Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Aus dem Vortrage des Dr. Rosenthal im 9. Hefte dieser
Sammlung, welchen ich im Nachstehenden als bekannt voraus¬
setze, ist ersichtlich, daß eine dieser Eigenschaften des electrischen
Stromes darin besteht, daß er beim Durchgange durch gesäuer¬
tes Wasser dieses in seine chemischen Bestandtheile -- Sauer¬
stoff und Wasserstoff -- zersetzt. Schon wenige Jahre, nach¬
dem Volta's Entdeckungen bekannt geworden waren, im Jahre
1808, machte der Münchener Arzt Dr. Sömmering den Vor¬
schlag, diese Eigenschaft des electrischen Stromes zur Herstel¬
lung einer electrischen Telegraphenverbindung entfernter Orte
zu benutzen. Er wollte die beiden Orte durch so viele isolirte
d. h. von einander und vom Erdboden überall durch Nichtlei¬
ter der Electricität getrennte Metalldrähte verbinden, als das
Alphabet Buchstaben enthält. An jedem Orte sollte ein mit
gesäuertem Wasser gefülltes Glasgefäß und eine Klaviatur auf¬
gestellt werden. Die Flüssigkeiten der beiden Glasgefäße stan¬
den durch einen besonderen Draht, dessen Enden in das Was¬
ser tauchten, in leitender Verbindung mit einander. Außerdem
waren in jedem der Glasgefäße 26 Goldspitzen angebracht, von
denen jede mit einem Buchstaben des Alphabets deutlich be¬
zeichnet war. Die gleichbezeichneten Spitzen standen durch einen
der Drähte in leitender Verbindung mit einander. Setzte man
nun an einem der beiden Orte einen der zwei Spitzen mit ein¬
ander verbindenden Drähte durch Niederdrücken der gleichbe¬
zeichneten Taste der Klaviatur mit dem einen Pole einer gal¬
vanischen Kette oder Batterie in leitende Verbindung, deren
anderen Pol mit dem 27. Drahte, welcher die in den Gefäßen
befindlichen Flüssigkeiten leitend verband, in Verbindung: so
mußte ein electrischer Strom entstehen, welcher von dem einen
Pol der Batterie ausging, den Draht bis zur anderen Station
durchlief, dort von der Goldspitze durch das Wasser zum ge¬
meinschaftlichen Rückleitungsdraht und durch diesen zum ande¬

Aus dem Vortrage des Dr. Roſenthal im 9. Hefte dieſer
Sammlung, welchen ich im Nachſtehenden als bekannt voraus¬
ſetze, iſt erſichtlich, daß eine dieſer Eigenſchaften des electriſchen
Stromes darin beſteht, daß er beim Durchgange durch geſäuer¬
tes Waſſer dieſes in ſeine chemiſchen Beſtandtheile — Sauer¬
ſtoff und Waſſerſtoff — zerſetzt. Schon wenige Jahre, nach¬
dem Volta's Entdeckungen bekannt geworden waren, im Jahre
1808, machte der Münchener Arzt Dr. Sömmering den Vor¬
ſchlag, dieſe Eigenſchaft des electriſchen Stromes zur Herſtel¬
lung einer electriſchen Telegraphenverbindung entfernter Orte
zu benutzen. Er wollte die beiden Orte durch ſo viele iſolirte
d. h. von einander und vom Erdboden überall durch Nichtlei¬
ter der Electricität getrennte Metalldrähte verbinden, als das
Alphabet Buchſtaben enthält. An jedem Orte ſollte ein mit
geſäuertem Waſſer gefülltes Glasgefäß und eine Klaviatur auf¬
geſtellt werden. Die Flüſſigkeiten der beiden Glasgefäße ſtan¬
den durch einen beſonderen Draht, deſſen Enden in das Waſ¬
ſer tauchten, in leitender Verbindung mit einander. Außerdem
waren in jedem der Glasgefäße 26 Goldſpitzen angebracht, von
denen jede mit einem Buchſtaben des Alphabets deutlich be¬
zeichnet war. Die gleichbezeichneten Spitzen ſtanden durch einen
der Drähte in leitender Verbindung mit einander. Setzte man
nun an einem der beiden Orte einen der zwei Spitzen mit ein¬
ander verbindenden Drähte durch Niederdrücken der gleichbe¬
zeichneten Taſte der Klaviatur mit dem einen Pole einer gal¬
vaniſchen Kette oder Batterie in leitende Verbindung, deren
anderen Pol mit dem 27. Drahte, welcher die in den Gefäßen
befindlichen Flüſſigkeiten leitend verband, in Verbindung: ſo
mußte ein electriſcher Strom entſtehen, welcher von dem einen
Pol der Batterie ausging, den Draht bis zur anderen Station
durchlief, dort von der Goldſpitze durch das Waſſer zum ge¬
meinſchaftlichen Rückleitungsdraht und durch dieſen zum ande¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0012" n="6"/>
        <p>Aus dem Vortrage des <hi rendition="#aq">Dr</hi>. <hi rendition="#g">Ro&#x017F;enthal</hi> im 9. Hefte die&#x017F;er<lb/>
Sammlung, welchen ich im Nach&#x017F;tehenden als bekannt voraus¬<lb/>
&#x017F;etze, i&#x017F;t er&#x017F;ichtlich, daß eine die&#x017F;er Eigen&#x017F;chaften des electri&#x017F;chen<lb/>
Stromes darin be&#x017F;teht, daß er beim Durchgange durch ge&#x017F;äuer¬<lb/>
tes Wa&#x017F;&#x017F;er die&#x017F;es in &#x017F;eine chemi&#x017F;chen Be&#x017F;tandtheile &#x2014; Sauer¬<lb/>
&#x017F;toff und Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff &#x2014; zer&#x017F;etzt. Schon wenige Jahre, nach¬<lb/>
dem Volta's Entdeckungen bekannt geworden waren, im Jahre<lb/>
1808, machte der Münchener Arzt <hi rendition="#aq">Dr</hi>. <hi rendition="#g">Sömmering</hi> den Vor¬<lb/>
&#x017F;chlag, die&#x017F;e Eigen&#x017F;chaft des electri&#x017F;chen Stromes zur Her&#x017F;tel¬<lb/>
lung einer electri&#x017F;chen Telegraphenverbindung entfernter Orte<lb/>
zu benutzen. Er wollte die beiden Orte durch &#x017F;o viele i&#x017F;olirte<lb/>
d. h. von einander und vom Erdboden überall durch Nichtlei¬<lb/>
ter der Electricität getrennte Metalldrähte verbinden, als das<lb/>
Alphabet Buch&#x017F;taben enthält. An jedem Orte &#x017F;ollte ein mit<lb/>
ge&#x017F;äuertem Wa&#x017F;&#x017F;er gefülltes Glasgefäß und eine Klaviatur auf¬<lb/>
ge&#x017F;tellt werden. Die Flü&#x017F;&#x017F;igkeiten der beiden Glasgefäße &#x017F;tan¬<lb/>
den durch einen be&#x017F;onderen Draht, de&#x017F;&#x017F;en Enden in das Wa&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;er tauchten, in leitender Verbindung mit einander. Außerdem<lb/>
waren in jedem der Glasgefäße 26 Gold&#x017F;pitzen angebracht, von<lb/>
denen jede mit einem Buch&#x017F;taben des Alphabets deutlich be¬<lb/>
zeichnet war. Die gleichbezeichneten Spitzen &#x017F;tanden durch einen<lb/>
der Drähte in leitender Verbindung mit einander. Setzte man<lb/>
nun an einem der beiden Orte einen der zwei Spitzen mit ein¬<lb/>
ander verbindenden Drähte durch Niederdrücken der gleichbe¬<lb/>
zeichneten Ta&#x017F;te der Klaviatur mit dem einen Pole einer gal¬<lb/>
vani&#x017F;chen Kette oder Batterie in leitende Verbindung, deren<lb/>
anderen Pol mit dem 27. Drahte, welcher die in den Gefäßen<lb/>
befindlichen Flü&#x017F;&#x017F;igkeiten leitend verband, in Verbindung: &#x017F;o<lb/>
mußte ein electri&#x017F;cher Strom ent&#x017F;tehen, welcher von dem einen<lb/>
Pol der Batterie ausging, den Draht bis zur anderen Station<lb/>
durchlief, dort von der Gold&#x017F;pitze durch das Wa&#x017F;&#x017F;er zum ge¬<lb/>
mein&#x017F;chaftlichen Rückleitungsdraht und durch die&#x017F;en zum ande¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0012] Aus dem Vortrage des Dr. Roſenthal im 9. Hefte dieſer Sammlung, welchen ich im Nachſtehenden als bekannt voraus¬ ſetze, iſt erſichtlich, daß eine dieſer Eigenſchaften des electriſchen Stromes darin beſteht, daß er beim Durchgange durch geſäuer¬ tes Waſſer dieſes in ſeine chemiſchen Beſtandtheile — Sauer¬ ſtoff und Waſſerſtoff — zerſetzt. Schon wenige Jahre, nach¬ dem Volta's Entdeckungen bekannt geworden waren, im Jahre 1808, machte der Münchener Arzt Dr. Sömmering den Vor¬ ſchlag, dieſe Eigenſchaft des electriſchen Stromes zur Herſtel¬ lung einer electriſchen Telegraphenverbindung entfernter Orte zu benutzen. Er wollte die beiden Orte durch ſo viele iſolirte d. h. von einander und vom Erdboden überall durch Nichtlei¬ ter der Electricität getrennte Metalldrähte verbinden, als das Alphabet Buchſtaben enthält. An jedem Orte ſollte ein mit geſäuertem Waſſer gefülltes Glasgefäß und eine Klaviatur auf¬ geſtellt werden. Die Flüſſigkeiten der beiden Glasgefäße ſtan¬ den durch einen beſonderen Draht, deſſen Enden in das Waſ¬ ſer tauchten, in leitender Verbindung mit einander. Außerdem waren in jedem der Glasgefäße 26 Goldſpitzen angebracht, von denen jede mit einem Buchſtaben des Alphabets deutlich be¬ zeichnet war. Die gleichbezeichneten Spitzen ſtanden durch einen der Drähte in leitender Verbindung mit einander. Setzte man nun an einem der beiden Orte einen der zwei Spitzen mit ein¬ ander verbindenden Drähte durch Niederdrücken der gleichbe¬ zeichneten Taſte der Klaviatur mit dem einen Pole einer gal¬ vaniſchen Kette oder Batterie in leitende Verbindung, deren anderen Pol mit dem 27. Drahte, welcher die in den Gefäßen befindlichen Flüſſigkeiten leitend verband, in Verbindung: ſo mußte ein electriſcher Strom entſtehen, welcher von dem einen Pol der Batterie ausging, den Draht bis zur anderen Station durchlief, dort von der Goldſpitze durch das Waſſer zum ge¬ meinſchaftlichen Rückleitungsdraht und durch dieſen zum ande¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/12
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Die electrische Telegraphie. Berlin, 1866, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_telegraphie_1866/12>, abgerufen am 19.04.2024.