Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

gen des begränzten Raumes und Zweckes dieser Blätter hier
nicht näher eingegangen werden.

Diese telegraphische Verbindung der Westküste Irlands mit
der Küste von New-Foundland ist nicht nur bemerkenswerth
wegen der glücklich durchgeführten fehlerfreien Anfertigung und
Legung des ca. 300 deutsche Meilen langen Kabels, sondern auch
wegen der unerwartet großen Geschwindigkeit und Sicherheit, mit
welcher die Depeschenbeförderung durch dasselbe erfolgt!

Bereits im Jahre 1848 erkannte man eine eigenthümliche
Eigenschaft der von Berlin ausgehenden unterirdischen Leitun¬
gen. Diese besteht darin, daß der electrische Strom nicht, wie
bei oberirdischen Leitungen, in seiner ganzen Länge gleichzeitig
und im selben Augenblicke, in welchem man den Leitungskreis
mit dem freien Pole einer electrischen Batterie berührt, auf¬
tritt, sondern daß der Strom etwas später am entfernten Ende
der Leitung beginnt wie an dem der Batterie zugewendeten.
Es hat dies darin seinen Grund, daß der Draht mit der seine
isolirende Hülle umgebenden feuchten Erde eine Leydener Flasche
bildet, in welcher die Electricität sich ansammelt. Die aus der
galvanischen Batterie in den unterirdischen oder unterseeischen
Draht eintretende Electricität muß daher zunächst dazu ver¬
wandt werden, die große Leydener Flasche, welche er bildet, mit
Electricität zu füllen oder sie zu laden, und erst nachdem dies
geschehen ist, kann der Strom am entfernten Ende der Leitung
beginnen. Wird die Verbindung des Drahtes mit der galvani¬
schen Batterie unterbrochen, so hört die Ursache der Ladung auf
und die auf der Oberfläche des Drahtes angesammelt ruhende
Electricität fließt nun durch das entfernte Ende der Leitung
zur Erde, wodurch die Flasche sich wieder entladet. Der
Strom beginnt also nicht nur später am entfernten Ende der
Leitung, sondern hört auch später wieder auf. Man kann sich
diesen Vorgang ungefähr so vorstellen, als wenn man durch ein

gen des begränzten Raumes und Zweckes dieſer Blätter hier
nicht näher eingegangen werden.

Dieſe telegraphiſche Verbindung der Weſtküſte Irlands mit
der Küſte von New-Foundland iſt nicht nur bemerkenswerth
wegen der glücklich durchgeführten fehlerfreien Anfertigung und
Legung des ca. 300 deutſche Meilen langen Kabels, ſondern auch
wegen der unerwartet großen Geſchwindigkeit und Sicherheit, mit
welcher die Depeſchenbeförderung durch daſſelbe erfolgt!

Bereits im Jahre 1848 erkannte man eine eigenthümliche
Eigenſchaft der von Berlin ausgehenden unterirdiſchen Leitun¬
gen. Dieſe beſteht darin, daß der electriſche Strom nicht, wie
bei oberirdiſchen Leitungen, in ſeiner ganzen Länge gleichzeitig
und im ſelben Augenblicke, in welchem man den Leitungskreis
mit dem freien Pole einer electriſchen Batterie berührt, auf¬
tritt, ſondern daß der Strom etwas ſpäter am entfernten Ende
der Leitung beginnt wie an dem der Batterie zugewendeten.
Es hat dies darin ſeinen Grund, daß der Draht mit der ſeine
iſolirende Hülle umgebenden feuchten Erde eine Leydener Flaſche
bildet, in welcher die Electricität ſich anſammelt. Die aus der
galvaniſchen Batterie in den unterirdiſchen oder unterſeeiſchen
Draht eintretende Electricität muß daher zunächſt dazu ver¬
wandt werden, die große Leydener Flaſche, welche er bildet, mit
Electricität zu füllen oder ſie zu laden, und erſt nachdem dies
geſchehen iſt, kann der Strom am entfernten Ende der Leitung
beginnen. Wird die Verbindung des Drahtes mit der galvani¬
ſchen Batterie unterbrochen, ſo hört die Urſache der Ladung auf
und die auf der Oberfläche des Drahtes angeſammelt ruhende
Electricität fließt nun durch das entfernte Ende der Leitung
zur Erde, wodurch die Flaſche ſich wieder entladet. Der
Strom beginnt alſo nicht nur ſpäter am entfernten Ende der
Leitung, ſondern hört auch ſpäter wieder auf. Man kann ſich
dieſen Vorgang ungefähr ſo vorſtellen, als wenn man durch ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0043" n="37"/>
gen des begränzten Raumes und Zweckes die&#x017F;er Blätter hier<lb/>
nicht näher eingegangen werden.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e telegraphi&#x017F;che Verbindung der We&#x017F;tkü&#x017F;te Irlands mit<lb/>
der Kü&#x017F;te von New-Foundland i&#x017F;t nicht nur bemerkenswerth<lb/>
wegen der glücklich durchgeführten fehlerfreien Anfertigung und<lb/>
Legung des ca. 300 deut&#x017F;che Meilen langen Kabels, &#x017F;ondern auch<lb/>
wegen der unerwartet großen Ge&#x017F;chwindigkeit und Sicherheit, mit<lb/>
welcher die Depe&#x017F;chenbeförderung durch da&#x017F;&#x017F;elbe erfolgt!</p><lb/>
        <p>Bereits im Jahre 1848 erkannte man eine eigenthümliche<lb/>
Eigen&#x017F;chaft der von Berlin ausgehenden unterirdi&#x017F;chen Leitun¬<lb/>
gen. Die&#x017F;e be&#x017F;teht darin, daß der electri&#x017F;che Strom nicht, wie<lb/>
bei oberirdi&#x017F;chen Leitungen, in &#x017F;einer ganzen Länge gleichzeitig<lb/>
und im &#x017F;elben Augenblicke, in welchem man den Leitungskreis<lb/>
mit dem freien Pole einer electri&#x017F;chen Batterie berührt, auf¬<lb/>
tritt, &#x017F;ondern daß der Strom etwas &#x017F;päter am entfernten Ende<lb/>
der Leitung beginnt wie an dem der Batterie zugewendeten.<lb/>
Es hat dies darin &#x017F;einen Grund, daß der Draht mit der &#x017F;eine<lb/>
i&#x017F;olirende Hülle umgebenden feuchten Erde eine Leydener Fla&#x017F;che<lb/>
bildet, in welcher die Electricität &#x017F;ich an&#x017F;ammelt. Die aus der<lb/>
galvani&#x017F;chen Batterie in den unterirdi&#x017F;chen oder unter&#x017F;eei&#x017F;chen<lb/>
Draht eintretende Electricität muß daher zunäch&#x017F;t dazu ver¬<lb/>
wandt werden, die große Leydener Fla&#x017F;che, welche er bildet, mit<lb/>
Electricität zu füllen oder &#x017F;ie zu laden, und er&#x017F;t nachdem dies<lb/>
ge&#x017F;chehen i&#x017F;t, kann der Strom am entfernten Ende der Leitung<lb/>
beginnen. Wird die Verbindung des Drahtes mit der galvani¬<lb/>
&#x017F;chen Batterie unterbrochen, &#x017F;o hört die Ur&#x017F;ache der Ladung auf<lb/>
und die auf der Oberfläche des Drahtes ange&#x017F;ammelt ruhende<lb/>
Electricität fließt nun durch das entfernte Ende der Leitung<lb/>
zur Erde, wodurch die Fla&#x017F;che &#x017F;ich wieder entladet. Der<lb/>
Strom beginnt al&#x017F;o nicht nur &#x017F;päter am entfernten Ende der<lb/>
Leitung, &#x017F;ondern hört auch &#x017F;päter wieder auf. Man kann &#x017F;ich<lb/>
die&#x017F;en Vorgang ungefähr &#x017F;o vor&#x017F;tellen, als wenn man durch ein<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0043] gen des begränzten Raumes und Zweckes dieſer Blätter hier nicht näher eingegangen werden. Dieſe telegraphiſche Verbindung der Weſtküſte Irlands mit der Küſte von New-Foundland iſt nicht nur bemerkenswerth wegen der glücklich durchgeführten fehlerfreien Anfertigung und Legung des ca. 300 deutſche Meilen langen Kabels, ſondern auch wegen der unerwartet großen Geſchwindigkeit und Sicherheit, mit welcher die Depeſchenbeförderung durch daſſelbe erfolgt! Bereits im Jahre 1848 erkannte man eine eigenthümliche Eigenſchaft der von Berlin ausgehenden unterirdiſchen Leitun¬ gen. Dieſe beſteht darin, daß der electriſche Strom nicht, wie bei oberirdiſchen Leitungen, in ſeiner ganzen Länge gleichzeitig und im ſelben Augenblicke, in welchem man den Leitungskreis mit dem freien Pole einer electriſchen Batterie berührt, auf¬ tritt, ſondern daß der Strom etwas ſpäter am entfernten Ende der Leitung beginnt wie an dem der Batterie zugewendeten. Es hat dies darin ſeinen Grund, daß der Draht mit der ſeine iſolirende Hülle umgebenden feuchten Erde eine Leydener Flaſche bildet, in welcher die Electricität ſich anſammelt. Die aus der galvaniſchen Batterie in den unterirdiſchen oder unterſeeiſchen Draht eintretende Electricität muß daher zunächſt dazu ver¬ wandt werden, die große Leydener Flaſche, welche er bildet, mit Electricität zu füllen oder ſie zu laden, und erſt nachdem dies geſchehen iſt, kann der Strom am entfernten Ende der Leitung beginnen. Wird die Verbindung des Drahtes mit der galvani¬ ſchen Batterie unterbrochen, ſo hört die Urſache der Ladung auf und die auf der Oberfläche des Drahtes angeſammelt ruhende Electricität fließt nun durch das entfernte Ende der Leitung zur Erde, wodurch die Flaſche ſich wieder entladet. Der Strom beginnt alſo nicht nur ſpäter am entfernten Ende der Leitung, ſondern hört auch ſpäter wieder auf. Man kann ſich dieſen Vorgang ungefähr ſo vorſtellen, als wenn man durch ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/43
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/43>, abgerufen am 29.03.2024.