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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Gattung: Coregonus.
bisher nur von Rapp allein beobachtet und beschrieben worden ist, besteht
aus den bereits erwähnten weissen und länglichen Erhöhungen, welche sich
ober- und unterhalb der beiden Seitenlinien auf den einzelnen Schuppen
entwickeln und später wieder verschwinden, indem sie, wie alle diese
Epithelium-Verdichtungen leicht abfallen; wenn daher Heckel und Kner
(Nr. 13: pag. 237) beschreiben, wie sich die Renken zur Laichzeit in grossen
Schaaren dicht aneinanderdrängen und derart ihre Schuppen gegenseitig ab-
reiben, dass diese weite Strecken des Wasserspiegels überdecken, so können
damit wohl nicht die Schuppen selbst, sondern wohl nur abgeriebene Theile
jener Epithel-Verdichtungen gemeint sein, da Schuppen vermöge ihrer
Schwere im Wasser schnell zu Boden sinken. Es behalten die Renken, nach-
dem sie ausgelaicht, noch eine zeitlang an ihren Körperseiten ein eigenthüm-
liches, querstreifiges Aussehen, indem die abgefallenen Hautverdichtungen
an den Schuppen, auf denen sie aufgesessen, einen matten Glanz zurücklassen.

Aus den von mir aufgeführten Synonymen wird man entnehmen können,
dass die verschiedenen, die Seen der Alpen und Voralpen bewohnenden For-
men des Coreg. Lavaretus in den ichthyologischen Schriften als besondere
Arten abgehandelt worden sind. Zuerst muss hervorgehoben werden, dass
der Coreg. Albula (Salmo Maraenula des Bloch) der Seen des nordöstlichen
Deutschlands in den Seen von Süddeutschland und der Schweiz ganz fehlt,
dass aber dennoch mehrere Ichthyologen einen Coregonus aus diesen Seen mit
Bloch's kleiner Maräne identificirt haben, wodurch die erste Veranlassung
zur Verwirrung der Coregonus-Arten gegeben wurde, während Bloch selbst
die kleine Maräne (seinen Salmo Maraenula) und den Blaufelchen (seinen
Salmo Wartmanni) als zwei besondere Arten sehr gut auseinandergehalten
hat. Aus Hartmann's Beschreibung von S. Maraenula geht hervor, dass er
die Renke von 81/2 Zoll als Gangfisch mit der kleinen Maräne verwechselt hat,
worin ihm Nenning und sogar Schinz gefolgt ist, welcher letztere in seiner
europäischen Fauna 1) den Coreg. Maraenula als Bewohner der Schweizerseen
ganz ebenso wie Hartmann beschreibt, ohne überhaupt Bloch's norddeutsche
kleine Maräne in der genannten europäischen Fauna aufzuführen. Auch
Schinz schreibt wie Hartmann und Nenning diesem schweizerischen Coreg.
Maraenula
einen etwas vorragenden Unterkiefer zu, obgleich es gar keine
Coregonus-Form im südlichen Theile von Mitteleuropa giebt, deren Unter-
kiefer auch nur in etwas vor dem Oberkiefer hervorragt. Durch den von
Gesner 2) zuerst erwähnten "Hägling" des Zürichsee sind die Coregonus-Arten

1) Vergl. Schinz: Europäische Fauna oder Verzeichniss der Wirbelthiere Europa's.
Stuttgart, 1840. Bd. II. pag. 355.
2) S. dessen: Histor. animal. Lib. IV. (Tiguri, 1558) pag. 39. oder dessen: Fischbuch
(Zürich, 1575) pag. 189.

Gattung: Coregonus.
bisher nur von Rapp allein beobachtet und beschrieben worden ist, besteht
aus den bereits erwähnten weissen und länglichen Erhöhungen, welche sich
ober- und unterhalb der beiden Seitenlinien auf den einzelnen Schuppen
entwickeln und später wieder verschwinden, indem sie, wie alle diese
Epithelium-Verdichtungen leicht abfallen; wenn daher Heckel und Kner
(Nr. 13: pag. 237) beschreiben, wie sich die Renken zur Laichzeit in grossen
Schaaren dicht aneinanderdrängen und derart ihre Schuppen gegenseitig ab-
reiben, dass diese weite Strecken des Wasserspiegels überdecken, so können
damit wohl nicht die Schuppen selbst, sondern wohl nur abgeriebene Theile
jener Epithel-Verdichtungen gemeint sein, da Schuppen vermöge ihrer
Schwere im Wasser schnell zu Boden sinken. Es behalten die Renken, nach-
dem sie ausgelaicht, noch eine zeitlang an ihren Körperseiten ein eigenthüm-
liches, querstreifiges Aussehen, indem die abgefallenen Hautverdichtungen
an den Schuppen, auf denen sie aufgesessen, einen matten Glanz zurücklassen.

Aus den von mir aufgeführten Synonymen wird man entnehmen können,
dass die verschiedenen, die Seen der Alpen und Voralpen bewohnenden For-
men des Coreg. Lavaretus in den ichthyologischen Schriften als besondere
Arten abgehandelt worden sind. Zuerst muss hervorgehoben werden, dass
der Coreg. Albula (Salmo Maraenula des Bloch) der Seen des nordöstlichen
Deutschlands in den Seen von Süddeutschland und der Schweiz ganz fehlt,
dass aber dennoch mehrere Ichthyologen einen Coregonus aus diesen Seen mit
Bloch’s kleiner Maräne identificirt haben, wodurch die erste Veranlassung
zur Verwirrung der Coregonus-Arten gegeben wurde, während Bloch selbst
die kleine Maräne (seinen Salmo Maraenula) und den Blaufelchen (seinen
Salmo Wartmanni) als zwei besondere Arten sehr gut auseinandergehalten
hat. Aus Hartmann’s Beschreibung von S. Maraenula geht hervor, dass er
die Renke von 8½ Zoll als Gangfisch mit der kleinen Maräne verwechselt hat,
worin ihm Nenning und sogar Schinz gefolgt ist, welcher letztere in seiner
europäischen Fauna 1) den Coreg. Maraenula als Bewohner der Schweizerseen
ganz ebenso wie Hartmann beschreibt, ohne überhaupt Bloch’s norddeutsche
kleine Maräne in der genannten europäischen Fauna aufzuführen. Auch
Schinz schreibt wie Hartmann und Nenning diesem schweizerischen Coreg.
Maraenula
einen etwas vorragenden Unterkiefer zu, obgleich es gar keine
Coregonus-Form im südlichen Theile von Mitteleuropa giebt, deren Unter-
kiefer auch nur in etwas vor dem Oberkiefer hervorragt. Durch den von
Gesner 2) zuerst erwähnten »Hägling« des Zürichsee sind die Coregonus-Arten

1) Vergl. Schinz: Europäische Fauna oder Verzeichniss der Wirbelthiere Europa’s.
Stuttgart, 1840. Bd. II. pag. 355.
2) S. dessen: Histor. animal. Lib. IV. (Tiguri, 1558) pag. 39. oder dessen: Fischbuch
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[247/0260] Gattung: Coregonus. bisher nur von Rapp allein beobachtet und beschrieben worden ist, besteht aus den bereits erwähnten weissen und länglichen Erhöhungen, welche sich ober- und unterhalb der beiden Seitenlinien auf den einzelnen Schuppen entwickeln und später wieder verschwinden, indem sie, wie alle diese Epithelium-Verdichtungen leicht abfallen; wenn daher Heckel und Kner (Nr. 13: pag. 237) beschreiben, wie sich die Renken zur Laichzeit in grossen Schaaren dicht aneinanderdrängen und derart ihre Schuppen gegenseitig ab- reiben, dass diese weite Strecken des Wasserspiegels überdecken, so können damit wohl nicht die Schuppen selbst, sondern wohl nur abgeriebene Theile jener Epithel-Verdichtungen gemeint sein, da Schuppen vermöge ihrer Schwere im Wasser schnell zu Boden sinken. Es behalten die Renken, nach- dem sie ausgelaicht, noch eine zeitlang an ihren Körperseiten ein eigenthüm- liches, querstreifiges Aussehen, indem die abgefallenen Hautverdichtungen an den Schuppen, auf denen sie aufgesessen, einen matten Glanz zurücklassen. Aus den von mir aufgeführten Synonymen wird man entnehmen können, dass die verschiedenen, die Seen der Alpen und Voralpen bewohnenden For- men des Coreg. Lavaretus in den ichthyologischen Schriften als besondere Arten abgehandelt worden sind. Zuerst muss hervorgehoben werden, dass der Coreg. Albula (Salmo Maraenula des Bloch) der Seen des nordöstlichen Deutschlands in den Seen von Süddeutschland und der Schweiz ganz fehlt, dass aber dennoch mehrere Ichthyologen einen Coregonus aus diesen Seen mit Bloch’s kleiner Maräne identificirt haben, wodurch die erste Veranlassung zur Verwirrung der Coregonus-Arten gegeben wurde, während Bloch selbst die kleine Maräne (seinen Salmo Maraenula) und den Blaufelchen (seinen Salmo Wartmanni) als zwei besondere Arten sehr gut auseinandergehalten hat. Aus Hartmann’s Beschreibung von S. Maraenula geht hervor, dass er die Renke von 8½ Zoll als Gangfisch mit der kleinen Maräne verwechselt hat, worin ihm Nenning und sogar Schinz gefolgt ist, welcher letztere in seiner europäischen Fauna 1) den Coreg. Maraenula als Bewohner der Schweizerseen ganz ebenso wie Hartmann beschreibt, ohne überhaupt Bloch’s norddeutsche kleine Maräne in der genannten europäischen Fauna aufzuführen. Auch Schinz schreibt wie Hartmann und Nenning diesem schweizerischen Coreg. Maraenula einen etwas vorragenden Unterkiefer zu, obgleich es gar keine Coregonus-Form im südlichen Theile von Mitteleuropa giebt, deren Unter- kiefer auch nur in etwas vor dem Oberkiefer hervorragt. Durch den von Gesner 2) zuerst erwähnten »Hägling« des Zürichsee sind die Coregonus-Arten 1) Vergl. Schinz: Europäische Fauna oder Verzeichniss der Wirbelthiere Europa’s. Stuttgart, 1840. Bd. II. pag. 355. 2) S. dessen: Histor. animal. Lib. IV. (Tiguri, 1558) pag. 39. oder dessen: Fischbuch (Zürich, 1575) pag. 189.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/260>, abgerufen am 29.03.2024.