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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Trutta.
Das Ausfallen der Vomerzähne beginnt übrigens bei dem gemeinen Lachs
schon sehr früh. Ich habe einen 171/2 Zoll langen Lachs vor mir, auf dessen
Vomerstiel nur noch die vier vordersten Zähne vorhanden sind. Die Flossen
des Lachses zeigen sich lang entwickelt, von denen die nach hinten zurück-
geschlagenen Brustflossen scharf zugespitzt und etwas säbelförmig ge-
krümmt erscheinen. Die Schwanzflosse des Lachses wird durch einen tiefen
Ausschnitt in zwei spitze Lappen getheilt; dieser Ausschnitt verliert sich erst
in höherem Alter. Bei 17 bis 19 Zoll langen Individuen habe ich die Schwanz-
flosse noch deutlich zweilappig gesehen, während bei gleich langen Individuen
anderer Lachsarten die Schwanzflosse keinen Ausschnitt mehr zeigt, sondern
bereits senkrecht abgestutzt erscheint.

Auf dem Rücken besitzt der Lachs eine blaugraue Färbung, während
Seiten und Bauch silberweiss gefärbt sind, nur wenige theils eckige theils
runde schwarze Flecke halten den Rücken und die Seiten desselben besetzt.
Rücken-, Fett- und Schwanzflosse zeigen sich dunkelgrau gefärbt, die übri-
gen Flossen sind im jüngeren Alter blass, im höheren Alter dagegen bald
mehr bald weniger grau pigmentirt. Nur selten kommen bei erwachsenen
Individuen auf der Rückenflosse einzelne runde schwarze Flecke zum Vor-
schein. Diese Färbung und Zeichnung verändert sich auffallend, wenn der
Lachs seinen Meeresaufenthalt verlässt und in die Flüsse hinaufsteigt, um dem
Fortpflanzungsgeschäfte nach zu gehen. Während dieses Aufenthaltes im
süssen Wasser und unter allmählichem Reifwerden der Geschlechtsabsonde-
rungen färben sich die Lachse dunkler und erhalten die männlichen Indivi-
duen an den Leibesseiten sowie auf den Kiemendeckeln häufig rothe Flecke.
Bei ganz alten Männchen entwickelt sich zur Brunstzeit ein prachtvolles Far-
benkleid, indem sich nicht bloss der ganze Bauch purpurroth färbt, sondern
indem auch an den Seiten des Kopfes die rothen Flecke ineinander fliessen
und unregelmässige Zickzacklinien auf bläulichem Grunde darstellen, wäh-
rend die Basis der Afterflosse, der Vorderrand der Bauchflossen so wie der
Ober- und Unterrand der Schwanzflosse ebenfalls einen rothen Anstrich er-
halten 1). Aller dieser Farbenschmuck schwindet wieder, wenn die Laichzeit
vorüber ist und die stark abgemagerten Lachse ihre Rückreise nach dem Meere
antreten. Eine andere Veränderung, welche die Haut des männlichen Lachses
um dieselbe Zeit erleidet, ist von den Ichthyologen fast gänzlich übersehen,
und meines Wissens bis jetzt nur von Jardine erwähnt worden; aus diesen
Beobachtungen geht hervor 2), dass an den Lachsmännchen zugleich mit der

ebenda auf Tafel III. Fig. 6, Tafel V. Fig. 3 f. und Tafel VI. Fig. 1 und 2 f. dargestellten Vo-
merknochen am Vorderende noch einige Zähne erkennen lassen.
1) Einen solchen 16 bis 17 Pfund schweren männlichen Lachs im prachtvollen Hoch-
zeitskleide hat Jardine auf Taf. VII seines grossen Werkes (British Salmonidae) abgebildet.
2) Vergl. dessen: British Salmonidae. Plate VII. Hier heisst es in der Kupfer-Erklärung:

Gattung: Trutta.
Das Ausfallen der Vomerzähne beginnt übrigens bei dem gemeinen Lachs
schon sehr früh. Ich habe einen 17½ Zoll langen Lachs vor mir, auf dessen
Vomerstiel nur noch die vier vordersten Zähne vorhanden sind. Die Flossen
des Lachses zeigen sich lang entwickelt, von denen die nach hinten zurück-
geschlagenen Brustflossen scharf zugespitzt und etwas säbelförmig ge-
krümmt erscheinen. Die Schwanzflosse des Lachses wird durch einen tiefen
Ausschnitt in zwei spitze Lappen getheilt; dieser Ausschnitt verliert sich erst
in höherem Alter. Bei 17 bis 19 Zoll langen Individuen habe ich die Schwanz-
flosse noch deutlich zweilappig gesehen, während bei gleich langen Individuen
anderer Lachsarten die Schwanzflosse keinen Ausschnitt mehr zeigt, sondern
bereits senkrecht abgestutzt erscheint.

Auf dem Rücken besitzt der Lachs eine blaugraue Färbung, während
Seiten und Bauch silberweiss gefärbt sind, nur wenige theils eckige theils
runde schwarze Flecke halten den Rücken und die Seiten desselben besetzt.
Rücken-, Fett- und Schwanzflosse zeigen sich dunkelgrau gefärbt, die übri-
gen Flossen sind im jüngeren Alter blass, im höheren Alter dagegen bald
mehr bald weniger grau pigmentirt. Nur selten kommen bei erwachsenen
Individuen auf der Rückenflosse einzelne runde schwarze Flecke zum Vor-
schein. Diese Färbung und Zeichnung verändert sich auffallend, wenn der
Lachs seinen Meeresaufenthalt verlässt und in die Flüsse hinaufsteigt, um dem
Fortpflanzungsgeschäfte nach zu gehen. Während dieses Aufenthaltes im
süssen Wasser und unter allmählichem Reifwerden der Geschlechtsabsonde-
rungen färben sich die Lachse dunkler und erhalten die männlichen Indivi-
duen an den Leibesseiten sowie auf den Kiemendeckeln häufig rothe Flecke.
Bei ganz alten Männchen entwickelt sich zur Brunstzeit ein prachtvolles Far-
benkleid, indem sich nicht bloss der ganze Bauch purpurroth färbt, sondern
indem auch an den Seiten des Kopfes die rothen Flecke ineinander fliessen
und unregelmässige Zickzacklinien auf bläulichem Grunde darstellen, wäh-
rend die Basis der Afterflosse, der Vorderrand der Bauchflossen so wie der
Ober- und Unterrand der Schwanzflosse ebenfalls einen rothen Anstrich er-
halten 1). Aller dieser Farbenschmuck schwindet wieder, wenn die Laichzeit
vorüber ist und die stark abgemagerten Lachse ihre Rückreise nach dem Meere
antreten. Eine andere Veränderung, welche die Haut des männlichen Lachses
um dieselbe Zeit erleidet, ist von den Ichthyologen fast gänzlich übersehen,
und meines Wissens bis jetzt nur von Jardine erwähnt worden; aus diesen
Beobachtungen geht hervor 2), dass an den Lachsmännchen zugleich mit der

ebenda auf Tafel III. Fig. 6, Tafel V. Fig. 3 f. und Tafel VI. Fig. 1 und 2 f. dargestellten Vo-
merknochen am Vorderende noch einige Zähne erkennen lassen.
1) Einen solchen 16 bis 17 Pfund schweren männlichen Lachs im prachtvollen Hoch-
zeitskleide hat Jardine auf Taf. VII seines grossen Werkes (British Salmonidae) abgebildet.
2) Vergl. dessen: British Salmonidae. Plate VII. Hier heisst es in der Kupfer-Erklärung:
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[295/0308] Gattung: Trutta. Das Ausfallen der Vomerzähne beginnt übrigens bei dem gemeinen Lachs schon sehr früh. Ich habe einen 17½ Zoll langen Lachs vor mir, auf dessen Vomerstiel nur noch die vier vordersten Zähne vorhanden sind. Die Flossen des Lachses zeigen sich lang entwickelt, von denen die nach hinten zurück- geschlagenen Brustflossen scharf zugespitzt und etwas säbelförmig ge- krümmt erscheinen. Die Schwanzflosse des Lachses wird durch einen tiefen Ausschnitt in zwei spitze Lappen getheilt; dieser Ausschnitt verliert sich erst in höherem Alter. Bei 17 bis 19 Zoll langen Individuen habe ich die Schwanz- flosse noch deutlich zweilappig gesehen, während bei gleich langen Individuen anderer Lachsarten die Schwanzflosse keinen Ausschnitt mehr zeigt, sondern bereits senkrecht abgestutzt erscheint. Auf dem Rücken besitzt der Lachs eine blaugraue Färbung, während Seiten und Bauch silberweiss gefärbt sind, nur wenige theils eckige theils runde schwarze Flecke halten den Rücken und die Seiten desselben besetzt. Rücken-, Fett- und Schwanzflosse zeigen sich dunkelgrau gefärbt, die übri- gen Flossen sind im jüngeren Alter blass, im höheren Alter dagegen bald mehr bald weniger grau pigmentirt. Nur selten kommen bei erwachsenen Individuen auf der Rückenflosse einzelne runde schwarze Flecke zum Vor- schein. Diese Färbung und Zeichnung verändert sich auffallend, wenn der Lachs seinen Meeresaufenthalt verlässt und in die Flüsse hinaufsteigt, um dem Fortpflanzungsgeschäfte nach zu gehen. Während dieses Aufenthaltes im süssen Wasser und unter allmählichem Reifwerden der Geschlechtsabsonde- rungen färben sich die Lachse dunkler und erhalten die männlichen Indivi- duen an den Leibesseiten sowie auf den Kiemendeckeln häufig rothe Flecke. Bei ganz alten Männchen entwickelt sich zur Brunstzeit ein prachtvolles Far- benkleid, indem sich nicht bloss der ganze Bauch purpurroth färbt, sondern indem auch an den Seiten des Kopfes die rothen Flecke ineinander fliessen und unregelmässige Zickzacklinien auf bläulichem Grunde darstellen, wäh- rend die Basis der Afterflosse, der Vorderrand der Bauchflossen so wie der Ober- und Unterrand der Schwanzflosse ebenfalls einen rothen Anstrich er- halten 1). Aller dieser Farbenschmuck schwindet wieder, wenn die Laichzeit vorüber ist und die stark abgemagerten Lachse ihre Rückreise nach dem Meere antreten. Eine andere Veränderung, welche die Haut des männlichen Lachses um dieselbe Zeit erleidet, ist von den Ichthyologen fast gänzlich übersehen, und meines Wissens bis jetzt nur von Jardine erwähnt worden; aus diesen Beobachtungen geht hervor 2), dass an den Lachsmännchen zugleich mit der 1) 1) Einen solchen 16 bis 17 Pfund schweren männlichen Lachs im prachtvollen Hoch- zeitskleide hat Jardine auf Taf. VII seines grossen Werkes (British Salmonidae) abgebildet. 2) Vergl. dessen: British Salmonidae. Plate VII. Hier heisst es in der Kupfer-Erklärung: 1) ebenda auf Tafel III. Fig. 6, Tafel V. Fig. 3 f. und Tafel VI. Fig. 1 und 2 f. dargestellten Vo- merknochen am Vorderende noch einige Zähne erkennen lassen.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/308>, abgerufen am 29.03.2024.