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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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Erjnnerungs Vorred
GOttheit. Aber sich so verliehren/ ist mehr sich
finden. Da wird Warlich/ was da ist daß
Menschliche außziehende/ und daß Göttliche
anziehende/ in GOtt verwandelt. Gleich wie
daß Eysen im Fewer die Gestalt deß Fewers
annimbt/ und ins Fewer verwandelt wird. Es
bleibet aber doch daß Wesen der also vergötte-
ten Seelen gleich wie daß glüende Eysen nicht
auffhöret Eysen zuseyn. Derohalben die Seele
welche zuvor kalt war/ ist jetzt brennend/ die vor
Finster war ist jetzt leuchtend: Die vor harte
war/ ist jetzt weich: Gantz und gar GOttfar-
big; weil jhr Wesen mit Gottes Wesen durch-
gossen ist: Gantz mit dem Fewer der Göttlichen
Liebe verbrennet/ und gantz zerschmeltzend in
GOtt übergangen/ und jhm ohne mitel Verei-
nigt/ und ein Geist mit jhm worden ist; gleich
wie Gold und Ertzt in einen Metallischen klum-
pen zusammen geschmoltzen werden.

Nun mit solchen und dergleichen Worten
und Reden haben sich die H. Gottesschauer
bemühet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit
der geheiligten Seelen etlicher massen außzu-
drukken; denn dieselbe gründliche zubeschreiben/
sagen sie/ daß man nicht Wort sinden könne.

Wann derowegen der Günstige Leser in di-
sen Reimen hin und wider derogleichen finden
wird; so wolle er sie auch nach disem Verstande
richten und verstehen.

Wie wol ich nun was disen Punctt anbe-

Erjnnerungs Vorred
GOttheit. Aber ſich ſo verliehren/ iſt mehr ſich
finden. Da wird Warlich/ was da iſt daß
Menſchliche außziehende/ und daß Goͤttliche
anziehende/ in GOtt verwandelt. Gleich wie
daß Eyſen im Fewer die Geſtalt deß Fewers
annimbt/ und ins Fewer verwandelt wird. Es
bleibet aber doch daß Weſen der alſo vergoͤtte-
ten Seelen gleich wie daß gluͤende Eyſen nicht
auffhoͤret Eyſen zuſeyn. Derohalben die Seele
welche zuvor kalt war/ iſt jetzt brennend/ die vor
Finſter war iſt jetzt leuchtend: Die vor harte
war/ iſt jetzt weich: Gantz und gar GOttfar-
big; weil jhr Weſen mit Gottes Weſen durch-
goſſen iſt: Gantz mit dem Fewer der Goͤttlichen
Liebe verbrennet/ und gantz zerſchmeltzend in
GOtt uͤbergangen/ und jhm ohne mitel Verei-
nigt/ und ein Geiſt mit jhm worden iſt; gleich
wie Gold und Ertzt in einen Metalliſchen klum-
pen zuſammen geſchmoltzen werden.

Nun mit ſolchen und dergleichen Worten
und Reden haben ſich die H. Gottesſchauer
bemuͤhet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit
der geheiligten Seelen etlicher maſſen außzu-
drukken; deñ dieſelbe gruͤndliche zubeſchreiben/
ſagen ſie/ daß man nicht Wort ſinden koͤnne.

Wann derowegen der Guͤnſtige Leſer in di-
ſen Reimen hin und wider derogleichen finden
wird; ſo wolle er ſie auch nach diſem Verſtande
richten und verſtehen.

Wie wol ich nun was diſen Punctt anbe-

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[14/0020] Erjnnerungs Vorred GOttheit. Aber ſich ſo verliehren/ iſt mehr ſich finden. Da wird Warlich/ was da iſt daß Menſchliche außziehende/ und daß Goͤttliche anziehende/ in GOtt verwandelt. Gleich wie daß Eyſen im Fewer die Geſtalt deß Fewers annimbt/ und ins Fewer verwandelt wird. Es bleibet aber doch daß Weſen der alſo vergoͤtte- ten Seelen gleich wie daß gluͤende Eyſen nicht auffhoͤret Eyſen zuſeyn. Derohalben die Seele welche zuvor kalt war/ iſt jetzt brennend/ die vor Finſter war iſt jetzt leuchtend: Die vor harte war/ iſt jetzt weich: Gantz und gar GOttfar- big; weil jhr Weſen mit Gottes Weſen durch- goſſen iſt: Gantz mit dem Fewer der Goͤttlichen Liebe verbrennet/ und gantz zerſchmeltzend in GOtt uͤbergangen/ und jhm ohne mitel Verei- nigt/ und ein Geiſt mit jhm worden iſt; gleich wie Gold und Ertzt in einen Metalliſchen klum- pen zuſammen geſchmoltzen werden. Nun mit ſolchen und dergleichen Worten und Reden haben ſich die H. Gottesſchauer bemuͤhet die jnnigliche Vereinigung Gottes mit der geheiligten Seelen etlicher maſſen außzu- drukken; deñ dieſelbe gruͤndliche zubeſchreiben/ ſagen ſie/ daß man nicht Wort ſinden koͤnne. Wann derowegen der Guͤnſtige Leſer in di- ſen Reimen hin und wider derogleichen finden wird; ſo wolle er ſie auch nach diſem Verſtande richten und verſtehen. Wie wol ich nun was diſen Punctt anbe-

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/20>, abgerufen am 29.03.2024.