Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Gattung: Lota.
beachtet geblieben ist. Dr. J. G. Steinbuch nämlich erzählt in seinen Ana-
lecten 1), dass er einesmals in der Brinz bei Heidenheim mit einem Zweizack
nach einer Rutte gestochen, aber statt einen Fisch zwei Fische zugleich mit
seinem Instrumente durchbohrt habe. Derselbe berichtet nun über diesen un-
erwarteten Fischfang weiter, wie folgt: (pag. 5) "Beide von dem Zweizack abge-
löste Fische hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an
Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach aneinander liegend, und gemein-
schaftlich nur eine Masse bildend, träge und unbeweglich liegen blieben.
Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band
umschloss beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, dass
keiner im Stande war, sich von dem andern zu trennen, und diese mecha-
nische Verbindung blieb selbst nach meiner erzählten harten Behandlung noch
fest und ungeändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch
dieses Band so platt gegeneinander gedrückt, dass die weichen Körper beider
Fische zusammen fast eine zylindrische Gestalt hatten, und das ringförmige
Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt, und dadurch so ge-
spannt, dass es sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, so dass
der Durchmesser des gemeinschaftlich gebildeten Zylinders an dieser Stelle
etwas kleiner war als über und unter dem Bande".

"Nachdem ich diese mir so äusserst auffallende Erscheinung hinlänglich
bewundert, und durch Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers
von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich mit einem kleinen hölzernen
Stäbchen, das ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses vereinigende Band
(pag.6) über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanz-
ende zu hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen,
und vorzüglich, um die Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu
untersuchen. Ich bemerkte bei diesem Versuche sogleich: dass das, sowohl
nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit u. s. w.
mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem
der beiden eingeschlossenen Fischkörper verwachsen zu seyn schien, und dass
die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit der Fischkörper und
der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu grossen Schwierigkeiten
verbunden seyn würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem
Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich, an
dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinschaftlichen
Körper der Fische vorsichtig operirt hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu ver-
schieben, und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen".

"Indem durch die Lösung des Bandes die mechanische Verbindung bei-

1) S. dessen Analecten neuer Beobachtungen und Untersuchungen für die Naturkunde.
Fürth, 1802. pag. 3.

Gattung: Lota.
beachtet geblieben ist. Dr. J. G. Steinbuch nämlich erzählt in seinen Ana-
lecten 1), dass er einesmals in der Brinz bei Heidenheim mit einem Zweizack
nach einer Rutte gestochen, aber statt einen Fisch zwei Fische zugleich mit
seinem Instrumente durchbohrt habe. Derselbe berichtet nun über diesen un-
erwarteten Fischfang weiter, wie folgt: (pag. 5) »Beide von dem Zweizack abge-
löste Fische hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an
Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach aneinander liegend, und gemein-
schaftlich nur eine Masse bildend, träge und unbeweglich liegen blieben.
Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band
umschloss beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, dass
keiner im Stande war, sich von dem andern zu trennen, und diese mecha-
nische Verbindung blieb selbst nach meiner erzählten harten Behandlung noch
fest und ungeändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch
dieses Band so platt gegeneinander gedrückt, dass die weichen Körper beider
Fische zusammen fast eine zylindrische Gestalt hatten, und das ringförmige
Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt, und dadurch so ge-
spannt, dass es sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, so dass
der Durchmesser des gemeinschaftlich gebildeten Zylinders an dieser Stelle
etwas kleiner war als über und unter dem Bande«.

»Nachdem ich diese mir so äusserst auffallende Erscheinung hinlänglich
bewundert, und durch Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers
von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich mit einem kleinen hölzernen
Stäbchen, das ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses vereinigende Band
(pag.6) über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanz-
ende zu hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen,
und vorzüglich, um die Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu
untersuchen. Ich bemerkte bei diesem Versuche sogleich: dass das, sowohl
nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit u. s. w.
mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem
der beiden eingeschlossenen Fischkörper verwachsen zu seyn schien, und dass
die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit der Fischkörper und
der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu grossen Schwierigkeiten
verbunden seyn würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem
Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich, an
dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinschaftlichen
Körper der Fische vorsichtig operirt hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu ver-
schieben, und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen«.

»Indem durch die Lösung des Bandes die mechanische Verbindung bei-

1) S. dessen Analecten neuer Beobachtungen und Untersuchungen für die Naturkunde.
Fürth, 1802. pag. 3.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0088" n="75"/><fw place="top" type="header">Gattung: Lota.</fw><lb/>
beachtet geblieben ist. Dr. J. G. <hi rendition="#k">Steinbuch</hi> nämlich erzählt in seinen Ana-<lb/>
lecten <note place="foot" n="1)">S. dessen Analecten neuer Beobachtungen und Untersuchungen für die Naturkunde.<lb/>
Fürth, 1802. pag. 3.</note>, dass er einesmals in der Brinz bei Heidenheim mit einem Zweizack<lb/>
nach einer Rutte gestochen, aber statt einen Fisch zwei Fische zugleich mit<lb/>
seinem Instrumente durchbohrt habe. Derselbe berichtet nun über diesen un-<lb/>
erwarteten Fischfang weiter, wie folgt: (pag. 5) »Beide von dem Zweizack abge-<lb/>
löste Fische hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an<lb/>
Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach aneinander liegend, und gemein-<lb/>
schaftlich nur <hi rendition="#g">eine</hi> Masse bildend, träge und unbeweglich liegen blieben.<lb/>
Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band<lb/>
umschloss beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, dass<lb/>
keiner im Stande war, sich von dem andern zu trennen, und diese mecha-<lb/>
nische Verbindung blieb selbst nach meiner erzählten harten Behandlung noch<lb/>
fest und ungeändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch<lb/>
dieses Band so platt gegeneinander gedrückt, dass die weichen Körper beider<lb/>
Fische zusammen fast eine zylindrische Gestalt hatten, und das ringförmige<lb/>
Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt, und dadurch so ge-<lb/>
spannt, dass es sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, so dass<lb/>
der Durchmesser des gemeinschaftlich gebildeten Zylinders an dieser Stelle<lb/>
etwas kleiner war als über und unter dem Bande«.</p><lb/>
                <p>»Nachdem ich diese mir so äusserst auffallende Erscheinung hinlänglich<lb/>
bewundert, und durch Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers<lb/>
von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich mit einem kleinen hölzernen<lb/>
Stäbchen, das ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses vereinigende Band<lb/>
(pag.6) über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanz-<lb/>
ende zu hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen,<lb/>
und vorzüglich, um die Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu<lb/>
untersuchen. Ich bemerkte bei diesem Versuche sogleich: dass das, sowohl<lb/>
nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit u. s. w.<lb/>
mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem<lb/>
der beiden eingeschlossenen Fischkörper verwachsen zu seyn schien, und dass<lb/>
die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit der Fischkörper und<lb/>
der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu grossen Schwierigkeiten<lb/>
verbunden seyn würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem<lb/>
Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich, an<lb/>
dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinschaftlichen<lb/>
Körper der Fische vorsichtig operirt hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu ver-<lb/>
schieben, und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen«.</p><lb/>
                <p>»Indem durch die Lösung des Bandes die mechanische Verbindung bei-<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0088] Gattung: Lota. beachtet geblieben ist. Dr. J. G. Steinbuch nämlich erzählt in seinen Ana- lecten 1), dass er einesmals in der Brinz bei Heidenheim mit einem Zweizack nach einer Rutte gestochen, aber statt einen Fisch zwei Fische zugleich mit seinem Instrumente durchbohrt habe. Derselbe berichtet nun über diesen un- erwarteten Fischfang weiter, wie folgt: (pag. 5) »Beide von dem Zweizack abge- löste Fische hatte ich auf einen breiten, platten Stein gelegt, wo sie Kopf an Kopf und Bauch an Bauch der Länge nach aneinander liegend, und gemein- schaftlich nur eine Masse bildend, träge und unbeweglich liegen blieben. Ein gemeinschaftliches, häutiges, etwa einen Finger breites, ringförmiges Band umschloss beide Fische ungefähr in der Mitte ihrer Körperlänge so genau, dass keiner im Stande war, sich von dem andern zu trennen, und diese mecha- nische Verbindung blieb selbst nach meiner erzählten harten Behandlung noch fest und ungeändert zurück. Die Bauchflächen beider Fische waren durch dieses Band so platt gegeneinander gedrückt, dass die weichen Körper beider Fische zusammen fast eine zylindrische Gestalt hatten, und das ringförmige Band war durch die Fischkörper so stark vollgefüllt, und dadurch so ge- spannt, dass es sichtbar in die Masse der weichen Körper einschnitt, so dass der Durchmesser des gemeinschaftlich gebildeten Zylinders an dieser Stelle etwas kleiner war als über und unter dem Bande«. »Nachdem ich diese mir so äusserst auffallende Erscheinung hinlänglich bewundert, und durch Umwälzung des gemeinschaftlich gebildeten Körpers von allen Seiten betrachtet hatte, versuchte ich mit einem kleinen hölzernen Stäbchen, das ich neben mir auf der Erde liegend fand, dieses vereinigende Band (pag.6) über die Körper beider Fische rückwärts nach dem dünneren Schwanz- ende zu hinabzustreifen, um dadurch die beiden Gefangenen in Freiheit zu setzen, und vorzüglich, um die Beschaffenheit dieses räthselhaften Bandes genauer zu untersuchen. Ich bemerkte bei diesem Versuche sogleich: dass das, sowohl nach Beschaffenheit der Farbe, als nach seiner Weichheit, Schlüpfrigkeit u. s. w. mit der Oberfläche beider Fische genau übereinstimmende Band, mit keinem der beiden eingeschlossenen Fischkörper verwachsen zu seyn schien, und dass die beabsichtigte Lösung desselben, bei der Weichheit der Fischkörper und der Ausdehnbarkeit des Bandes selbst, nicht mit zu grossen Schwierigkeiten verbunden seyn würde. Wirklich gelang es mir auch, nachdem ich mit dem Stäbchen und ein Paar Fingern der einen und der andern Hand zugleich, an dem ganzen Umfang des vereinigenden Bandes und dem gemeinschaftlichen Körper der Fische vorsichtig operirt hatte, dasselbe aus seiner Stelle zu ver- schieben, und es nach Wunsch und unzerrissen rückwärts hinabzustreifen«. »Indem durch die Lösung des Bandes die mechanische Verbindung bei- 1) S. dessen Analecten neuer Beobachtungen und Untersuchungen für die Naturkunde. Fürth, 1802. pag. 3.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/88
Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/88>, abgerufen am 19.04.2024.