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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Cyprinoidei.
Leuciscus des Rhein-Gebiets, und den Squalius rodens des Bodensees sicher
herausfinden zu können geglaubt, nachdem ich mir aber eine grössere Menge
Haseln vom Mittelrhein (aus Basel und Freiburg) und vom Niederrhein (aus
Belgien), von der Mosel (aus Trier), vom Neckar, vom Main und von der Reg-
nitz, ferner von der Donau, der Isar, der Würm, der Amper und dem Lech,
aus dem Neuchateler See, dem Bodensee und dem Chiemsee verschafft hatte,
war ich nicht mehr im Stande, diese vielen Squalius-Individuen nach ihren
verschiedenen Fundorten als ebensoviele verschiedene Arten auseinanderzu-
halten, denn ich fand zwar unter den Haseln des Donau-Gebietes Sq.
lepusculus
vorherrschend, doch befanden sich darunter auch mehrere In-
dividuen, die ich wegen ihrer stumpferen und gewölbteren Nase nach Heckel's
Angabe für Sq. rodens oder Sq. Leuciscus hätte halten müssen, während unter
den Haseln des Mittelrheins sich mehrere dünnschnauzige Individuen als Sq.
lepusculus
zu erkennen gaben.

Nach solchen Ergebnissen nehme ich keinen Anstand, die Arten Sq.
Leuciscus, lepusculus, rodens, rostratus
und chalybaeus nur für Varietäten und
Rassenformen zu erklären. Ich finde mich hierzu um so mehr bewogen, als
Heckel selbst (Nr. 11 g: pag. 105) sich über diese Arten dahin geäussert hat,
dass dieselben dem Typus Cyprinus Leuciscus des Linne angehörten, und der-
selbe in Gemeinschaft mit Kner (Nr. 13: pag. 186) noch einmal und noch
bestimmter auf die nahe Verwandtschaft dieser Squalien unter einander hin-
weist, indem er sagt: dass dieselben "in Strahlen- und Schuppenzahl, wie
auch in den meisten übrigen Verhältnissen nahezu oder völlig übereinstim-
men und sich vorzüglich nur durch ihre verschiedenen Profile und damit zu-
sammenhängende abweichende Dimensionen charakterisiren."

In ähnlicher Weise konnte ich an den Haseln des Weser-, Elb-, Oder-,
Weichsel- und Pregel-Gebietes keine Art-Unterschiede sondern immer nur die
eine Art Sq. Leuciscus wiederfinden. Bei diesen Untersuchungen habe ich mich
überzeugt, dass überall in den eben genannten Wassergebieten die Fischer
mit dem Sq. Leuciscus sehr gut bekannt sind und denselben unter dem Na-
men "Häsling" von dem Sq. Cephalus, den sie als "Dickkopf" oder "Döbel"
bezeichnen, sehr wohl unterscheiden, um so mehr muss es auffallen, dass
die Faunisten den Häsling jener Gegenden entweder ganz übersehen oder mit
dem Döbel zusammengeworfen haben 1).

Ich habe bei den Beschreibungen des Cyprinus Carpio, Carassius vulga-
ris, Alburnus lucidus
und Leuciscus rutilus bereits darauf aufmerksam gemacht,

1) Von Schulz (Nr. 78) wurde der Sq. Leuciscus gänzlich mit Stillschweigen über-
gangen, und von Gloger (Nr. 88: pag. 75. n. 21) wurde der Sanddobel oder Dübel in Ver-
bindung mit dem Hassle oder Hässling als ein und dieselbe Art (Cyprinus dobula) aufgeführt,
während der alte Schwenckfeld diese beiden Fische als schlesische Bewohner sehr kenntlich
auseinandergehalten hat.

Familie: Cyprinoidei.
Leuciscus des Rhein-Gebiets, und den Squalius rodens des Bodensees sicher
herausfinden zu können geglaubt, nachdem ich mir aber eine grössere Menge
Haseln vom Mittelrhein (aus Basel und Freiburg) und vom Niederrhein (aus
Belgien), von der Mosel (aus Trier), vom Neckar, vom Main und von der Reg-
nitz, ferner von der Donau, der Isar, der Würm, der Amper und dem Lech,
aus dem Neuchâteler See, dem Bodensee und dem Chiemsee verschafft hatte,
war ich nicht mehr im Stande, diese vielen Squalius-Individuen nach ihren
verschiedenen Fundorten als ebensoviele verschiedene Arten auseinanderzu-
halten, denn ich fand zwar unter den Haseln des Donau-Gebietes Sq.
lepusculus
vorherrschend, doch befanden sich darunter auch mehrere In-
dividuen, die ich wegen ihrer stumpferen und gewölbteren Nase nach Heckel’s
Angabe für Sq. rodens oder Sq. Leuciscus hätte halten müssen, während unter
den Haseln des Mittelrheins sich mehrere dünnschnauzige Individuen als Sq.
lepusculus
zu erkennen gaben.

Nach solchen Ergebnissen nehme ich keinen Anstand, die Arten Sq.
Leuciscus, lepusculus, rodens, rostratus
und chalybaeus nur für Varietäten und
Rassenformen zu erklären. Ich finde mich hierzu um so mehr bewogen, als
Heckel selbst (Nr. 11 g: pag. 105) sich über diese Arten dahin geäussert hat,
dass dieselben dem Typus Cyprinus Leuciscus des Linné angehörten, und der-
selbe in Gemeinschaft mit Kner (Nr. 13: pag. 186) noch einmal und noch
bestimmter auf die nahe Verwandtschaft dieser Squalien unter einander hin-
weist, indem er sagt: dass dieselben »in Strahlen- und Schuppenzahl, wie
auch in den meisten übrigen Verhältnissen nahezu oder völlig übereinstim-
men und sich vorzüglich nur durch ihre verschiedenen Profile und damit zu-
sammenhängende abweichende Dimensionen charakterisiren.«

In ähnlicher Weise konnte ich an den Haseln des Weser-, Elb-, Oder-,
Weichsel- und Pregel-Gebietes keine Art-Unterschiede sondern immer nur die
eine Art Sq. Leuciscus wiederfinden. Bei diesen Untersuchungen habe ich mich
überzeugt, dass überall in den eben genannten Wassergebieten die Fischer
mit dem Sq. Leuciscus sehr gut bekannt sind und denselben unter dem Na-
men »Häsling« von dem Sq. Cephalus, den sie als »Dickkopf« oder »Döbel«
bezeichnen, sehr wohl unterscheiden, um so mehr muss es auffallen, dass
die Faunisten den Häsling jener Gegenden entweder ganz übersehen oder mit
dem Döbel zusammengeworfen haben 1).

Ich habe bei den Beschreibungen des Cyprinus Carpio, Carassius vulga-
ris, Alburnus lucidus
und Leuciscus rutilus bereits darauf aufmerksam gemacht,

1) Von Schulz (Nr. 78) wurde der Sq. Leuciscus gänzlich mit Stillschweigen über-
gangen, und von Gloger (Nr. 88: pag. 75. n. 21) wurde der Sanddobel oder Dübel in Ver-
bindung mit dem Hassle oder Hässling als ein und dieselbe Art (Cyprinus dobula) aufgeführt,
während der alte Schwenckfeld diese beiden Fische als schlesische Bewohner sehr kenntlich
auseinandergehalten hat.
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[206/0219] Familie: Cyprinoidei. Leuciscus des Rhein-Gebiets, und den Squalius rodens des Bodensees sicher herausfinden zu können geglaubt, nachdem ich mir aber eine grössere Menge Haseln vom Mittelrhein (aus Basel und Freiburg) und vom Niederrhein (aus Belgien), von der Mosel (aus Trier), vom Neckar, vom Main und von der Reg- nitz, ferner von der Donau, der Isar, der Würm, der Amper und dem Lech, aus dem Neuchâteler See, dem Bodensee und dem Chiemsee verschafft hatte, war ich nicht mehr im Stande, diese vielen Squalius-Individuen nach ihren verschiedenen Fundorten als ebensoviele verschiedene Arten auseinanderzu- halten, denn ich fand zwar unter den Haseln des Donau-Gebietes Sq. lepusculus vorherrschend, doch befanden sich darunter auch mehrere In- dividuen, die ich wegen ihrer stumpferen und gewölbteren Nase nach Heckel’s Angabe für Sq. rodens oder Sq. Leuciscus hätte halten müssen, während unter den Haseln des Mittelrheins sich mehrere dünnschnauzige Individuen als Sq. lepusculus zu erkennen gaben. Nach solchen Ergebnissen nehme ich keinen Anstand, die Arten Sq. Leuciscus, lepusculus, rodens, rostratus und chalybaeus nur für Varietäten und Rassenformen zu erklären. Ich finde mich hierzu um so mehr bewogen, als Heckel selbst (Nr. 11 g: pag. 105) sich über diese Arten dahin geäussert hat, dass dieselben dem Typus Cyprinus Leuciscus des Linné angehörten, und der- selbe in Gemeinschaft mit Kner (Nr. 13: pag. 186) noch einmal und noch bestimmter auf die nahe Verwandtschaft dieser Squalien unter einander hin- weist, indem er sagt: dass dieselben »in Strahlen- und Schuppenzahl, wie auch in den meisten übrigen Verhältnissen nahezu oder völlig übereinstim- men und sich vorzüglich nur durch ihre verschiedenen Profile und damit zu- sammenhängende abweichende Dimensionen charakterisiren.« In ähnlicher Weise konnte ich an den Haseln des Weser-, Elb-, Oder-, Weichsel- und Pregel-Gebietes keine Art-Unterschiede sondern immer nur die eine Art Sq. Leuciscus wiederfinden. Bei diesen Untersuchungen habe ich mich überzeugt, dass überall in den eben genannten Wassergebieten die Fischer mit dem Sq. Leuciscus sehr gut bekannt sind und denselben unter dem Na- men »Häsling« von dem Sq. Cephalus, den sie als »Dickkopf« oder »Döbel« bezeichnen, sehr wohl unterscheiden, um so mehr muss es auffallen, dass die Faunisten den Häsling jener Gegenden entweder ganz übersehen oder mit dem Döbel zusammengeworfen haben 1). Ich habe bei den Beschreibungen des Cyprinus Carpio, Carassius vulga- ris, Alburnus lucidus und Leuciscus rutilus bereits darauf aufmerksam gemacht, 1) Von Schulz (Nr. 78) wurde der Sq. Leuciscus gänzlich mit Stillschweigen über- gangen, und von Gloger (Nr. 88: pag. 75. n. 21) wurde der Sanddobel oder Dübel in Ver- bindung mit dem Hassle oder Hässling als ein und dieselbe Art (Cyprinus dobula) aufgeführt, während der alte Schwenckfeld diese beiden Fische als schlesische Bewohner sehr kenntlich auseinandergehalten hat.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/219>, abgerufen am 28.03.2024.