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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Salmonoidei.
rande der Augen bis zum queren Theil des Oberkieferrandes gemessen fällt
mit der Breite der Stirne, zwischen beiden Augen gemessen, zusammen. Der
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[Abbildung] Fig. 46.


Kopf von der Seite.

abgestutzte und ziemlich niedrige Schnauzentheil der ge-
meinen Renke wird von den senkrecht stehenden Zwi-
schenkiefern gebildet, welche sehr beweglich sind und bei
dem weiten Oeffnen des Maules ihren freien Unterrand so
nach vorn erheben können, dass sich, von der Seite be-
trachtet, das Profil der Stirne ohne Unterbrechung auf
den Zwischenkiefern bis zu ihrem freien Rande fortsetzt.
Die beiden länglichen Oberkiefer, welche, wie bei allen Coregonen-Arten, mit
den Zwischenkiefern eine scharfe Ecke bilden und die Seiten der Schnauze
einnehmen, ragen mit ihrem abgerundeten Hinterrande bis unter den Vorder-
rand der grossen Augäpfel. Die mittelgrossen Schuppen stehen oberhalb der
Seitenlinie in 9 bis 10 Längsreihen und unterhalb derselben in 8 bis 9 Längs-
reihen. Auf der Seitenlinie selbst lassen sich 83 bis 95 Schuppen zählen.
Die Länge des Kopfes (Cephalothorax) ist in der übrigen Länge des Körpers
4 Mal enthalten. Die Flossen sind meistens nur mässig lang entwickelt. Nach
vorn umgeschlagen erreichen die Brustflossen mit ihren Spitzen nicht die
Querspalte des Mauls.

Ich muss hier ausdrücklich bemerken, dass diese Formen-Verhältnisse
durchaus nicht immer so constant ausgeprägt sind; am meisten stimmen die
jüngeren Individuen der gemeinen Renke mit obiger Beschreibung überein.
Bei grösserem Auswachsen dieser Fische bleiben sich die angegebenen Verhält-
nisse der Maasse und Umrisse nicht gleich, namentlich verändern sich die For-
men der Schnauze und des Schwanzes in der Art, dass beide im höheren Al-
ter der Renke bei weitem nicht mehr so schlank und dünn erscheinen, wie an
jüngeren Individuen. Bei manchen Renken erscheint der Hautüberzug des
Schnauzenendes mehr oder weniger angeschwollen und gedunsen, wodurch
dasselbe nicht wie sonst eine eckig abgestutzte, sondern eine abgerundete
Form erhält. Ich glaube, dass sogar diese abgerundete Schnauzenform als
der gewöhnliche normale Zustand der Renke anzusehen ist, indem an den aus
dem Wasser genommenen Renken durch Verdunstung und Einschrumpfung
die abgerundete Schnauze später die bekannte eckige Gestalt erhält.

Auch in der Färbung variiren die Renken nach Alter und Aufenthaltsort.
Der Rücken derselben, sowie die sämmtlichen Flossen zeigen eine blau-
schwarze Pigmentirung, während die Leibesseiten und der Bauch silberweiss
glänzen; es tritt aber nur bei grösser ausgewachsenen Individuen die dunkel-
körnige Pigmentirung in stärkerer Ausbreitung und Intensität auf, weshalb
solchen grossen, dunkelgefärbten Renken am Bodensee der Volksname "Blau-
felchen" beigelegt wird. An halberwachsenen Individuen ist die Basis der
Flossen pigmentlos und an noch jüngeren Individuen zeigen sich die Flossen

Familie: Salmonoidei.
rande der Augen bis zum queren Theil des Oberkieferrandes gemessen fällt
mit der Breite der Stirne, zwischen beiden Augen gemessen, zusammen. Der
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[Abbildung] Fig. 46.


Kopf von der Seite.

abgestutzte und ziemlich niedrige Schnauzentheil der ge-
meinen Renke wird von den senkrecht stehenden Zwi-
schenkiefern gebildet, welche sehr beweglich sind und bei
dem weiten Oeffnen des Maules ihren freien Unterrand so
nach vorn erheben können, dass sich, von der Seite be-
trachtet, das Profil der Stirne ohne Unterbrechung auf
den Zwischenkiefern bis zu ihrem freien Rande fortsetzt.
Die beiden länglichen Oberkiefer, welche, wie bei allen Coregonen-Arten, mit
den Zwischenkiefern eine scharfe Ecke bilden und die Seiten der Schnauze
einnehmen, ragen mit ihrem abgerundeten Hinterrande bis unter den Vorder-
rand der grossen Augäpfel. Die mittelgrossen Schuppen stehen oberhalb der
Seitenlinie in 9 bis 10 Längsreihen und unterhalb derselben in 8 bis 9 Längs-
reihen. Auf der Seitenlinie selbst lassen sich 83 bis 95 Schuppen zählen.
Die Länge des Kopfes (Cephalothorax) ist in der übrigen Länge des Körpers
4 Mal enthalten. Die Flossen sind meistens nur mässig lang entwickelt. Nach
vorn umgeschlagen erreichen die Brustflossen mit ihren Spitzen nicht die
Querspalte des Mauls.

Ich muss hier ausdrücklich bemerken, dass diese Formen-Verhältnisse
durchaus nicht immer so constant ausgeprägt sind; am meisten stimmen die
jüngeren Individuen der gemeinen Renke mit obiger Beschreibung überein.
Bei grösserem Auswachsen dieser Fische bleiben sich die angegebenen Verhält-
nisse der Maasse und Umrisse nicht gleich, namentlich verändern sich die For-
men der Schnauze und des Schwanzes in der Art, dass beide im höheren Al-
ter der Renke bei weitem nicht mehr so schlank und dünn erscheinen, wie an
jüngeren Individuen. Bei manchen Renken erscheint der Hautüberzug des
Schnauzenendes mehr oder weniger angeschwollen und gedunsen, wodurch
dasselbe nicht wie sonst eine eckig abgestutzte, sondern eine abgerundete
Form erhält. Ich glaube, dass sogar diese abgerundete Schnauzenform als
der gewöhnliche normale Zustand der Renke anzusehen ist, indem an den aus
dem Wasser genommenen Renken durch Verdunstung und Einschrumpfung
die abgerundete Schnauze später die bekannte eckige Gestalt erhält.

Auch in der Färbung variiren die Renken nach Alter und Aufenthaltsort.
Der Rücken derselben, sowie die sämmtlichen Flossen zeigen eine blau-
schwarze Pigmentirung, während die Leibesseiten und der Bauch silberweiss
glänzen; es tritt aber nur bei grösser ausgewachsenen Individuen die dunkel-
körnige Pigmentirung in stärkerer Ausbreitung und Intensität auf, weshalb
solchen grossen, dunkelgefärbten Renken am Bodensee der Volksname »Blau-
felchen« beigelegt wird. An halberwachsenen Individuen ist die Basis der
Flossen pigmentlos und an noch jüngeren Individuen zeigen sich die Flossen

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[244/0257] Familie: Salmonoidei. rande der Augen bis zum queren Theil des Oberkieferrandes gemessen fällt mit der Breite der Stirne, zwischen beiden Augen gemessen, zusammen. Der [Abbildung] [Abbildung Fig. 46. Kopf von der Seite.] abgestutzte und ziemlich niedrige Schnauzentheil der ge- meinen Renke wird von den senkrecht stehenden Zwi- schenkiefern gebildet, welche sehr beweglich sind und bei dem weiten Oeffnen des Maules ihren freien Unterrand so nach vorn erheben können, dass sich, von der Seite be- trachtet, das Profil der Stirne ohne Unterbrechung auf den Zwischenkiefern bis zu ihrem freien Rande fortsetzt. Die beiden länglichen Oberkiefer, welche, wie bei allen Coregonen-Arten, mit den Zwischenkiefern eine scharfe Ecke bilden und die Seiten der Schnauze einnehmen, ragen mit ihrem abgerundeten Hinterrande bis unter den Vorder- rand der grossen Augäpfel. Die mittelgrossen Schuppen stehen oberhalb der Seitenlinie in 9 bis 10 Längsreihen und unterhalb derselben in 8 bis 9 Längs- reihen. Auf der Seitenlinie selbst lassen sich 83 bis 95 Schuppen zählen. Die Länge des Kopfes (Cephalothorax) ist in der übrigen Länge des Körpers 4 Mal enthalten. Die Flossen sind meistens nur mässig lang entwickelt. Nach vorn umgeschlagen erreichen die Brustflossen mit ihren Spitzen nicht die Querspalte des Mauls. Ich muss hier ausdrücklich bemerken, dass diese Formen-Verhältnisse durchaus nicht immer so constant ausgeprägt sind; am meisten stimmen die jüngeren Individuen der gemeinen Renke mit obiger Beschreibung überein. Bei grösserem Auswachsen dieser Fische bleiben sich die angegebenen Verhält- nisse der Maasse und Umrisse nicht gleich, namentlich verändern sich die For- men der Schnauze und des Schwanzes in der Art, dass beide im höheren Al- ter der Renke bei weitem nicht mehr so schlank und dünn erscheinen, wie an jüngeren Individuen. Bei manchen Renken erscheint der Hautüberzug des Schnauzenendes mehr oder weniger angeschwollen und gedunsen, wodurch dasselbe nicht wie sonst eine eckig abgestutzte, sondern eine abgerundete Form erhält. Ich glaube, dass sogar diese abgerundete Schnauzenform als der gewöhnliche normale Zustand der Renke anzusehen ist, indem an den aus dem Wasser genommenen Renken durch Verdunstung und Einschrumpfung die abgerundete Schnauze später die bekannte eckige Gestalt erhält. Auch in der Färbung variiren die Renken nach Alter und Aufenthaltsort. Der Rücken derselben, sowie die sämmtlichen Flossen zeigen eine blau- schwarze Pigmentirung, während die Leibesseiten und der Bauch silberweiss glänzen; es tritt aber nur bei grösser ausgewachsenen Individuen die dunkel- körnige Pigmentirung in stärkerer Ausbreitung und Intensität auf, weshalb solchen grossen, dunkelgefärbten Renken am Bodensee der Volksname »Blau- felchen« beigelegt wird. An halberwachsenen Individuen ist die Basis der Flossen pigmentlos und an noch jüngeren Individuen zeigen sich die Flossen

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/257>, abgerufen am 23.04.2024.