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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Cyprinoidei.
[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 44.


Schlundknochen.
b. Ausgeschnittener Vorderrand des Flü-
gels. (An dem einen Schlundknochen ist
der hintere nach oben umgebogene Fort-
satz weggelassen, um die Zähne nicht zu
verdecken.)

Schlundknochentheils geht nicht gerade,
sondern mit einer buckelförmigen Aus-
biegung in den vorderen Knochenfortsatz
über. Die vorderen Zähne ragen aus den
Schlundknochen in einer nur wenig schrä-
gen Richtung hervor, wobei der vorderste
Zahn, der sich selten angeschliffen zeigt,
mit dem zahnlosen Innenrande des vor-
deren Knochenfortsatzes statt, wie bei
den übrigen Chondrostoma-Arten einen
sehr spitzen Winkel zu bilden, einen fast
rechten Winkel darstellt. Unter den acht-
zehn Exemplaren des Näsling, die mir
aus der Donau, dem Inn und der Isar zur
Untersuchung vorlagen, habe ich nur fünf Individuen gezählt, auf deren bei-
den Schlundknochen die gleiche Anzahl von fünf Zähnen angebracht war.

In der Färbung erinnert der Näsling auffallend an Telestes Agassizii.
Sein Rücken zeigt eine schmutzig hellgraue Farbe, Seiten und Bauch sind
dagegen weiss gefärbt. Ein Silberglanz breitet sich über den ganzen Körper
aus, derselbe nimmt jedoch auf dem Rücken einen Stich ins Blaue und gegen
den Bauch hin einen Stich ins Messinggelbe an. Eine schwarzpigmentirte
Seitenbinde verläuft vom Hinterkopfe bis zum Schwanze. Sämmtliche Flossen
sind an ihrer Einlenkung orangengelb gefärbt und besitzen in ihrer Mitte einen
röthlichen Spiegel, welcher an der Rücken- und Schwanzflosse durch
schwarzkörniges Pigment etwas getrübt ist. Die Ränder dieser beiden Flossen
besitzen einen schwarzen Saum, während der Aussenrand der beiden Brust-
flossen nur schwach geschwärzt erscheint. Mundwinkel und Näthe des Kie-
mendeckel-Apparats haben eine orangengelbe Färbung. Es kommen aber
auch Individuen vor, bei denen diese orangengelbe Färbung und die schwarze
Seitenbinde wie bei Telestes Agassizii fast ganz verloschen sind.

Der Näsling, über dessen Laichzeit mir nichts sicheres bekannt gewor-
den ist, wurde bisher in einer Länge von 8 bis 14 Zoll angetroffen. Derselbe
scheint ein sehr beschränktes Vorkommen zu haben, da er bis jetzt nur in der
Donau und dessen beiden Nebenflüssen Inn und Isar aufgefunden und auch in
diesen Flüssen immer nur ganz einzeln gefangen wurde. Aus dem Inn, aus
welchem Flusse Heckel ein einziges, bei Brixlegg in Tyrol gefangenes Exem-
plar erhalten hatte, habe ich mir trotz aller Mühe, die ich mir deshalb gege-
ben habe, bis jetzt auch nur einen Näsling verschaffen können.

Nachdem Agassiz diesen Fisch in den Donau-Gewässern entdeckt und
eine Abbildung desselben hatte anfertigen lassen, besass man immer nur eine
sehr unvollständige Kunde über diesen von Agassiz als Chondrostoma Rysela

Familie: Cyprinoidei.
[Abbildung]
[Abbildung] Fig. 44.


Schlundknochen.
b. Ausgeschnittener Vorderrand des Flü-
gels. (An dem einen Schlundknochen ist
der hintere nach oben umgebogene Fort-
satz weggelassen, um die Zähne nicht zu
verdecken.)

Schlundknochentheils geht nicht gerade,
sondern mit einer buckelförmigen Aus-
biegung in den vorderen Knochenfortsatz
über. Die vorderen Zähne ragen aus den
Schlundknochen in einer nur wenig schrä-
gen Richtung hervor, wobei der vorderste
Zahn, der sich selten angeschliffen zeigt,
mit dem zahnlosen Innenrande des vor-
deren Knochenfortsatzes statt, wie bei
den übrigen Chondrostoma-Arten einen
sehr spitzen Winkel zu bilden, einen fast
rechten Winkel darstellt. Unter den acht-
zehn Exemplaren des Näsling, die mir
aus der Donau, dem Inn und der Isar zur
Untersuchung vorlagen, habe ich nur fünf Individuen gezählt, auf deren bei-
den Schlundknochen die gleiche Anzahl von fünf Zähnen angebracht war.

In der Färbung erinnert der Näsling auffallend an Telestes Agassizii.
Sein Rücken zeigt eine schmutzig hellgraue Farbe, Seiten und Bauch sind
dagegen weiss gefärbt. Ein Silberglanz breitet sich über den ganzen Körper
aus, derselbe nimmt jedoch auf dem Rücken einen Stich ins Blaue und gegen
den Bauch hin einen Stich ins Messinggelbe an. Eine schwarzpigmentirte
Seitenbinde verläuft vom Hinterkopfe bis zum Schwanze. Sämmtliche Flossen
sind an ihrer Einlenkung orangengelb gefärbt und besitzen in ihrer Mitte einen
röthlichen Spiegel, welcher an der Rücken- und Schwanzflosse durch
schwarzkörniges Pigment etwas getrübt ist. Die Ränder dieser beiden Flossen
besitzen einen schwarzen Saum, während der Aussenrand der beiden Brust-
flossen nur schwach geschwärzt erscheint. Mundwinkel und Näthe des Kie-
mendeckel-Apparats haben eine orangengelbe Färbung. Es kommen aber
auch Individuen vor, bei denen diese orangengelbe Färbung und die schwarze
Seitenbinde wie bei Telestes Agassizii fast ganz verloschen sind.

Der Näsling, über dessen Laichzeit mir nichts sicheres bekannt gewor-
den ist, wurde bisher in einer Länge von 8 bis 14 Zoll angetroffen. Derselbe
scheint ein sehr beschränktes Vorkommen zu haben, da er bis jetzt nur in der
Donau und dessen beiden Nebenflüssen Inn und Isar aufgefunden und auch in
diesen Flüssen immer nur ganz einzeln gefangen wurde. Aus dem Inn, aus
welchem Flusse Heckel ein einziges, bei Brixlegg in Tyrol gefangenes Exem-
plar erhalten hatte, habe ich mir trotz aller Mühe, die ich mir deshalb gege-
ben habe, bis jetzt auch nur einen Näsling verschaffen können.

Nachdem Agassiz diesen Fisch in den Donau-Gewässern entdeckt und
eine Abbildung desselben hatte anfertigen lassen, besass man immer nur eine
sehr unvollständige Kunde über diesen von Agassiz als Chondrostoma Rysela

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[234/0247] Familie: Cyprinoidei. [Abbildung] [Abbildung Fig. 44. Schlundknochen. b. Ausgeschnittener Vorderrand des Flü- gels. (An dem einen Schlundknochen ist der hintere nach oben umgebogene Fort- satz weggelassen, um die Zähne nicht zu verdecken.)] Schlundknochentheils geht nicht gerade, sondern mit einer buckelförmigen Aus- biegung in den vorderen Knochenfortsatz über. Die vorderen Zähne ragen aus den Schlundknochen in einer nur wenig schrä- gen Richtung hervor, wobei der vorderste Zahn, der sich selten angeschliffen zeigt, mit dem zahnlosen Innenrande des vor- deren Knochenfortsatzes statt, wie bei den übrigen Chondrostoma-Arten einen sehr spitzen Winkel zu bilden, einen fast rechten Winkel darstellt. Unter den acht- zehn Exemplaren des Näsling, die mir aus der Donau, dem Inn und der Isar zur Untersuchung vorlagen, habe ich nur fünf Individuen gezählt, auf deren bei- den Schlundknochen die gleiche Anzahl von fünf Zähnen angebracht war. In der Färbung erinnert der Näsling auffallend an Telestes Agassizii. Sein Rücken zeigt eine schmutzig hellgraue Farbe, Seiten und Bauch sind dagegen weiss gefärbt. Ein Silberglanz breitet sich über den ganzen Körper aus, derselbe nimmt jedoch auf dem Rücken einen Stich ins Blaue und gegen den Bauch hin einen Stich ins Messinggelbe an. Eine schwarzpigmentirte Seitenbinde verläuft vom Hinterkopfe bis zum Schwanze. Sämmtliche Flossen sind an ihrer Einlenkung orangengelb gefärbt und besitzen in ihrer Mitte einen röthlichen Spiegel, welcher an der Rücken- und Schwanzflosse durch schwarzkörniges Pigment etwas getrübt ist. Die Ränder dieser beiden Flossen besitzen einen schwarzen Saum, während der Aussenrand der beiden Brust- flossen nur schwach geschwärzt erscheint. Mundwinkel und Näthe des Kie- mendeckel-Apparats haben eine orangengelbe Färbung. Es kommen aber auch Individuen vor, bei denen diese orangengelbe Färbung und die schwarze Seitenbinde wie bei Telestes Agassizii fast ganz verloschen sind. Der Näsling, über dessen Laichzeit mir nichts sicheres bekannt gewor- den ist, wurde bisher in einer Länge von 8 bis 14 Zoll angetroffen. Derselbe scheint ein sehr beschränktes Vorkommen zu haben, da er bis jetzt nur in der Donau und dessen beiden Nebenflüssen Inn und Isar aufgefunden und auch in diesen Flüssen immer nur ganz einzeln gefangen wurde. Aus dem Inn, aus welchem Flusse Heckel ein einziges, bei Brixlegg in Tyrol gefangenes Exem- plar erhalten hatte, habe ich mir trotz aller Mühe, die ich mir deshalb gege- ben habe, bis jetzt auch nur einen Näsling verschaffen können. Nachdem Agassiz diesen Fisch in den Donau-Gewässern entdeckt und eine Abbildung desselben hatte anfertigen lassen, besass man immer nur eine sehr unvollständige Kunde über diesen von Agassiz als Chondrostoma Rysela

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/247>, abgerufen am 29.03.2024.