Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

genwetter sicherte. Dicke Eisendrähte, die man anstatt der kupfer¬
nen verwendete, widerstanden dem Sturme, dem Reife und der
Zerstörung durch den Blitz und Muthwillen besser wie die frü¬
heren kupfernen Dasselbe thaten starke Pfosten, die man an
Stelle der früheren dünnen Stangen verwendete. Endlich lernte
man die telegraphischen Apparate so zu construiren, daß sie auch
bei großen Schwankungen der Stromstärke noch ungestört und
richtig functionirten.

Nicht mit Unrecht erschien den Männern, welche zuerst den
Gedanken des electrischen Telegraphen faßten und pflegten, die
eben geschilderten Schwierigkeiten der oberirdischen Leitungen
so unüberwindlich groß, daß sie es viel leichter ausführbar hiel¬
ten, die Leitungsdrähte mit einem isolirenden Ueberzuge zu ver¬
sehen und so in den Boden einzugraben. Sömmering wollte
seine 27 Drähte einzeln mit Seide überspinnen und dann zu¬
sammen durch Glas- oder Thonröhren vom Erdboden isoliren.
Gauß und Weber, so wie auch Steinheil, benutzten zwar
schon oberirdische Leitungen, doch widerstanden dieselben nur
kurze Zeit den zerstörenden Einflüssen aller Art und gaben auch
während ihrer Dauer zu fortwährenden Störungen der Depeschen¬
beförderung Veranlassung.

Den Amerikanern und Engländern gelang es zuerst, die
Schwierigkeiten der oberirdischen Drahtführung einigermaßen
zu überwinden. Auf dem europäischen Continente versuchte man
dagegen anfänglich das unterirdische Leitungssystem practisch
durchzuführen, da man hier mehr wie in jenen Ländern muth¬
willige Zerstörung der aller Welt sichtbaren und zugänglichen
oberirdischen Leitungen fürchtete. Jacobi in Petersburg machte
ausgedehnte Versuche mit Kupferdrähten, die durch Umwindung
mit Kautschouk und durch übergezogene Glasröhren vom Erd¬
boden isolirt wurden. Es zeigte sich aber bald, daß auf die¬
sem Wege keine ausreichende Isolation erreicht wurde, da die

genwetter ſicherte. Dicke Eiſendrähte, die man anſtatt der kupfer¬
nen verwendete, widerſtanden dem Sturme, dem Reife und der
Zerſtörung durch den Blitz und Muthwillen beſſer wie die frü¬
heren kupfernen Daſſelbe thaten ſtarke Pfoſten, die man an
Stelle der früheren dünnen Stangen verwendete. Endlich lernte
man die telegraphiſchen Apparate ſo zu conſtruiren, daß ſie auch
bei großen Schwankungen der Stromſtärke noch ungeſtört und
richtig functionirten.

Nicht mit Unrecht erſchien den Männern, welche zuerſt den
Gedanken des electriſchen Telegraphen faßten und pflegten, die
eben geſchilderten Schwierigkeiten der oberirdiſchen Leitungen
ſo unüberwindlich groß, daß ſie es viel leichter ausführbar hiel¬
ten, die Leitungsdrähte mit einem iſolirenden Ueberzuge zu ver¬
ſehen und ſo in den Boden einzugraben. Sömmering wollte
ſeine 27 Drähte einzeln mit Seide überſpinnen und dann zu¬
ſammen durch Glas- oder Thonröhren vom Erdboden iſoliren.
Gauß und Weber, ſo wie auch Steinheil, benutzten zwar
ſchon oberirdiſche Leitungen, doch widerſtanden dieſelben nur
kurze Zeit den zerſtörenden Einflüſſen aller Art und gaben auch
während ihrer Dauer zu fortwährenden Störungen der Depeſchen¬
beförderung Veranlaſſung.

Den Amerikanern und Engländern gelang es zuerſt, die
Schwierigkeiten der oberirdiſchen Drahtführung einigermaßen
zu überwinden. Auf dem europäiſchen Continente verſuchte man
dagegen anfänglich das unterirdiſche Leitungsſyſtem practiſch
durchzuführen, da man hier mehr wie in jenen Ländern muth¬
willige Zerſtörung der aller Welt ſichtbaren und zugänglichen
oberirdiſchen Leitungen fürchtete. Jacobi in Petersburg machte
ausgedehnte Verſuche mit Kupferdrähten, die durch Umwindung
mit Kautſchouk und durch übergezogene Glasröhren vom Erd¬
boden iſolirt wurden. Es zeigte ſich aber bald, daß auf die¬
ſem Wege keine ausreichende Iſolation erreicht wurde, da die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0038" n="32"/>
genwetter &#x017F;icherte. Dicke Ei&#x017F;endrähte, die man an&#x017F;tatt der kupfer¬<lb/>
nen verwendete, wider&#x017F;tanden dem Sturme, dem Reife und der<lb/>
Zer&#x017F;törung durch den Blitz und Muthwillen be&#x017F;&#x017F;er wie die frü¬<lb/>
heren kupfernen Da&#x017F;&#x017F;elbe thaten &#x017F;tarke Pfo&#x017F;ten, die man an<lb/>
Stelle der früheren dünnen Stangen verwendete. Endlich lernte<lb/>
man die telegraphi&#x017F;chen Apparate &#x017F;o zu con&#x017F;truiren, daß &#x017F;ie auch<lb/>
bei großen Schwankungen der Strom&#x017F;tärke noch unge&#x017F;tört und<lb/>
richtig functionirten.</p><lb/>
        <p>Nicht mit Unrecht er&#x017F;chien den Männern, welche zuer&#x017F;t den<lb/>
Gedanken des electri&#x017F;chen Telegraphen faßten und pflegten, die<lb/>
eben ge&#x017F;childerten Schwierigkeiten der oberirdi&#x017F;chen Leitungen<lb/>
&#x017F;o unüberwindlich groß, daß &#x017F;ie es viel leichter ausführbar hiel¬<lb/>
ten, die Leitungsdrähte mit einem i&#x017F;olirenden Ueberzuge zu ver¬<lb/>
&#x017F;ehen und &#x017F;o in den Boden einzugraben. <hi rendition="#g">Sömmering</hi> wollte<lb/>
&#x017F;eine 27 Drähte einzeln mit Seide über&#x017F;pinnen und dann zu¬<lb/>
&#x017F;ammen durch Glas- oder Thonröhren vom Erdboden i&#x017F;oliren.<lb/><hi rendition="#g">Gauß</hi> und <hi rendition="#g">Weber</hi>, &#x017F;o wie auch <hi rendition="#g">Steinheil</hi>, benutzten zwar<lb/>
&#x017F;chon oberirdi&#x017F;che Leitungen, doch wider&#x017F;tanden die&#x017F;elben nur<lb/>
kurze Zeit den zer&#x017F;törenden Einflü&#x017F;&#x017F;en aller Art und gaben auch<lb/>
während ihrer Dauer zu fortwährenden Störungen der Depe&#x017F;chen¬<lb/>
beförderung Veranla&#x017F;&#x017F;ung.</p><lb/>
        <p>Den Amerikanern und Engländern gelang es zuer&#x017F;t, die<lb/>
Schwierigkeiten der oberirdi&#x017F;chen Drahtführung einigermaßen<lb/>
zu überwinden. Auf dem europäi&#x017F;chen Continente ver&#x017F;uchte man<lb/>
dagegen anfänglich das unterirdi&#x017F;che Leitungs&#x017F;y&#x017F;tem practi&#x017F;ch<lb/>
durchzuführen, da man hier mehr wie in jenen Ländern muth¬<lb/>
willige Zer&#x017F;törung der aller Welt &#x017F;ichtbaren und zugänglichen<lb/>
oberirdi&#x017F;chen Leitungen fürchtete. <hi rendition="#g">Jacobi</hi> in Petersburg machte<lb/>
ausgedehnte Ver&#x017F;uche mit Kupferdrähten, die durch Umwindung<lb/>
mit Kaut&#x017F;chouk und durch übergezogene Glasröhren vom Erd¬<lb/>
boden i&#x017F;olirt wurden. Es zeigte &#x017F;ich aber bald, daß auf die¬<lb/>
&#x017F;em Wege keine ausreichende I&#x017F;olation erreicht wurde, da die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0038] genwetter ſicherte. Dicke Eiſendrähte, die man anſtatt der kupfer¬ nen verwendete, widerſtanden dem Sturme, dem Reife und der Zerſtörung durch den Blitz und Muthwillen beſſer wie die frü¬ heren kupfernen Daſſelbe thaten ſtarke Pfoſten, die man an Stelle der früheren dünnen Stangen verwendete. Endlich lernte man die telegraphiſchen Apparate ſo zu conſtruiren, daß ſie auch bei großen Schwankungen der Stromſtärke noch ungeſtört und richtig functionirten. Nicht mit Unrecht erſchien den Männern, welche zuerſt den Gedanken des electriſchen Telegraphen faßten und pflegten, die eben geſchilderten Schwierigkeiten der oberirdiſchen Leitungen ſo unüberwindlich groß, daß ſie es viel leichter ausführbar hiel¬ ten, die Leitungsdrähte mit einem iſolirenden Ueberzuge zu ver¬ ſehen und ſo in den Boden einzugraben. Sömmering wollte ſeine 27 Drähte einzeln mit Seide überſpinnen und dann zu¬ ſammen durch Glas- oder Thonröhren vom Erdboden iſoliren. Gauß und Weber, ſo wie auch Steinheil, benutzten zwar ſchon oberirdiſche Leitungen, doch widerſtanden dieſelben nur kurze Zeit den zerſtörenden Einflüſſen aller Art und gaben auch während ihrer Dauer zu fortwährenden Störungen der Depeſchen¬ beförderung Veranlaſſung. Den Amerikanern und Engländern gelang es zuerſt, die Schwierigkeiten der oberirdiſchen Drahtführung einigermaßen zu überwinden. Auf dem europäiſchen Continente verſuchte man dagegen anfänglich das unterirdiſche Leitungsſyſtem practiſch durchzuführen, da man hier mehr wie in jenen Ländern muth¬ willige Zerſtörung der aller Welt ſichtbaren und zugänglichen oberirdiſchen Leitungen fürchtete. Jacobi in Petersburg machte ausgedehnte Verſuche mit Kupferdrähten, die durch Umwindung mit Kautſchouk und durch übergezogene Glasröhren vom Erd¬ boden iſolirt wurden. Es zeigte ſich aber bald, daß auf die¬ ſem Wege keine ausreichende Iſolation erreicht wurde, da die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/38
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/38>, abgerufen am 19.04.2024.