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Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803.

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ein herzliches Trio gelacht, wo ich so bescheiden als
möglich mit einstimmte. Du wirst schon wissen, dass
man in Rom mehr Mönchsgenerale als Kriegsgenerale
antrifft. Beyde spielen mit Kanonen, und es wäre
nicht schwer zu entscheiden, welche die ihrigen am
besten zu gebrauchen wissen. Ich erhielt die Erlaub¬
niss ohne Einschränkung immer zu dem Kardinal zu
kommen, welches für einen Pilger, wie ich bin,
keine Kleinigkeit ist. Er stutzte gewaltig, als er hörte,
ich wolle übermorgen mein Bündel nehmen und des
Weges weiter wandeln, billigte aber meine Gründe
lachend, als ich ihm sagte, ich wollte vor dem Ein¬
tritt der heissen Jahrszeit meinen Spaziergang nach
Syrakus endigen und auf meiner Rückkehr mich län¬
ger hier aufhalten. Er bot mir keine Empfehlung
nach Veletri an, um dort freyeren Eintritt in das Fa¬
milienkabinett zu haben, worüber ich mich einiger
Massen wunderte. Aber man hat Schwierigkeiten mit
den Franzosen gehabt und Einige fürchteten sogar, die
Franzosen würden die ganze Sammlung wegschaffen
lassen. Das geschieht nun zwar, wie ich höre, nicht;
aber es ist doch begreiflich, dass dadurch etwas Furcht¬
samkeit und Unordnung entstanden seyn mag. Uebri¬
gens bin ich nicht nach Italien gegangen, um vorzüg¬
lich Kabinette und Gallerien zu sehen und tröste mich
leicht mit meiner Laienphilosophie.

Eben habe ich Canova gesehen und unsere Freun¬
de, Reinhart und Fernow. Es ist überall wohlthätig,
wenn sich verwandte Menschen treffen; aber wenn sie
sich auf so klassischem Boden finden, gewinnt das Ge¬
fühl eine eigene Magie schöner Humanität. Canova

ein herzliches Trio gelacht, wo ich so bescheiden als
möglich mit einstimmte. Du wirst schon wissen, daſs
man in Rom mehr Mönchsgenerale als Kriegsgenerale
antrifft. Beyde spielen mit Kanonen, und es wäre
nicht schwer zu entscheiden, welche die ihrigen am
besten zu gebrauchen wissen. Ich erhielt die Erlaub¬
niſs ohne Einschränkung immer zu dem Kardinal zu
kommen, welches für einen Pilger, wie ich bin,
keine Kleinigkeit ist. Er stutzte gewaltig, als er hörte,
ich wolle übermorgen mein Bündel nehmen und des
Weges weiter wandeln, billigte aber meine Gründe
lachend, als ich ihm sagte, ich wollte vor dem Ein¬
tritt der heiſsen Jahrszeit meinen Spaziergang nach
Syrakus endigen und auf meiner Rückkehr mich län¬
ger hier aufhalten. Er bot mir keine Empfehlung
nach Veletri an, um dort freyeren Eintritt in das Fa¬
milienkabinett zu haben, worüber ich mich einiger
Maſsen wunderte. Aber man hat Schwierigkeiten mit
den Franzosen gehabt und Einige fürchteten sogar, die
Franzosen würden die ganze Sammlung wegschaffen
lassen. Das geschieht nun zwar, wie ich höre, nicht;
aber es ist doch begreiflich, daſs dadurch etwas Furcht¬
samkeit und Unordnung entstanden seyn mag. Uebri¬
gens bin ich nicht nach Italien gegangen, um vorzüg¬
lich Kabinette und Gallerien zu sehen und tröste mich
leicht mit meiner Laienphilosophie.

Eben habe ich Canova gesehen und unsere Freun¬
de, Reinhart und Fernow. Es ist überall wohlthätig,
wenn sich verwandte Menschen treffen; aber wenn sie
sich auf so klassischem Boden finden, gewinnt das Ge¬
fühl eine eigene Magie schöner Humanität. Canova

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[162/0188] ein herzliches Trio gelacht, wo ich so bescheiden als möglich mit einstimmte. Du wirst schon wissen, daſs man in Rom mehr Mönchsgenerale als Kriegsgenerale antrifft. Beyde spielen mit Kanonen, und es wäre nicht schwer zu entscheiden, welche die ihrigen am besten zu gebrauchen wissen. Ich erhielt die Erlaub¬ niſs ohne Einschränkung immer zu dem Kardinal zu kommen, welches für einen Pilger, wie ich bin, keine Kleinigkeit ist. Er stutzte gewaltig, als er hörte, ich wolle übermorgen mein Bündel nehmen und des Weges weiter wandeln, billigte aber meine Gründe lachend, als ich ihm sagte, ich wollte vor dem Ein¬ tritt der heiſsen Jahrszeit meinen Spaziergang nach Syrakus endigen und auf meiner Rückkehr mich län¬ ger hier aufhalten. Er bot mir keine Empfehlung nach Veletri an, um dort freyeren Eintritt in das Fa¬ milienkabinett zu haben, worüber ich mich einiger Maſsen wunderte. Aber man hat Schwierigkeiten mit den Franzosen gehabt und Einige fürchteten sogar, die Franzosen würden die ganze Sammlung wegschaffen lassen. Das geschieht nun zwar, wie ich höre, nicht; aber es ist doch begreiflich, daſs dadurch etwas Furcht¬ samkeit und Unordnung entstanden seyn mag. Uebri¬ gens bin ich nicht nach Italien gegangen, um vorzüg¬ lich Kabinette und Gallerien zu sehen und tröste mich leicht mit meiner Laienphilosophie. Eben habe ich Canova gesehen und unsere Freun¬ de, Reinhart und Fernow. Es ist überall wohlthätig, wenn sich verwandte Menschen treffen; aber wenn sie sich auf so klassischem Boden finden, gewinnt das Ge¬ fühl eine eigene Magie schöner Humanität. Canova

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Zitationshilfe: Seume, Johann Gottfried: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802. Braunschweig u. a., 1803, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seume_syrakus_1803/188>, abgerufen am 28.03.2024.