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Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679.

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An den Leser.
ber zeiget/ daß das Nessel-Blat oben auf voller
scharffer stechender Spitzlein sey/ an denen zu
hinderst wie ein kleines Bläßlein voller gifftiger
Materi anhänge. Wann nun die Spitze/ so
aus einer harten Substantz bestehet/ und in der
Mitte ein Loch/ durch welches das gifftig bren-
nende Wesen hervor tringt/ jemand berühret/
so gleich empfindet man an dem verletzten Ort
schmertzen.

Alles jetzt vermeldtes übertrifft was der be-
rühmte Engelländer Hokius an dem Schim-
mel beobachtet/ davon schreibet er/ und zeithero
andere aus ihme/ daß einsten er auf der Decke
eines Buchs ein kleinen Flecken Schimmels/
oder wie Theil melden/ ein Tröpfflein
Unschlicht/ kaum in Grösse eines Hirschkörn-
leins durch das Vergröß-Glaß beschauet/ da
habe er verscheidentlich wargenommen/ daß es
ein Büschel Blumen wäre/ deren Theils runde
Knöpffe hätten/ als ob sie noch zuwären/ an-
dere aber waren offen und aufgeblühet; theils
schienen schon wieder zuverwelcken. Diese alle/
ob wolen sie gar nahe aneinander stunden/ so
hatte doch jede ihre besondere Wurtzeln; die
Stihl waren lang/ die Substantz weich/ wie ein
Erd-Schwamm/ so daß wann sie mit der Spitze
einer Nadel berühret wurden/ an Stund zerbra-
chen. Jn der Flammen eines Liechtes/ darein
sie etlich mal gehalten wurden/ blieben sie un-
verletzt. Der Geruch und Geschmack war un-

ange-
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An den Leſer.
ber zeiget/ daß das Neſſel-Blat oben auf voller
ſcharffer ſtechender Spitzlein ſey/ an denen zu
hinderſt wie ein kleines Bläßlein voller gifftiger
Materi anhänge. Wann nun die Spitze/ ſo
aus einer harten Subſtantz beſtehet/ und in der
Mitte ein Loch/ durch welches das gifftig bren-
nende Weſen hervor tringt/ jemand berühret/
ſo gleich empfindet man an dem verletzten Ort
ſchmertzen.

Alles jetzt vermeldtes übertrifft was der be-
rühmte Engelländer Hokius an dem Schim-
mel beobachtet/ davon ſchreibet er/ und zeithero
andere aus ihme/ daß einſten er auf der Decke
eines Buchs ein kleinen Flecken Schimmels/
oder wie Theil melden/ ein Tröpfflein
Unſchlicht/ kaum in Gröſſe eines Hirſchkörn-
leins durch das Vergröß-Glaß beſchauet/ da
habe er verſcheidentlich wargenommen/ daß es
ein Büſchel Blumen wäre/ deren Theils runde
Knöpffe hätten/ als ob ſie noch zuwären/ an-
dere aber waren offen und aufgeblühet; theils
ſchienen ſchon wieder zuverwelcken. Dieſe alle/
ob wolen ſie gar nahe aneinander ſtunden/ ſo
hatte doch jede ihre beſondere Wurtzeln; die
Stihl waren lang/ die Subſtantz weich/ wie ein
Erd-Schwamm/ ſo daß wann ſie mit der Spitze
einer Nadel berühret wurden/ an Stund zerbra-
chen. Jn der Flammen eines Liechtes/ darein
ſie etlich mal gehalten wurden/ blieben ſie un-
verletzt. Der Geruch und Geſchmack war un-

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[0047] An den Leſer. ber zeiget/ daß das Neſſel-Blat oben auf voller ſcharffer ſtechender Spitzlein ſey/ an denen zu hinderſt wie ein kleines Bläßlein voller gifftiger Materi anhänge. Wann nun die Spitze/ ſo aus einer harten Subſtantz beſtehet/ und in der Mitte ein Loch/ durch welches das gifftig bren- nende Weſen hervor tringt/ jemand berühret/ ſo gleich empfindet man an dem verletzten Ort ſchmertzen. Alles jetzt vermeldtes übertrifft was der be- rühmte Engelländer Hokius an dem Schim- mel beobachtet/ davon ſchreibet er/ und zeithero andere aus ihme/ daß einſten er auf der Decke eines Buchs ein kleinen Flecken Schimmels/ oder wie Theil melden/ ein Tröpfflein Unſchlicht/ kaum in Gröſſe eines Hirſchkörn- leins durch das Vergröß-Glaß beſchauet/ da habe er verſcheidentlich wargenommen/ daß es ein Büſchel Blumen wäre/ deren Theils runde Knöpffe hätten/ als ob ſie noch zuwären/ an- dere aber waren offen und aufgeblühet; theils ſchienen ſchon wieder zuverwelcken. Dieſe alle/ ob wolen ſie gar nahe aneinander ſtunden/ ſo hatte doch jede ihre beſondere Wurtzeln; die Stihl waren lang/ die Subſtantz weich/ wie ein Erd-Schwamm/ ſo daß wann ſie mit der Spitze einer Nadel berühret wurden/ an Stund zerbra- chen. Jn der Flammen eines Liechtes/ darein ſie etlich mal gehalten wurden/ blieben ſie un- verletzt. Der Geruch und Geſchmack war un- ange- c v

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Zitationshilfe: Seyfried, Johann Heinrich: Medulla Mirabilium Naturae. Nürnberg, 1679, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seyfried_medulla_1679/47>, abgerufen am 28.03.2024.