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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Trutta.
weniger verloren haben oder in einem herrlichen Glanze über den ganzen
Körper ausbreiten, während bei anderen Individuen eine gleichmässige
schwarze Pigmentirung die ganze Körperoberfläche überzieht. Für alle diese
verschieden gefärbten und gezeichneten Forellen hat das Volk eben so verschie-
dene Namen ausgedacht, nämlich die Bezeichnungen: Bachforelle, Bergfo-
relle, Alpenforelle, Steinforelle, Waldforelle, Weissforelle, Goldforelle,
Schwarzforelle u. s. w. Auch das Fleisch der Forellen ist je nach den ver-
schiedenen Wohnorten und Geschlechtsverhältnissen in seiner Färbung sehr
wandelbar und kann von einer intensiven Rosenfarbe bis zur Farblosigkeit
variiren. Sehr oft sind mir in den Alpen Forellenformen zu Gesicht gekom-
men, an deren Haut der messinggelbe Glanz völlig verschwunden war und
einem weissen Silberglanze Platz gemacht hatte; solchen verfärbten Forellen
gegenüber habe ich mir die Frage nicht vorenthalten können, ob diese ab-
weichende Färbung nicht unter dem Einflusse von Seeforellen durch Ba-
stardirung zu Stande gekommen sein sollte.

Unter den Forellen kommen sterile Formen häufig vor, welche niemals
laichen und deren innere Geschlechtsorgane zwar deutlich als Hoden und Eier-
stöcke vorhanden sind, aber im Zustande der Unreife verharren; zu jeder Zeit
des Jahres zeigen sich die Eier in den Ovarien solcher Forellen niemals grösser
wie Hirsekörner, auch sieht man es den Eierstöcken an, dass sie niemals reife
Eier von sich gegeben haben. Aufmerksame Fischer kennen solche sterile
Forellen sehr gut und rühmen an ihnen, dass sie ein viel zarteres Fleisch be-
sitzen, als die fruchtbaren Forellen; um so mehr ist es zu verwundern, dass
dieselben den Ichthyologen bisher gänzlich entgangen sind. Es lassen sich die
sterilen Forellen von den fruchtbaren Forellen auch ausser der Laichzeit der
letzteren durch folgende Merkmale unterscheiden: der Körper ist kürzer, der
Rücken an den Seiten herab gewölbter, und die Flossen sind weniger breit
und werden von schwächeren Strahlen gestützt, das weniger weite Maul ist
nur bis unter die Augen und nie bis über die Augen hinaus gespalten; der
Kopf der sterilen Forellen ist klein und steht mit dem gedrungenen dicken Kör-
per in keinem rechten Verhältnisse, indem die Kieferknochen, die Knochen
des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben
zu sein scheinen. An den männlichen sterilen Forellen wächst der Kinnwin-
kel niemals stärker aus und giebt daher keinen Geschlechtsunterschied ab,
ferner zeigt sich die Hautbedeckung und Beschuppung Jahr aus Jahr ein un-
verändert, auch bleibt die Urogenital-Papille stets in der hinter dem After
gelegenen Grube verborgen, indem die Seitenränder der letzteren niemals
durch die angeschwollene und sich aus der Tiefe erhebende Papille ausein-
andergetrieben wird. In der Färbung und Zeichnung habe ich an den frucht-
baren und sterilen Forellen keinen auffallenden Unterschied wahrnehmen
können.


v. Siebold, Fische. 21

Gattung: Trutta.
weniger verloren haben oder in einem herrlichen Glanze über den ganzen
Körper ausbreiten, während bei anderen Individuen eine gleichmässige
schwarze Pigmentirung die ganze Körperoberfläche überzieht. Für alle diese
verschieden gefärbten und gezeichneten Forellen hat das Volk eben so verschie-
dene Namen ausgedacht, nämlich die Bezeichnungen: Bachforelle, Bergfo-
relle, Alpenforelle, Steinforelle, Waldforelle, Weissforelle, Goldforelle,
Schwarzforelle u. s. w. Auch das Fleisch der Forellen ist je nach den ver-
schiedenen Wohnorten und Geschlechtsverhältnissen in seiner Färbung sehr
wandelbar und kann von einer intensiven Rosenfarbe bis zur Farblosigkeit
variiren. Sehr oft sind mir in den Alpen Forellenformen zu Gesicht gekom-
men, an deren Haut der messinggelbe Glanz völlig verschwunden war und
einem weissen Silberglanze Platz gemacht hatte; solchen verfärbten Forellen
gegenüber habe ich mir die Frage nicht vorenthalten können, ob diese ab-
weichende Färbung nicht unter dem Einflusse von Seeforellen durch Ba-
stardirung zu Stande gekommen sein sollte.

Unter den Forellen kommen sterile Formen häufig vor, welche niemals
laichen und deren innere Geschlechtsorgane zwar deutlich als Hoden und Eier-
stöcke vorhanden sind, aber im Zustande der Unreife verharren; zu jeder Zeit
des Jahres zeigen sich die Eier in den Ovarien solcher Forellen niemals grösser
wie Hirsekörner, auch sieht man es den Eierstöcken an, dass sie niemals reife
Eier von sich gegeben haben. Aufmerksame Fischer kennen solche sterile
Forellen sehr gut und rühmen an ihnen, dass sie ein viel zarteres Fleisch be-
sitzen, als die fruchtbaren Forellen; um so mehr ist es zu verwundern, dass
dieselben den Ichthyologen bisher gänzlich entgangen sind. Es lassen sich die
sterilen Forellen von den fruchtbaren Forellen auch ausser der Laichzeit der
letzteren durch folgende Merkmale unterscheiden: der Körper ist kürzer, der
Rücken an den Seiten herab gewölbter, und die Flossen sind weniger breit
und werden von schwächeren Strahlen gestützt, das weniger weite Maul ist
nur bis unter die Augen und nie bis über die Augen hinaus gespalten; der
Kopf der sterilen Forellen ist klein und steht mit dem gedrungenen dicken Kör-
per in keinem rechten Verhältnisse, indem die Kieferknochen, die Knochen
des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben
zu sein scheinen. An den männlichen sterilen Forellen wächst der Kinnwin-
kel niemals stärker aus und giebt daher keinen Geschlechtsunterschied ab,
ferner zeigt sich die Hautbedeckung und Beschuppung Jahr aus Jahr ein un-
verändert, auch bleibt die Urogenital-Papille stets in der hinter dem After
gelegenen Grube verborgen, indem die Seitenränder der letzteren niemals
durch die angeschwollene und sich aus der Tiefe erhebende Papille ausein-
andergetrieben wird. In der Färbung und Zeichnung habe ich an den frucht-
baren und sterilen Forellen keinen auffallenden Unterschied wahrnehmen
können.


v. Siebold, Fische. 21
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[321/0334] Gattung: Trutta. weniger verloren haben oder in einem herrlichen Glanze über den ganzen Körper ausbreiten, während bei anderen Individuen eine gleichmässige schwarze Pigmentirung die ganze Körperoberfläche überzieht. Für alle diese verschieden gefärbten und gezeichneten Forellen hat das Volk eben so verschie- dene Namen ausgedacht, nämlich die Bezeichnungen: Bachforelle, Bergfo- relle, Alpenforelle, Steinforelle, Waldforelle, Weissforelle, Goldforelle, Schwarzforelle u. s. w. Auch das Fleisch der Forellen ist je nach den ver- schiedenen Wohnorten und Geschlechtsverhältnissen in seiner Färbung sehr wandelbar und kann von einer intensiven Rosenfarbe bis zur Farblosigkeit variiren. Sehr oft sind mir in den Alpen Forellenformen zu Gesicht gekom- men, an deren Haut der messinggelbe Glanz völlig verschwunden war und einem weissen Silberglanze Platz gemacht hatte; solchen verfärbten Forellen gegenüber habe ich mir die Frage nicht vorenthalten können, ob diese ab- weichende Färbung nicht unter dem Einflusse von Seeforellen durch Ba- stardirung zu Stande gekommen sein sollte. Unter den Forellen kommen sterile Formen häufig vor, welche niemals laichen und deren innere Geschlechtsorgane zwar deutlich als Hoden und Eier- stöcke vorhanden sind, aber im Zustande der Unreife verharren; zu jeder Zeit des Jahres zeigen sich die Eier in den Ovarien solcher Forellen niemals grösser wie Hirsekörner, auch sieht man es den Eierstöcken an, dass sie niemals reife Eier von sich gegeben haben. Aufmerksame Fischer kennen solche sterile Forellen sehr gut und rühmen an ihnen, dass sie ein viel zarteres Fleisch be- sitzen, als die fruchtbaren Forellen; um so mehr ist es zu verwundern, dass dieselben den Ichthyologen bisher gänzlich entgangen sind. Es lassen sich die sterilen Forellen von den fruchtbaren Forellen auch ausser der Laichzeit der letzteren durch folgende Merkmale unterscheiden: der Körper ist kürzer, der Rücken an den Seiten herab gewölbter, und die Flossen sind weniger breit und werden von schwächeren Strahlen gestützt, das weniger weite Maul ist nur bis unter die Augen und nie bis über die Augen hinaus gespalten; der Kopf der sterilen Forellen ist klein und steht mit dem gedrungenen dicken Kör- per in keinem rechten Verhältnisse, indem die Kieferknochen, die Knochen des Kiemendeckel-Apparats, sowie die Augen im Wachsthum zurückgeblieben zu sein scheinen. An den männlichen sterilen Forellen wächst der Kinnwin- kel niemals stärker aus und giebt daher keinen Geschlechtsunterschied ab, ferner zeigt sich die Hautbedeckung und Beschuppung Jahr aus Jahr ein un- verändert, auch bleibt die Urogenital-Papille stets in der hinter dem After gelegenen Grube verborgen, indem die Seitenränder der letzteren niemals durch die angeschwollene und sich aus der Tiefe erhebende Papille ausein- andergetrieben wird. In der Färbung und Zeichnung habe ich an den frucht- baren und sterilen Forellen keinen auffallenden Unterschied wahrnehmen können. v. Siebold, Fische. 21

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/334>, abgerufen am 19.04.2024.