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Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.

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Erinnerungs Vorrede
an den Leser.

Günstiger Leser/ nach dem
folgende Reimen vil seltzame
paradoxa oder widersinnische
Reden/ wie auch sehr hohe und
nicht jederman bekandte schlüs-
se/ von der geheimen GOttheit. Jtem von Ver-
einigung mit GOtt oder Göttlichem Wesen/
wie auch von Göttlicher Gleichheit vnd Ver-
göttung oder GOttwerdung/ und waß der-
gleichen/ in sich behalten; welchen man wegen
der kurtzen Verfassung leicht einen Verdam-
lichen Sinn oder böse Meinung könte andich-
ten: Als ist vonnöthen dich deß halben zuvor
zuerinnern.

Unnd ist hiermit einmal für allemal zuwis-
sen/ das deß Urhebers Meinung nirgends sey/
daß die Menschliche Seele jhre Geschaffenheit
solle oder könue Verliehren/ und durch die Ver-
göttung in GOtt oder sein ungeschaffenes We-
sen verwandelt werden: welches in alle Ewig-
keit nicht seyn kan. Denn obwol GOtt Allmäch-
tig ist/ so kan er doch dises nicht machen (und
wann Ers könte/ wäre Er nicht GOtt) daß
eine Creatur natürlich und wesentlich GOtt

sey.
A 4


Erinnerungs Vorrede
an den Leſer.

Guͤnſtiger Leſer/ nach dem
folgende Reimen vil ſeltzame
paradoxa oder widerſinniſche
Reden/ wie auch ſehr hohe und
nicht jederman bekandte ſchluͤſ-
ſe/ von der geheimen GOttheit. Jtem von Ver-
einigung mit GOtt oder Goͤttlichem Weſen/
wie auch von Goͤttlicher Gleichheit vnd Ver-
goͤttung oder GOttwerdung/ und waß der-
gleichen/ in ſich behalten; welchen man wegen
der kurtzen Verfaſſung leicht einen Verdam-
lichen Sinn oder boͤſe Meinung koͤnte andich-
ten: Als iſt vonnoͤthen dich deß halben zuvor
zuerinnern.

Unnd iſt hiermit einmal fuͤr allemal zuwiſ-
ſen/ das deß Urhebers Meinung nirgends ſey/
daß die Menſchliche Seele jhre Geſchaffenheit
ſolle oder koͤnue Verliehren/ und durch die Ver-
goͤttung in GOtt oder ſein ungeſchaffenes We-
ſen verwandelt werden: welches in alle Ewig-
keit nicht ſeyn kan. Denn obwol GOtt Allmaͤch-
tig iſt/ ſo kan er doch diſes nicht machen (und
wann Ers koͤnte/ waͤre Er nicht GOtt) daß
eine Creatur natuͤrlich und weſentlich GOtt

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[5.[5]/0011] Erinnerungs Vorrede an den Leſer. Guͤnſtiger Leſer/ nach dem folgende Reimen vil ſeltzame paradoxa oder widerſinniſche Reden/ wie auch ſehr hohe und nicht jederman bekandte ſchluͤſ- ſe/ von der geheimen GOttheit. Jtem von Ver- einigung mit GOtt oder Goͤttlichem Weſen/ wie auch von Goͤttlicher Gleichheit vnd Ver- goͤttung oder GOttwerdung/ und waß der- gleichen/ in ſich behalten; welchen man wegen der kurtzen Verfaſſung leicht einen Verdam- lichen Sinn oder boͤſe Meinung koͤnte andich- ten: Als iſt vonnoͤthen dich deß halben zuvor zuerinnern. Unnd iſt hiermit einmal fuͤr allemal zuwiſ- ſen/ das deß Urhebers Meinung nirgends ſey/ daß die Menſchliche Seele jhre Geſchaffenheit ſolle oder koͤnue Verliehren/ und durch die Ver- goͤttung in GOtt oder ſein ungeſchaffenes We- ſen verwandelt werden: welches in alle Ewig- keit nicht ſeyn kan. Denn obwol GOtt Allmaͤch- tig iſt/ ſo kan er doch diſes nicht machen (und wann Ers koͤnte/ waͤre Er nicht GOtt) daß eine Creatur natuͤrlich und weſentlich GOtt ſey. A 4

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Zitationshilfe: Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 5.[5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/11>, abgerufen am 28.03.2024.