Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

Bild:
<< vorherige Seite
Johannis Angeli
6. Du must was GOtt ist seyn.
Sol ich mein letztes End/ und ersten Anfang finden/
So muß ich mich in GOtt/ und GOtt in mir ergründen.
Und werden daß was Er: Jch muß ein Schein im
Schein:
Jch muß ein Wort im Wort: (a) ein GOtt in
GOtte seyn.
(a) Thaul. instit. spir. c. 39.
7. Man muß noch über GOtt.
Wo ist mein Auffenthalt? Wo ich und du nicht stehen:
Wo ist mein letztes End in welches ich sol gehen?
Da wo man keines findt. Wo sol ich dann nun hin?
Jch muß noch (b) über GOtt in eine wüste ziehn.
b. i. e. über alles daß man an GOtt
erkennt oder von jhm gedänken kan/ nach
der verneinen den beschawung/ von wel-
cher suche bey den Mijsticis.
8. GOtt lebt nicht ohne mich.
Jch weiß das ohne mich GOtt nicht ein Nu kan leben/
Werd' ich zu nicht Er muß von Noth den Geist auff-
geben.
9. Jch habs von Gott/ und Gott von mir.
Daß GOtt so seelig ist und Lebet ohn Verlangen/
Hat Er so wol von mir/ als ich von Jhm empfangen.
* Schawe in der Vorrede.
10. Jch bin wie Gott/ und Gott wie ich.
Jch bin so groß als GOtt: Er ist als ich so klein:
Er kan nicht über mich/ ich unter Jhm nicht seyn.
11. Gott ist in mir/ und ich in Jhm.
GOtt ist in mir daß Feur/ und ich in Jhm der schein:
Sind wir einander nicht gantz jnniglich gemein?
12. Man
Johannis Angeli
6. Du muſt was GOtt iſt ſeyn.
Sol ich mein letztes End/ und erſten Anfang finden/
So muß ich mich in GOtt/ uñ GOtt in mir ergruͤnden.
Und werden daß was Er: Jch muß ein Schein im
Schein:
Jch muß ein Wort im Wort: (a) ein GOtt in
GOtte ſeyn.
(a) Thaul. inſtit. ſpir. c. 39.
7. Man muß noch uͤber GOtt.
Wo iſt mein Auffenthalt? Wo ich uñ du nicht ſtehen:
Wo iſt mein letztes End in welches ich ſol gehen?
Da wo man keines findt. Wo ſol ich dann nun hin?
Jch muß noch (b) uͤber GOtt in eine wuͤſte ziehn.
b. i. e. uͤber alles daß man an GOtt
erkennt oder von jhm gedaͤnken kan/ nach
der verneinen den beſchawung/ von wel-
cher ſuche bey den Mijſticis.
8. GOtt lebt nicht ohne mich.
Jch weiß das ohne mich GOtt nicht ein Nu kan leben/
Werd’ ich zu nicht Er muß von Noth den Geiſt auff-
geben.
9. Jch habs von Gott/ uñ Gott von mir.
Daß GOtt ſo ſeelig iſt und Lebet ohn Verlangen/
Hat Er ſo wol von mir/ als ich von Jhm empfangen.
* Schawe in der Vorrede.
10. Jch bin wie Gott/ und Gott wie ich.
Jch bin ſo groß als GOtt: Er iſt als ich ſo klein:
Er kan nicht uͤber mich/ ich unter Jhm nicht ſeyn.
11. Gott iſt in mir/ und ich in Jhm.
GOtt iſt in mir daß Feur/ und ich in Jhm der ſchein:
Sind wir einander nicht gantz jnniglich gemein?
12. Man
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0028" n="22"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Johannis Angeli</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">6. Du mu&#x017F;t was GOtt i&#x017F;t &#x017F;eyn.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Sol ich mein letztes End/ und er&#x017F;ten Anfang finden/</l><lb/>
            <l>So muß ich mich in GOtt/ un&#x0303; GOtt in mir ergru&#x0364;nden.</l><lb/>
            <l>Und werden daß was Er: Jch muß ein Schein im</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Schein:</hi> </l><lb/>
            <l>Jch muß ein Wort im Wort: <note xml:id="note_0028a" next="#note_0028b" place="end" n="(a)"/> ein GOtt in</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">GOtte &#x017F;eyn.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <note xml:id="note_0028b" prev="#note_0028a" place="end" n="(a)"><hi rendition="#aq">Thaul. in&#x017F;tit. &#x017F;pir. c.</hi> 39.</note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">7. Man muß noch u&#x0364;ber GOtt.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wo i&#x017F;t mein Auffenthalt? Wo ich un&#x0303; du nicht &#x017F;tehen:</l><lb/>
            <l>Wo i&#x017F;t mein letztes End in welches ich &#x017F;ol gehen?</l><lb/>
            <l>Da wo man keines findt. Wo &#x017F;ol ich dann nun hin?</l><lb/>
            <l>Jch muß noch (b) u&#x0364;ber GOtt in eine wu&#x0364;&#x017F;te ziehn.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <l> <hi rendition="#aq">b. i. e.</hi> <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber alles daß man an GOtt</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">erkennt oder von jhm geda&#x0364;nken kan/ nach</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">der verneinen den be&#x017F;chawung/ von wel-</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#fr">cher &#x017F;uche bey den</hi> <hi rendition="#aq">Mij&#x017F;ticis.</hi> </l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">8. GOtt lebt nicht ohne mich.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Jch weiß das ohne mich GOtt nicht ein Nu kan leben/</l><lb/>
            <l>Werd&#x2019; ich zu nicht Er muß von Noth den Gei&#x017F;t auff-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">geben.</hi> </l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">9. Jch habs von Gott/ un&#x0303; Gott von mir.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Daß GOtt &#x017F;o &#x017F;eelig i&#x017F;t und Lebet ohn Verlangen/</l><lb/>
            <l>Hat Er &#x017F;o wol von mir/ als ich von Jhm empfangen.</l>
          </lg><lb/>
          <note place="end" n="*"> <hi rendition="#fr">Schawe in der Vorrede.</hi> </note>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">10. Jch bin wie Gott/ und Gott wie ich.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Jch bin &#x017F;o groß als GOtt: Er i&#x017F;t als ich &#x017F;o klein:</l><lb/>
            <l>Er kan nicht u&#x0364;ber mich/ ich unter Jhm nicht &#x017F;eyn.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">11. Gott i&#x017F;t in mir/ und ich in Jhm.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>GOtt i&#x017F;t in mir daß Feur/ und ich in Jhm der &#x017F;chein:</l><lb/>
            <l>Sind wir einander nicht gantz jnniglich gemein?</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">12. Man</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0028] Johannis Angeli 6. Du muſt was GOtt iſt ſeyn. Sol ich mein letztes End/ und erſten Anfang finden/ So muß ich mich in GOtt/ uñ GOtt in mir ergruͤnden. Und werden daß was Er: Jch muß ein Schein im Schein: Jch muß ein Wort im Wort: ⁽a⁾ ein GOtt in GOtte ſeyn. ⁽a⁾ Thaul. inſtit. ſpir. c. 39. 7. Man muß noch uͤber GOtt. Wo iſt mein Auffenthalt? Wo ich uñ du nicht ſtehen: Wo iſt mein letztes End in welches ich ſol gehen? Da wo man keines findt. Wo ſol ich dann nun hin? Jch muß noch (b) uͤber GOtt in eine wuͤſte ziehn. b. i. e. uͤber alles daß man an GOtt erkennt oder von jhm gedaͤnken kan/ nach der verneinen den beſchawung/ von wel- cher ſuche bey den Mijſticis. 8. GOtt lebt nicht ohne mich. Jch weiß das ohne mich GOtt nicht ein Nu kan leben/ Werd’ ich zu nicht Er muß von Noth den Geiſt auff- geben. 9. Jch habs von Gott/ uñ Gott von mir. Daß GOtt ſo ſeelig iſt und Lebet ohn Verlangen/ Hat Er ſo wol von mir/ als ich von Jhm empfangen. * Schawe in der Vorrede. 10. Jch bin wie Gott/ und Gott wie ich. Jch bin ſo groß als GOtt: Er iſt als ich ſo klein: Er kan nicht uͤber mich/ ich unter Jhm nicht ſeyn. 11. Gott iſt in mir/ und ich in Jhm. GOtt iſt in mir daß Feur/ und ich in Jhm der ſchein: Sind wir einander nicht gantz jnniglich gemein? 12. Man

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk erschien 1675 in einer zweiten, um ei… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/28
Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/28>, abgerufen am 28.03.2024.