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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Salmonoidei.
Veränderung der Hautfarben eine auffallende, schwartenartige Verdickung
der Haut des Rückens und der Flossen eintritt, welche sich nach vollbrachtem
Laichgeschäfte sehr schnell wieder verliert.

In der Grösse giebt der Lachs dem Huchen nichts nach,- indem er eine
Länge von einigen Schuhen und eine Schwere von 20 bis 50 Pfund und dar-
über erreichen kann.

Da der Lachs ein Bewohner der Nord- und Ostsee ist, aber die Be-
stimmung hat, seinen Laich im süssen Wasser abzusetzen, so sehen wir die-
sen Seefisch zur Erreichung passender Laichplätze weite Wanderungen die
Flüsse hinauf vornehmen. Auf solchen Reisen gelangen sehr viele Lachse in
den Mittelrhein, streichen aber an Mainz, Speyer und Strassburg vorüber,
ohne hier zu laichen, weil sie höher gelegene Gegenden des Rhein-Gebiets zu
diesem Zwecke aufsuchen müssen. Früher zogen auch Lachse den Main bis
Bamberg und den Neckar bis Heilbronn hinauf, was gegenwärtig nicht mehr
geschieht 1); dagegen wissen noch jetzt viele Lachse bis zu den Quellen der
aus den schweizerischen Alpen herabkommenden Nebenflüsse des Rheins zu
gelangen, indem sie unterwegs die schwierigsten Hindernisse überwinden,
sogar die brausenden, zwischen steilen Felswänden eingeklemmten Katarak-
ten des Rheins bei Laufenburg mit Hülfe ihrer Körperkraft durchsetzen und
nur von dem grossen Rheinfall bei Schaffhausen sich aufhalten lassen 2), wes-
halb es in dem oberhalb des Bodensees fliessenden Oberrhein niemals Lachse
giebt, während diese Fische bis in die dem Vierwaldstädter See, dem Züricher
See und Wallenstädter See zuströmenden Bäche hinaufzudringen wissen.

Von den Nordsee-Lachsen wird aber auch die Weser aufgesucht, bis zu
deren Quellen dieselben hinaufzudringen im Stande sind, was in früheren

"At the same periods do the parts of the head begin to lengthen, the fins to thicken and the
back to shew a more arched outline, from the deposition of a kind of cartilaginous sub-
stance, which at the full development in a fish of the size of our specimen would reach from
half to three quarters of an inch in depth upon the back, and gives that rounded and
sharp appearance peculiar to this season. -- In the Salmon it is very quickly absorbed af-
ter the process of spawning has been accomplished, and is a provision to supply the loss
from exhaustion during a period when little food or nourishment can be obtained".
1) Welchen Ursachen das Ausbleiben des Lachses in den obengenannten Flüssen, sowie
in anderen Nebenflüssen des Rheins zuzuschreiben ist, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden.
Sehr häufig wird die Dampfschifffahrt angeklagt, welche diese Fische verscheuchen soll;
es ist aber auch möglich, dass eingetretene Versandungen, Correcturen des Flussbettes,
welche an den Mündungen der Nebenflüsse des Rheins vorgenommen worden sind, die
Lachse veranlasst haben, solche Einmündungsstellen zu umgehen.
2) Wenn Perty (Nr. 24: pag. 718) vom Salmo Salar anführt: "nach Herr Dr. Agassiz's
Angabe im Bodensee", so ist dies nicht richtig; in keiner anderen Fischfauna findet sich
der Bodensee als Wohn- oder Fundort des Lachses erwähnt, und von Hartmann (Nr. 38 a:
pag. 146) sowohl wie von Nenning (Nr. 39: pag. 16) wird es bestimmt verneint, dass der
Rheinlachs bei seinen Wanderungen den Rheinfall bei Schaffhausen übersteigen und in den
Bodensee gelangen könne.

Familie: Salmonoidei.
Veränderung der Hautfarben eine auffallende, schwartenartige Verdickung
der Haut des Rückens und der Flossen eintritt, welche sich nach vollbrachtem
Laichgeschäfte sehr schnell wieder verliert.

In der Grösse giebt der Lachs dem Huchen nichts nach,- indem er eine
Länge von einigen Schuhen und eine Schwere von 20 bis 50 Pfund und dar-
über erreichen kann.

Da der Lachs ein Bewohner der Nord- und Ostsee ist, aber die Be-
stimmung hat, seinen Laich im süssen Wasser abzusetzen, so sehen wir die-
sen Seefisch zur Erreichung passender Laichplätze weite Wanderungen die
Flüsse hinauf vornehmen. Auf solchen Reisen gelangen sehr viele Lachse in
den Mittelrhein, streichen aber an Mainz, Speyer und Strassburg vorüber,
ohne hier zu laichen, weil sie höher gelegene Gegenden des Rhein-Gebiets zu
diesem Zwecke aufsuchen müssen. Früher zogen auch Lachse den Main bis
Bamberg und den Neckar bis Heilbronn hinauf, was gegenwärtig nicht mehr
geschieht 1); dagegen wissen noch jetzt viele Lachse bis zu den Quellen der
aus den schweizerischen Alpen herabkommenden Nebenflüsse des Rheins zu
gelangen, indem sie unterwegs die schwierigsten Hindernisse überwinden,
sogar die brausenden, zwischen steilen Felswänden eingeklemmten Katarak-
ten des Rheins bei Laufenburg mit Hülfe ihrer Körperkraft durchsetzen und
nur von dem grossen Rheinfall bei Schaffhausen sich aufhalten lassen 2), wes-
halb es in dem oberhalb des Bodensees fliessenden Oberrhein niemals Lachse
giebt, während diese Fische bis in die dem Vierwaldstädter See, dem Züricher
See und Wallenstädter See zuströmenden Bäche hinaufzudringen wissen.

Von den Nordsee-Lachsen wird aber auch die Weser aufgesucht, bis zu
deren Quellen dieselben hinaufzudringen im Stande sind, was in früheren

»At the same periods do the parts of the head begin to lengthen, the fins to thicken and the
back to shew a more arched outline, from the deposition of a kind of cartilaginous sub-
stance, which at the full development in a fish of the size of our specimen would reach from
half to three quarters of an inch in depth upon the back, and gives that rounded and
sharp appearance peculiar to this season. — In the Salmon it is very quickly absorbed af-
ter the process of spawning has been accomplished, and is a provision to supply the loss
from exhaustion during a period when little food or nourishment can be obtained«.
1) Welchen Ursachen das Ausbleiben des Lachses in den obengenannten Flüssen, sowie
in anderen Nebenflüssen des Rheins zuzuschreiben ist, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden.
Sehr häufig wird die Dampfschifffahrt angeklagt, welche diese Fische verscheuchen soll;
es ist aber auch möglich, dass eingetretene Versandungen, Correcturen des Flussbettes,
welche an den Mündungen der Nebenflüsse des Rheins vorgenommen worden sind, die
Lachse veranlasst haben, solche Einmündungsstellen zu umgehen.
2) Wenn Perty (Nr. 24: pag. 718) vom Salmo Salar anführt: »nach Herr Dr. Agassiz’s
Angabe im Bodensee«, so ist dies nicht richtig; in keiner anderen Fischfauna findet sich
der Bodensee als Wohn- oder Fundort des Lachses erwähnt, und von Hartmann (Nr. 38 a:
pag. 146) sowohl wie von Nenning (Nr. 39: pag. 16) wird es bestimmt verneint, dass der
Rheinlachs bei seinen Wanderungen den Rheinfall bei Schaffhausen übersteigen und in den
Bodensee gelangen könne.
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[296/0309] Familie: Salmonoidei. Veränderung der Hautfarben eine auffallende, schwartenartige Verdickung der Haut des Rückens und der Flossen eintritt, welche sich nach vollbrachtem Laichgeschäfte sehr schnell wieder verliert. In der Grösse giebt der Lachs dem Huchen nichts nach,- indem er eine Länge von einigen Schuhen und eine Schwere von 20 bis 50 Pfund und dar- über erreichen kann. Da der Lachs ein Bewohner der Nord- und Ostsee ist, aber die Be- stimmung hat, seinen Laich im süssen Wasser abzusetzen, so sehen wir die- sen Seefisch zur Erreichung passender Laichplätze weite Wanderungen die Flüsse hinauf vornehmen. Auf solchen Reisen gelangen sehr viele Lachse in den Mittelrhein, streichen aber an Mainz, Speyer und Strassburg vorüber, ohne hier zu laichen, weil sie höher gelegene Gegenden des Rhein-Gebiets zu diesem Zwecke aufsuchen müssen. Früher zogen auch Lachse den Main bis Bamberg und den Neckar bis Heilbronn hinauf, was gegenwärtig nicht mehr geschieht 1); dagegen wissen noch jetzt viele Lachse bis zu den Quellen der aus den schweizerischen Alpen herabkommenden Nebenflüsse des Rheins zu gelangen, indem sie unterwegs die schwierigsten Hindernisse überwinden, sogar die brausenden, zwischen steilen Felswänden eingeklemmten Katarak- ten des Rheins bei Laufenburg mit Hülfe ihrer Körperkraft durchsetzen und nur von dem grossen Rheinfall bei Schaffhausen sich aufhalten lassen 2), wes- halb es in dem oberhalb des Bodensees fliessenden Oberrhein niemals Lachse giebt, während diese Fische bis in die dem Vierwaldstädter See, dem Züricher See und Wallenstädter See zuströmenden Bäche hinaufzudringen wissen. Von den Nordsee-Lachsen wird aber auch die Weser aufgesucht, bis zu deren Quellen dieselben hinaufzudringen im Stande sind, was in früheren 2) 1) Welchen Ursachen das Ausbleiben des Lachses in den obengenannten Flüssen, sowie in anderen Nebenflüssen des Rheins zuzuschreiben ist, konnte bis jetzt nicht ermittelt werden. Sehr häufig wird die Dampfschifffahrt angeklagt, welche diese Fische verscheuchen soll; es ist aber auch möglich, dass eingetretene Versandungen, Correcturen des Flussbettes, welche an den Mündungen der Nebenflüsse des Rheins vorgenommen worden sind, die Lachse veranlasst haben, solche Einmündungsstellen zu umgehen. 2) Wenn Perty (Nr. 24: pag. 718) vom Salmo Salar anführt: »nach Herr Dr. Agassiz’s Angabe im Bodensee«, so ist dies nicht richtig; in keiner anderen Fischfauna findet sich der Bodensee als Wohn- oder Fundort des Lachses erwähnt, und von Hartmann (Nr. 38 a: pag. 146) sowohl wie von Nenning (Nr. 39: pag. 16) wird es bestimmt verneint, dass der Rheinlachs bei seinen Wanderungen den Rheinfall bei Schaffhausen übersteigen und in den Bodensee gelangen könne. 2) »At the same periods do the parts of the head begin to lengthen, the fins to thicken and the back to shew a more arched outline, from the deposition of a kind of cartilaginous sub- stance, which at the full development in a fish of the size of our specimen would reach from half to three quarters of an inch in depth upon the back, and gives that rounded and sharp appearance peculiar to this season. — In the Salmon it is very quickly absorbed af- ter the process of spawning has been accomplished, and is a provision to supply the loss from exhaustion during a period when little food or nourishment can be obtained«.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/309>, abgerufen am 20.04.2024.