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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Salmonoidei.
und die hintere Platte (chevron nach Valenciennes) zahnlos sein, es können
aber auch beide Vomerplatten zugleich mit Zähnen bewaffnet sein. Der erste
Fall gilt als Hauptkennzeichen der Gattung Salmo (Valenc.), im zweiten Falle
können die Zähne auf dem Stiel des Vomer, entweder in einer einfachen
Längsreihe stehen, wodurch die Gattung Fario gebildet wird, oder sie kön-
nen in doppelter Längsreihe stehen, woraus die Gattung Salar hervorgehen
soll. Ich habe mir vergeblich die grösste Mühe gegeben, nach diesen Unter-
scheidungsmerkmalen die verschiedenen vielzähnigen Salmoneer zu bestim-
men, worüber ich mich nicht wundern konnte, da auch Heckel 1) eingestand.
dass Fario und Salar von Salmo scharf verschieden sei, dass aber der Unter-
schied zwischen Fario und Salar weniger scharf hervortrete. Indem ich nun
diese Eintheilung der vielzähnigen Salmoneer fallen lasse, stehe ich in dieser
Beziehung nicht allein da, denn sowohl schwedische und dänische, sowie
englische Ichthyologen haben jene Gattungen des Valenciennes als unhaltbar
zurückgewiesen 2). Sie berufen sich auf die längst bekannte Erfahrung,
welche von Valenciennes und Heckel gänzlich unbeachtet geblieben ist, dass
nämlich bei denjenigen Lachsformen, deren Vomerstiel mit Zähnen besetzt
ist, junge Individuen eine viel grössere Zahl von Vomerzähnen und viel voll-
ständigere Zahnreihen auf dem Vomerstiel tragen als die älteren Individuen,
bei denen die Zähne des Vomerstiels von hinten nach vorn allmählich ver-
loren gehen und im höheren Alter nicht selten sämmtlich verschwinden.
Aus diesen Umständen ist es erklärlich, dass das Bestimmen und Feststellen
dieser Lachsarten nach der Zahl und Anordnung der Vomerzähne durchaus
unmöglich ist. In späterer Zeit hat Heckel diese Unsicherheit in der Ab-
grenzung der vielzähnigen Salmoniden-Gattungen ebenfalls empfunden und
(Nr. 13: pag. 247) auf die Täuschungen aufmerksam gemacht, welche die
längs des Vomerstiels aufsitzenden Zähne hervorrufen können, indem sie in
gewissen Fällen, obwohl einreihig gestellt, abwechselnd nach rechts und
links gebogen sein können und so in einer Doppelreihe zu stehen scheinen,
oder indem sie in einer Zickzacklinie stehend es zweifelhaft machen, ob sie
in einer solchen Stellung als doppelreihig oder einreihig genommen werden
sollen, oder endlich indem die vorderen Zähne des Vomerstiels in einer
einfachen Reihe, die hinteren Zähne desselben dagegen in einer Doppelreihe
stehen können, wodurch die Entscheidung, ob eine Art der Gattung Salar
oder Fario beizuzählen sei, sehr schwierig werde. Ich gehe noch weiter und
füge hinzu, dass bei dieser Bestimmungsweise sogar Salmo von Salar und
Fario nicht gehörig hat unterschieden werden können, da, wie ich später zei-

1) Vergl. dessen Reisebericht a. a. O. Anhang II. pag. 80.
2) Man vergleiche hierüber die ichthyologischen Schriften von Nilsson, Kröyer,
Jardine, Yarrel
u. a.

Familie: Salmonoidei.
und die hintere Platte (chevron nach Valenciennes) zahnlos sein, es können
aber auch beide Vomerplatten zugleich mit Zähnen bewaffnet sein. Der erste
Fall gilt als Hauptkennzeichen der Gattung Salmo (Valenc.), im zweiten Falle
können die Zähne auf dem Stiel des Vomer, entweder in einer einfachen
Längsreihe stehen, wodurch die Gattung Fario gebildet wird, oder sie kön-
nen in doppelter Längsreihe stehen, woraus die Gattung Salar hervorgehen
soll. Ich habe mir vergeblich die grösste Mühe gegeben, nach diesen Unter-
scheidungsmerkmalen die verschiedenen vielzähnigen Salmoneer zu bestim-
men, worüber ich mich nicht wundern konnte, da auch Heckel 1) eingestand.
dass Fario und Salar von Salmo scharf verschieden sei, dass aber der Unter-
schied zwischen Fario und Salar weniger scharf hervortrete. Indem ich nun
diese Eintheilung der vielzähnigen Salmoneer fallen lasse, stehe ich in dieser
Beziehung nicht allein da, denn sowohl schwedische und dänische, sowie
englische Ichthyologen haben jene Gattungen des Valenciennes als unhaltbar
zurückgewiesen 2). Sie berufen sich auf die längst bekannte Erfahrung,
welche von Valenciennes und Heckel gänzlich unbeachtet geblieben ist, dass
nämlich bei denjenigen Lachsformen, deren Vomerstiel mit Zähnen besetzt
ist, junge Individuen eine viel grössere Zahl von Vomerzähnen und viel voll-
ständigere Zahnreihen auf dem Vomerstiel tragen als die älteren Individuen,
bei denen die Zähne des Vomerstiels von hinten nach vorn allmählich ver-
loren gehen und im höheren Alter nicht selten sämmtlich verschwinden.
Aus diesen Umständen ist es erklärlich, dass das Bestimmen und Feststellen
dieser Lachsarten nach der Zahl und Anordnung der Vomerzähne durchaus
unmöglich ist. In späterer Zeit hat Heckel diese Unsicherheit in der Ab-
grenzung der vielzähnigen Salmoniden-Gattungen ebenfalls empfunden und
(Nr. 13: pag. 247) auf die Täuschungen aufmerksam gemacht, welche die
längs des Vomerstiels aufsitzenden Zähne hervorrufen können, indem sie in
gewissen Fällen, obwohl einreihig gestellt, abwechselnd nach rechts und
links gebogen sein können und so in einer Doppelreihe zu stehen scheinen,
oder indem sie in einer Zickzacklinie stehend es zweifelhaft machen, ob sie
in einer solchen Stellung als doppelreihig oder einreihig genommen werden
sollen, oder endlich indem die vorderen Zähne des Vomerstiels in einer
einfachen Reihe, die hinteren Zähne desselben dagegen in einer Doppelreihe
stehen können, wodurch die Entscheidung, ob eine Art der Gattung Salar
oder Fario beizuzählen sei, sehr schwierig werde. Ich gehe noch weiter und
füge hinzu, dass bei dieser Bestimmungsweise sogar Salmo von Salar und
Fario nicht gehörig hat unterschieden werden können, da, wie ich später zei-

1) Vergl. dessen Reisebericht a. a. O. Anhang II. pag. 80.
2) Man vergleiche hierüber die ichthyologischen Schriften von Nilsson, Krøyer,
Jardine, Yarrel
u. a.
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[278/0291] Familie: Salmonoidei. und die hintere Platte (chevron nach Valenciennes) zahnlos sein, es können aber auch beide Vomerplatten zugleich mit Zähnen bewaffnet sein. Der erste Fall gilt als Hauptkennzeichen der Gattung Salmo (Valenc.), im zweiten Falle können die Zähne auf dem Stiel des Vomer, entweder in einer einfachen Längsreihe stehen, wodurch die Gattung Fario gebildet wird, oder sie kön- nen in doppelter Längsreihe stehen, woraus die Gattung Salar hervorgehen soll. Ich habe mir vergeblich die grösste Mühe gegeben, nach diesen Unter- scheidungsmerkmalen die verschiedenen vielzähnigen Salmoneer zu bestim- men, worüber ich mich nicht wundern konnte, da auch Heckel 1) eingestand. dass Fario und Salar von Salmo scharf verschieden sei, dass aber der Unter- schied zwischen Fario und Salar weniger scharf hervortrete. Indem ich nun diese Eintheilung der vielzähnigen Salmoneer fallen lasse, stehe ich in dieser Beziehung nicht allein da, denn sowohl schwedische und dänische, sowie englische Ichthyologen haben jene Gattungen des Valenciennes als unhaltbar zurückgewiesen 2). Sie berufen sich auf die längst bekannte Erfahrung, welche von Valenciennes und Heckel gänzlich unbeachtet geblieben ist, dass nämlich bei denjenigen Lachsformen, deren Vomerstiel mit Zähnen besetzt ist, junge Individuen eine viel grössere Zahl von Vomerzähnen und viel voll- ständigere Zahnreihen auf dem Vomerstiel tragen als die älteren Individuen, bei denen die Zähne des Vomerstiels von hinten nach vorn allmählich ver- loren gehen und im höheren Alter nicht selten sämmtlich verschwinden. Aus diesen Umständen ist es erklärlich, dass das Bestimmen und Feststellen dieser Lachsarten nach der Zahl und Anordnung der Vomerzähne durchaus unmöglich ist. In späterer Zeit hat Heckel diese Unsicherheit in der Ab- grenzung der vielzähnigen Salmoniden-Gattungen ebenfalls empfunden und (Nr. 13: pag. 247) auf die Täuschungen aufmerksam gemacht, welche die längs des Vomerstiels aufsitzenden Zähne hervorrufen können, indem sie in gewissen Fällen, obwohl einreihig gestellt, abwechselnd nach rechts und links gebogen sein können und so in einer Doppelreihe zu stehen scheinen, oder indem sie in einer Zickzacklinie stehend es zweifelhaft machen, ob sie in einer solchen Stellung als doppelreihig oder einreihig genommen werden sollen, oder endlich indem die vorderen Zähne des Vomerstiels in einer einfachen Reihe, die hinteren Zähne desselben dagegen in einer Doppelreihe stehen können, wodurch die Entscheidung, ob eine Art der Gattung Salar oder Fario beizuzählen sei, sehr schwierig werde. Ich gehe noch weiter und füge hinzu, dass bei dieser Bestimmungsweise sogar Salmo von Salar und Fario nicht gehörig hat unterschieden werden können, da, wie ich später zei- 1) Vergl. dessen Reisebericht a. a. O. Anhang II. pag. 80. 2) Man vergleiche hierüber die ichthyologischen Schriften von Nilsson, Krøyer, Jardine, Yarrel u. a.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/291>, abgerufen am 28.03.2024.