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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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und vielen feinen Kenntnissen, dem sein Vermögen
erlaubt, seiner Neigung für Kunst und Wissenschaft
mehr zu opfern als ein anderer. Er besitzt vielleicht
mehr antike Schätze, als irgend ein anderer Privat¬
mann. Was ich bey ihm gesehen habe, war vorzüg¬
lich, eine komplette alte römische Toilette von Silber;
ein grosses altes silbernes ziemlich kubisches Gefäss,
welches ein Hochzeitgeschenk gewesen zu seyn und
Hochzeitgeschenke enthalten zu haben scheint. Auf
den vier Seiten sind von der ersten Bewerbung bis
zur Nachhauseführung die Scenen der römischen Hoch¬
zeitgebräuche abgebildet. Dieses ist vielleicht das
grösste silberne Monument der alten Kunst, das man
noch hat. Ferner hat er vier silberne Sinnbilder der
vier Hauptstädte des römischen Reichs, Rom, Byzanz,
Antiochia und Alexandria, welche die Konsuln oder
vielleicht auch die andern kurrulischen Magistraturen
an den Enden der Stangen ihrer Tragsessel führten.
Diese scheinen etwas neuer zu seyn. Weiter besitzt er ei¬
nige alte komplette silberne Pferdegeschirre, mit Stirn¬
stücken und Bruststücken. Aber das Wichtigste sind seine
geschnittenen Steine, unter welchen sich mehrere von sel¬
tenem Werth finden, und seine römischen Goldmünzen;
mehrere konsularische von Pompejus an, und fast die
ganze Folge der Kaisermünzen, von Julius Cäsar bis
Augustulus. Hier fehlen nur wenige wichtige Stücke.
Du siehst dass dieses eine Liebhaberey nicht für jeder¬
mann ist. Ich schreibe Dir dieses etwas umständli¬
cher, weil es Dich vielleicht interessiert und Du es
noch nicht in Büchern findest: denn seine Sammlung
ist noch nicht alt.

und vielen feinen Kenntnissen, dem sein Vermögen
erlaubt, seiner Neigung für Kunst und Wissenschaft
mehr zu opfern als ein anderer. Er besitzt vielleicht
mehr antike Schätze, als irgend ein anderer Privat¬
mann. Was ich bey ihm gesehen habe, war vorzüg¬
lich, eine komplette alte römische Toilette von Silber;
ein groſses altes silbernes ziemlich kubisches Gefäſs,
welches ein Hochzeitgeschenk gewesen zu seyn und
Hochzeitgeschenke enthalten zu haben scheint. Auf
den vier Seiten sind von der ersten Bewerbung bis
zur Nachhauseführung die Scenen der römischen Hoch¬
zeitgebräuche abgebildet. Dieses ist vielleicht das
gröſste silberne Monument der alten Kunst, das man
noch hat. Ferner hat er vier silberne Sinnbilder der
vier Hauptstädte des römischen Reichs, Rom, Byzanz,
Antiochia und Alexandria, welche die Konsuln oder
vielleicht auch die andern kurrulischen Magistraturen
an den Enden der Stangen ihrer Tragsessel führten.
Diese scheinen etwas neuer zu seyn. Weiter besitzt er ei¬
nige alte komplette silberne Pferdegeschirre, mit Stirn¬
stücken und Bruststücken. Aber das Wichtigste sind seine
geschnittenen Steine, unter welchen sich mehrere von sel¬
tenem Werth finden, und seine römischen Goldmünzen;
mehrere konsularische von Pompejus an, und fast die
ganze Folge der Kaisermünzen, von Julius Cäsar bis
Augustulus. Hier fehlen nur wenige wichtige Stücke.
Du siehst daſs dieses eine Liebhaberey nicht für jeder¬
mann ist. Ich schreibe Dir dieses etwas umständli¬
cher, weil es Dich vielleicht interessiert und Du es
noch nicht in Büchern findest: denn seine Sammlung
ist noch nicht alt.

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[393 /0421] und vielen feinen Kenntnissen, dem sein Vermögen erlaubt, seiner Neigung für Kunst und Wissenschaft mehr zu opfern als ein anderer. Er besitzt vielleicht mehr antike Schätze, als irgend ein anderer Privat¬ mann. Was ich bey ihm gesehen habe, war vorzüg¬ lich, eine komplette alte römische Toilette von Silber; ein groſses altes silbernes ziemlich kubisches Gefäſs, welches ein Hochzeitgeschenk gewesen zu seyn und Hochzeitgeschenke enthalten zu haben scheint. Auf den vier Seiten sind von der ersten Bewerbung bis zur Nachhauseführung die Scenen der römischen Hoch¬ zeitgebräuche abgebildet. Dieses ist vielleicht das gröſste silberne Monument der alten Kunst, das man noch hat. Ferner hat er vier silberne Sinnbilder der vier Hauptstädte des römischen Reichs, Rom, Byzanz, Antiochia und Alexandria, welche die Konsuln oder vielleicht auch die andern kurrulischen Magistraturen an den Enden der Stangen ihrer Tragsessel führten. Diese scheinen etwas neuer zu seyn. Weiter besitzt er ei¬ nige alte komplette silberne Pferdegeschirre, mit Stirn¬ stücken und Bruststücken. Aber das Wichtigste sind seine geschnittenen Steine, unter welchen sich mehrere von sel¬ tenem Werth finden, und seine römischen Goldmünzen; mehrere konsularische von Pompejus an, und fast die ganze Folge der Kaisermünzen, von Julius Cäsar bis Augustulus. Hier fehlen nur wenige wichtige Stücke. Du siehst daſs dieses eine Liebhaberey nicht für jeder¬ mann ist. Ich schreibe Dir dieses etwas umständli¬ cher, weil es Dich vielleicht interessiert und Du es noch nicht in Büchern findest: denn seine Sammlung ist noch nicht alt.

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 393 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/421>, abgerufen am 25.04.2024.