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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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nikus einen kleinen botanischen Garten, wo er schon
die Papierstaude von Syrakus als eine Seltenheit hält.
Noch angenehmer ist der Gang in die Gärten des Prin¬
zen Biscaris in der nehmlichen Gegend. Als er ihn
anlegte, hielt man es für eine Spielerey; aber er hat ge¬
zeigt, was Fleiss mit Anhaltsamkeit und etwas Auf¬
wand thun kann. Er hat die Lava gezwungen; die
Pflanzung grünt und blüht mit Wein und Feigen und
Orangen und den schönsten Blumen aller Art. Der
Gärtner brachte mir die gewöhnliche Höflichkeit, und
ich legte mehrere Blumen in mein Taschenbuch für
meine Freunde im Vaterlande.

Das Jesuitenkloster in der Stadt ist zum Etablisse¬
ment für Manufakturen gemacht: und ob dieses Eta¬
blissement gleich noch nicht weit gediehen ist, so ist
doch durch die Vernichtung des Klosters schon viel ge¬
wonnen. In der Kathedrale hängt in einer Kapelle
ein schrecklich treues Gemälde, ungefähr sechs Fuss
im Quadrat, von der letzten grossen Eruption des Ber¬
ges 1669, die fast die Stadt zu Grunde richtete. Ein
ächter Künstler sollte es nehmen und ihm in einer
neuen Bearbeitung zur Wahrheit des Ganzen auch
Kunstwerth geben. Es würde ein furchtbar schönes
Stück werden, und das ganze Gebiet der Kunst hätte
dann vielleicht nichts ähnliches aufzuweisen. Hier hätte
Raphael arbeiten sollen; da war mehr als sein Brand.

Unten wo der zertheilte Amenanus wieder aus
den Lavaschichten heraus fliesst steht noch etwas von
der alten Mauer Kat niens, ungefähr in gleicher Ent¬
fernung zwischen dem Molo links und dem Lavaberge
rechts, der dort weiter in die See hinein sich empor

nikus einen kleinen botanischen Garten, wo er schon
die Papierstaude von Syrakus als eine Seltenheit hält.
Noch angenehmer ist der Gang in die Gärten des Prin¬
zen Biscaris in der nehmlichen Gegend. Als er ihn
anlegte, hielt man es für eine Spielerey; aber er hat ge¬
zeigt, was Fleiſs mit Anhaltsamkeit und etwas Auf¬
wand thun kann. Er hat die Lava gezwungen; die
Pflanzung grünt und blüht mit Wein und Feigen und
Orangen und den schönsten Blumen aller Art. Der
Gärtner brachte mir die gewöhnliche Höflichkeit, und
ich legte mehrere Blumen in mein Taschenbuch für
meine Freunde im Vaterlande.

Das Jesuitenkloster in der Stadt ist zum Etablisse¬
ment für Manufakturen gemacht: und ob dieses Eta¬
blissement gleich noch nicht weit gediehen ist, so ist
doch durch die Vernichtung des Klosters schon viel ge¬
wonnen. In der Kathedrale hängt in einer Kapelle
ein schrecklich treues Gemälde, ungefähr sechs Fuſs
im Quadrat, von der letzten groſsen Eruption des Ber¬
ges 1669, die fast die Stadt zu Grunde richtete. Ein
ächter Künstler sollte es nehmen und ihm in einer
neuen Bearbeitung zur Wahrheit des Ganzen auch
Kunstwerth geben. Es würde ein furchtbar schönes
Stück werden, und das ganze Gebiet der Kunst hätte
dann vielleicht nichts ähnliches aufzuweisen. Hier hätte
Raphael arbeiten sollen; da war mehr als sein Brand.

Unten wo der zertheilte Amenanus wieder aus
den Lavaschichten heraus flieſst steht noch etwas von
der alten Mauer Kat niens, ungefähr in gleicher Ent¬
fernung zwischen dem Molo links und dem Lavaberge
rechts, der dort weiter in die See hinein sich empor

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[279/0305] nikus einen kleinen botanischen Garten, wo er schon die Papierstaude von Syrakus als eine Seltenheit hält. Noch angenehmer ist der Gang in die Gärten des Prin¬ zen Biscaris in der nehmlichen Gegend. Als er ihn anlegte, hielt man es für eine Spielerey; aber er hat ge¬ zeigt, was Fleiſs mit Anhaltsamkeit und etwas Auf¬ wand thun kann. Er hat die Lava gezwungen; die Pflanzung grünt und blüht mit Wein und Feigen und Orangen und den schönsten Blumen aller Art. Der Gärtner brachte mir die gewöhnliche Höflichkeit, und ich legte mehrere Blumen in mein Taschenbuch für meine Freunde im Vaterlande. Das Jesuitenkloster in der Stadt ist zum Etablisse¬ ment für Manufakturen gemacht: und ob dieses Eta¬ blissement gleich noch nicht weit gediehen ist, so ist doch durch die Vernichtung des Klosters schon viel ge¬ wonnen. In der Kathedrale hängt in einer Kapelle ein schrecklich treues Gemälde, ungefähr sechs Fuſs im Quadrat, von der letzten groſsen Eruption des Ber¬ ges 1669, die fast die Stadt zu Grunde richtete. Ein ächter Künstler sollte es nehmen und ihm in einer neuen Bearbeitung zur Wahrheit des Ganzen auch Kunstwerth geben. Es würde ein furchtbar schönes Stück werden, und das ganze Gebiet der Kunst hätte dann vielleicht nichts ähnliches aufzuweisen. Hier hätte Raphael arbeiten sollen; da war mehr als sein Brand. Unten wo der zertheilte Amenanus wieder aus den Lavaschichten heraus flieſst steht noch etwas von der alten Mauer Kat niens, ungefähr in gleicher Ent¬ fernung zwischen dem Molo links und dem Lavaberge rechts, der dort weiter in die See hinein sich empor

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/305>, abgerufen am 29.03.2024.