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Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863.

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Familie: Cyprinoidei.
zurückführen lassen. In seiner belgischen Fauna beschreibt Selys-Long-
champs
einen Cyprinus Regina aus der Maas, welchen Bonaparte mit seinem in
Italien einheimischen C. Regina für identisch erklärte, während Heckel den-
selben als seinen C. hungaricus erkannte1). Auch von Holandre wurde mit-
getheilt, dass er aus der Umgegend von Metz die verschiedensten Varietäten
des C. Carpio erhalten habe, von denen die eine Form einen fast cylindri-
schen Leib besessen2). Es deutet diese Aeusserung doch wohl auf ein Vor-
handensein des C. hungaricus hin. Durch Nordmann3) wurde der C. Carpio
wie auch seine Varietäten C. macrolepidotus, nudus und hungaricus auf dem
Fischmarkte zu Odessa angetroffen, woraus hervorgeht, dass der Karpf mit
seinen verschiedenen Varietäten sowohl im Westen wie im Osten von Europa
ausdauert.

Die kurze hochrückige seitlich zusammengedrückte Varietät des gemei-
nen Karpfen fehlt dem niederrheinischen Wassergebiete ebenfalls nicht, da
Selys-Longchamps (a. a. O. pag. 198) den C. elatus aus der Schelde und aus bel-
gischen Weihern aufführt, und Schaefer in seiner Mosel-Fauna aussagt, dass
er den C. elatus, welcher aus den Teichen der Umgegend von Saarbrücken
und Wittlich gekommen war, auf dem Markte zu Trier von Zeit zu Zeit ge-
sehen habe4). Ich verdanke der Güte des Herrn Oberlehrer Schnur zu Trier
einige Exemplare dieser Karpfenform, und kann sie für nichts anderes als für
eine den C. elatus darstellende Varietät des gemeinen Karpfen halten.

Die Grundfarbe des gemeinen Karpfen und seiner Abarten kann sehr
variiren und vom goldgelben in's blaugrüne übergehen. Die wulstigen Lippen
und der Bauch sind meistens gelblich gefärbt, Rücken und Flossen erscheinen
blaugrau, die letzteren mit Ausnahme der Rückenflosse haben zuweilen einen
röthlichen Anflug. Die Schuppen besitzen in ihrer Mitte oft einen schwärz-
lichen Pigmentfleck, und sind nicht selten an ihrem Hinterrande schwärzlich
eingefasst. Die Schlundknochen nebst den daran befestigten Zähnen lassen
recht erkennen, dass die oben erwähnten verschiedenen Karpfenformen nur
als Varietäten und nicht als besondere Arten betrachtet zu werden verdienen,
denn es lässt sich an jenen Skelettheilen durchaus kein specifisches Merkmal
ausfindig machen, durch welches ein Unterschied zwischen Cyprinus Carpio,
elatus, acuminatus, Regina
und hungaricus festgestellt werden könnte, während,

1) Vergl. Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 196. Hier heisst es wörtlich: "Il se trouve
dans la Meuse, car un individu que j'avais envoye au prince Ch. Bonaparte qui a decou-
vert cette espece en Italie, a ete reconnu par lui a sa surprise pour etre de la meme espece.
Cependant M. Heckel qui a reconnu notre Regina pour le meme que son hungaricus doute
que ce soit le Regina de Bonaparte, qui aurait la tete moins longue et la dorsale commen-
cant plus en avant".
2) Vergl. Holandre Nr. 56 a: pag. 326 u. Nr. 56 b: pag. 240.
3) Vergl. in Demidoff's Voyage dans la Russie meridionale, T. III. Paris, 1840. Nord-
mann
's Observations sur la Faune pontique, pag. 476 und 477.
4) Vergl. M. Schaefer: Mosel-Fauna. pag. 297.

Familie: Cyprinoidei.
zurückführen lassen. In seiner belgischen Fauna beschreibt Selys-Long-
champs
einen Cyprinus Regina aus der Maas, welchen Bonaparte mit seinem in
Italien einheimischen C. Regina für identisch erklärte, während Heckel den-
selben als seinen C. hungaricus erkannte1). Auch von Holandre wurde mit-
getheilt, dass er aus der Umgegend von Metz die verschiedensten Varietäten
des C. Carpio erhalten habe, von denen die eine Form einen fast cylindri-
schen Leib besessen2). Es deutet diese Aeusserung doch wohl auf ein Vor-
handensein des C. hungaricus hin. Durch Nordmann3) wurde der C. Carpio
wie auch seine Varietäten C. macrolepidotus, nudus und hungaricus auf dem
Fischmarkte zu Odessa angetroffen, woraus hervorgeht, dass der Karpf mit
seinen verschiedenen Varietäten sowohl im Westen wie im Osten von Europa
ausdauert.

Die kurze hochrückige seitlich zusammengedrückte Varietät des gemei-
nen Karpfen fehlt dem niederrheinischen Wassergebiete ebenfalls nicht, da
Selys-Longchamps (a. a. O. pag. 198) den C. elatus aus der Schelde und aus bel-
gischen Weihern aufführt, und Schaefer in seiner Mosel-Fauna aussagt, dass
er den C. elatus, welcher aus den Teichen der Umgegend von Saarbrücken
und Wittlich gekommen war, auf dem Markte zu Trier von Zeit zu Zeit ge-
sehen habe4). Ich verdanke der Güte des Herrn Oberlehrer Schnur zu Trier
einige Exemplare dieser Karpfenform, und kann sie für nichts anderes als für
eine den C. elatus darstellende Varietät des gemeinen Karpfen halten.

Die Grundfarbe des gemeinen Karpfen und seiner Abarten kann sehr
variiren und vom goldgelben in’s blaugrüne übergehen. Die wulstigen Lippen
und der Bauch sind meistens gelblich gefärbt, Rücken und Flossen erscheinen
blaugrau, die letzteren mit Ausnahme der Rückenflosse haben zuweilen einen
röthlichen Anflug. Die Schuppen besitzen in ihrer Mitte oft einen schwärz-
lichen Pigmentfleck, und sind nicht selten an ihrem Hinterrande schwärzlich
eingefasst. Die Schlundknochen nebst den daran befestigten Zähnen lassen
recht erkennen, dass die oben erwähnten verschiedenen Karpfenformen nur
als Varietäten und nicht als besondere Arten betrachtet zu werden verdienen,
denn es lässt sich an jenen Skelettheilen durchaus kein specifisches Merkmal
ausfindig machen, durch welches ein Unterschied zwischen Cyprinus Carpio,
elatus, acuminatus, Regina
und hungaricus festgestellt werden könnte, während,

1) Vergl. Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 196. Hier heisst es wörtlich: »Il se trouve
dans la Meuse, car un individu que j’avais envoyé au prince Ch. Bonaparte qui a décou-
vert cette espèce en Italie, a été reconnu par lui à sa surprise pour être de la même espèce.
Cependant M. Heckel qui a reconnu notre Regina pour le même que son hungaricus doute
que ce soit le Regina de Bonaparte, qui aurait la tête moins longue et la dorsale commen-
cant plus en avant«.
2) Vergl. Holandre Nr. 56 a: pag. 326 u. Nr. 56 b: pag. 240.
3) Vergl. in Demidoff’s Voyage dans la Russie méridionale, T. III. Paris, 1840. Nord-
mann
’s Observations sur la Faune pontique, pag. 476 und 477.
4) Vergl. M. Schaefer: Mosel-Fauna. pag. 297.
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[88/0101] Familie: Cyprinoidei. zurückführen lassen. In seiner belgischen Fauna beschreibt Selys-Long- champs einen Cyprinus Regina aus der Maas, welchen Bonaparte mit seinem in Italien einheimischen C. Regina für identisch erklärte, während Heckel den- selben als seinen C. hungaricus erkannte 1). Auch von Holandre wurde mit- getheilt, dass er aus der Umgegend von Metz die verschiedensten Varietäten des C. Carpio erhalten habe, von denen die eine Form einen fast cylindri- schen Leib besessen 2). Es deutet diese Aeusserung doch wohl auf ein Vor- handensein des C. hungaricus hin. Durch Nordmann 3) wurde der C. Carpio wie auch seine Varietäten C. macrolepidotus, nudus und hungaricus auf dem Fischmarkte zu Odessa angetroffen, woraus hervorgeht, dass der Karpf mit seinen verschiedenen Varietäten sowohl im Westen wie im Osten von Europa ausdauert. Die kurze hochrückige seitlich zusammengedrückte Varietät des gemei- nen Karpfen fehlt dem niederrheinischen Wassergebiete ebenfalls nicht, da Selys-Longchamps (a. a. O. pag. 198) den C. elatus aus der Schelde und aus bel- gischen Weihern aufführt, und Schaefer in seiner Mosel-Fauna aussagt, dass er den C. elatus, welcher aus den Teichen der Umgegend von Saarbrücken und Wittlich gekommen war, auf dem Markte zu Trier von Zeit zu Zeit ge- sehen habe 4). Ich verdanke der Güte des Herrn Oberlehrer Schnur zu Trier einige Exemplare dieser Karpfenform, und kann sie für nichts anderes als für eine den C. elatus darstellende Varietät des gemeinen Karpfen halten. Die Grundfarbe des gemeinen Karpfen und seiner Abarten kann sehr variiren und vom goldgelben in’s blaugrüne übergehen. Die wulstigen Lippen und der Bauch sind meistens gelblich gefärbt, Rücken und Flossen erscheinen blaugrau, die letzteren mit Ausnahme der Rückenflosse haben zuweilen einen röthlichen Anflug. Die Schuppen besitzen in ihrer Mitte oft einen schwärz- lichen Pigmentfleck, und sind nicht selten an ihrem Hinterrande schwärzlich eingefasst. Die Schlundknochen nebst den daran befestigten Zähnen lassen recht erkennen, dass die oben erwähnten verschiedenen Karpfenformen nur als Varietäten und nicht als besondere Arten betrachtet zu werden verdienen, denn es lässt sich an jenen Skelettheilen durchaus kein specifisches Merkmal ausfindig machen, durch welches ein Unterschied zwischen Cyprinus Carpio, elatus, acuminatus, Regina und hungaricus festgestellt werden könnte, während, 1) Vergl. Selys-Longchamps Nr. 58: pag. 196. Hier heisst es wörtlich: »Il se trouve dans la Meuse, car un individu que j’avais envoyé au prince Ch. Bonaparte qui a décou- vert cette espèce en Italie, a été reconnu par lui à sa surprise pour être de la même espèce. Cependant M. Heckel qui a reconnu notre Regina pour le même que son hungaricus doute que ce soit le Regina de Bonaparte, qui aurait la tête moins longue et la dorsale commen- cant plus en avant«. 2) Vergl. Holandre Nr. 56 a: pag. 326 u. Nr. 56 b: pag. 240. 3) Vergl. in Demidoff’s Voyage dans la Russie méridionale, T. III. Paris, 1840. Nord- mann’s Observations sur la Faune pontique, pag. 476 und 477. 4) Vergl. M. Schaefer: Mosel-Fauna. pag. 297.

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Zitationshilfe: Siebold, Carl Theodor Ernst von: Die Süsswasserfische von Mitteleuropa. Leipzig, 1863, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siebold_suesswasserfische_1863/101>, abgerufen am 29.03.2024.