810 (1811), S. 401-414.

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Es wäre vielleicht für die Theorie der Elektricität höchst in-
teressant, durch genaue, ins Grosse gehende Versuche, die Geschwin-
digkeit zu bestimmen, mit welcher sich das elektrische Agens durch
solche Leitungsdrähte hin bewegt, und wie sich die Geschwindigkeit
der Elektricität zur Geschwindigkeit z. B. des Lichtes verhält. Sol-
che rein wissenschaftliche Untersuchungen würden aber freylich die
Vereinigung mehrerer meiner hochgeachtesten Herren Collegen,
so wie vielleicht eigene Kosten erheischen; denn, welche Subtilität
zu diesen Untersuchungen erforderlich seyn möchte, erhellt schon
daraus, dass man im eigentlichen Verstande des Blitzes Schnelle zu
messen hätte k).

Um meinerseits wenigstens durch einen überzeugenden Ver-
such augenscheinlich darzuthun, dass in Rücksicht des leitenden
Drahtes, der Unterschied der Länge zwischen 2 Fuss und 2000
Fuss nicht bemerkbar ist (ungeachtet der Verstand die Gewissheit
giebt, dass allerdings ein Unterschied Statt haben müsse), so ist
hier um einen Glas-Cylinder ein 2248 baier. Fuss langer Draht ge-

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k) Es ist mir nicht unbekannt, dass treffliche Physiker vor mehr, als einem halben
Jahrhundert über die Geschwindigkeit der Bewegung der auf die sonst gewöhn-
liche Art durch Reibungs-Maschinen erregten Elektricität eigene Versuche an-
stellten. Allein nirgends finde ich diese Versuche so weit getrieben, dass sie
zu bestimmten Resultaten führten; denn weder
Gray, welcher die Elektricität durch einen Draht von 700 Fuss leitete; noch
Du Fay, welcher sie durch -- -- -- -- 1256 -- oder
Le Monnier, welcher sie durch -- -- -- 5700 -- noch
Watson, welcher sie durch einen Draht von 12276 Fuss, d. i., durch
mehr als zwey englische Meilen leitete, vermochte, auch mit den besten Uhren,
das Zeiträumchen zu bestimmen, welches die Elektricität brauchte, um diese
Längen zu durchlaufen. In dem nämlichen Augenblicke, wo diese Männer den
elektrischen Funken dem einen Ende des Drahtes mittheilten, schien ihnen auch
schon der Schlag am andern Ende desselben zu erfolgen. Watson's Versuche
ergeben wenigstens, dass sich die Elektricität ohne Vergleich schneller, als der
Schall einer losgelassenen Flinte bewegt.
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Es wäre vielleicht für die Theorie der Elektricität höchst in-
teressant, durch genaue, ins Groſse gehende Versuche, die Geschwin-
digkeit zu bestimmen, mit welcher sich das elektrische Agens durch
solche Leitungsdrähte hin bewegt, und wie sich die Geschwindigkeit
der Elektricität zur Geschwindigkeit z. B. des Lichtes verhält. Sol-
che rein wissenschaftliche Untersuchungen würden aber freylich die
Vereinigung mehrerer meiner hochgeachtesten Herren Collegen,
so wie vielleicht eigene Kosten erheischen; denn, welche Subtilität
zu diesen Untersuchungen erforderlich seyn möchte, erhellt schon
daraus, daſs man im eigentlichen Verstande des Blitzes Schnelle zu
messen hätte k).

Um meinerseits wenigstens durch einen überzeugenden Ver-
such augenscheinlich darzuthun, daſs in Rücksicht des leitenden
Drahtes, der Unterschied der Länge zwischen 2 Fuſs und 2000
Fuſs nicht bemerkbar ist (ungeachtet der Verstand die Gewiſsheit
giebt, daſs allerdings ein Unterschied Statt haben müsse), so ist
hier um einen Glas-Cylinder ein 2248 baier. Fuſs langer Draht ge-

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k) Es ist mir nicht unbekannt, daſs treffliche Physiker vor mehr, als einem halben
Jahrhundert über die Geschwindigkeit der Bewegung der auf die sonst gewöhn-
liche Art durch Reibungs-Maschinen erregten Elektricität eigene Versuche an-
stellten. Allein nirgends finde ich diese Versuche so weit getrieben, daſs sie
zu bestimmten Resultaten führten; denn weder
Gray, welcher die Elektricität durch einen Draht von 700 Fuſs leitete; noch
Du Fay, welcher sie durch — — — — 1256 — oder
Le Monnier, welcher sie durch — — — 5700 — noch
Watson, welcher sie durch einen Draht von 12276 Fuſs, d. i., durch
mehr als zwey englische Meilen leitete, vermochte, auch mit den besten Uhren,
das Zeiträumchen zu bestimmen, welches die Elektricität brauchte, um diese
Längen zu durchlaufen. In dem nämlichen Augenblicke, wo diese Männer den
elektrischen Funken dem einen Ende des Drahtes mittheilten, schien ihnen auch
schon der Schlag am andern Ende desselben zu erfolgen. Watson’s Versuche
ergeben wenigstens, daſs sich die Elektricität ohne Vergleich schneller, als der
Schall einer losgelassenen Flinte bewegt.
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[409/0021] Es wäre vielleicht für die Theorie der Elektricität höchst in- teressant, durch genaue, ins Groſse gehende Versuche, die Geschwin- digkeit zu bestimmen, mit welcher sich das elektrische Agens durch solche Leitungsdrähte hin bewegt, und wie sich die Geschwindigkeit der Elektricität zur Geschwindigkeit z. B. des Lichtes verhält. Sol- che rein wissenschaftliche Untersuchungen würden aber freylich die Vereinigung mehrerer meiner hochgeachtesten Herren Collegen, so wie vielleicht eigene Kosten erheischen; denn, welche Subtilität zu diesen Untersuchungen erforderlich seyn möchte, erhellt schon daraus, daſs man im eigentlichen Verstande des Blitzes Schnelle zu messen hätte k). Um meinerseits wenigstens durch einen überzeugenden Ver- such augenscheinlich darzuthun, daſs in Rücksicht des leitenden Drahtes, der Unterschied der Länge zwischen 2 Fuſs und 2000 Fuſs nicht bemerkbar ist (ungeachtet der Verstand die Gewiſsheit giebt, daſs allerdings ein Unterschied Statt haben müsse), so ist hier um einen Glas-Cylinder ein 2248 baier. Fuſs langer Draht ge- wun- k) Es ist mir nicht unbekannt, daſs treffliche Physiker vor mehr, als einem halben Jahrhundert über die Geschwindigkeit der Bewegung der auf die sonst gewöhn- liche Art durch Reibungs-Maschinen erregten Elektricität eigene Versuche an- stellten. Allein nirgends finde ich diese Versuche so weit getrieben, daſs sie zu bestimmten Resultaten führten; denn weder Gray, welcher die Elektricität durch einen Draht von 700 Fuſs leitete; noch Du Fay, welcher sie durch — — — — 1256 — oder Le Monnier, welcher sie durch — — — 5700 — noch Watson, welcher sie durch einen Draht von 12276 Fuſs, d. i., durch mehr als zwey englische Meilen leitete, vermochte, auch mit den besten Uhren, das Zeiträumchen zu bestimmen, welches die Elektricität brauchte, um diese Längen zu durchlaufen. In dem nämlichen Augenblicke, wo diese Männer den elektrischen Funken dem einen Ende des Drahtes mittheilten, schien ihnen auch schon der Schlag am andern Ende desselben zu erfolgen. Watson’s Versuche ergeben wenigstens, daſs sich die Elektricität ohne Vergleich schneller, als der Schall einer losgelassenen Flinte bewegt. 52

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Zitationshilfe: Soemmerring, Samuel Thomas von: Über einen elektrischen Telegraphen. In: Denkschriften der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Classe der Mathematik und Physik. 1809/1810 (1811), S. 401-414, hier S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/soemmerring_telegraphen_1811/21>, abgerufen am 24.04.2024.