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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Einleitung.

Wenn man sich jene eisernen Riesenbauten -- z. B. die gewaltigen Brücken,
die in den letzten Jahrzehnten allerorten ausgeführt wurden -- betrachtet, so hat
der Laie wohl eine dunkle Vorstellung von den hierzu aufgewendeten Kräften, aber
in welcher Weise dieselben mit Hilfe maschineller Einrichtungen dienstbar gemacht
werden, davon weiß er wenig. Er hat gehört, daß es Dampfhämmer giebt, welche
mit einem Fallgewichte bis zu 120 Tonnen (2400 Centner) auf die unter ihnen auf
einem kolossal fundamentirten Amboß liegenden Stahlblöcke herabsausen. Das ist
[Abbildung] Fig. 3.

Der Krupp'sche Schießplatz zu Meppen.

offenbar eine gewaltige
Kraft. Aber welche Vor-
stellung macht er sich
von der 5000 Tonnen-
Schmiedepresse, welche im
Krupp'schen Etablisse-
ment arbeitet? Ein solcher
Kraf aufwand ist noch nie
und nirgends aufgewendet
worden und man zittert
bei dem Gedanken, was
geschehen würde, wenn der Cylinder spränge, in welchem eine Kraft von 5 Millionen
Kilogramm auf einen Quadratcentimeter wirkt!

[Abbildung] Fig. 4.

Specialkarte des Montblanc.

Ein solcher Kraft-
aufwand ist aber unbe-
dingt nöthig, um die
ungeheueren Rohstücke zu
bearbeiten. Auch hierin
können nur Zahlen eine
annähernde Vorstellung
vermitteln. Auf dem Werke
der Bethlehem Iron Co.
in South Bethlehem (Pa.)
sind Nickelstahlblöcke bis
zu 124 Tonnen (2480 Centner) Gewicht gegossen worden, und zwar zur An-
fertigung von Panzerplatten für das Kriegsschiff "Iowa". Wie groß mag ein
solcher Block sein, wird man fragen? Nun, ein auf diesem Werke gegossener Nickel-
stahlblock von 101 Tonnen war 5.1 Meter lang und hatte einen Durchmesser von
1.9 Meter. Derselbe wurde zu einem Seelenrohre für ein 16zölliges Küstenver-
theidigungsgeschütz ausgeschmiedet. Das Seelenrohr hatte eine Länge von 14.2 Meter;
zur Herstellung des Mantelrohres war ein noch größerer achteckiger Stahlblock von
110 Tonnen Gewicht erforderlich.

Sollen wir schon in dieser kurzen Einleitung all das Wunderbare flüchtig
berühren, das wir im Verfolge unserer Schilderungen kennen lernen werden? Das

Einleitung.

Wenn man ſich jene eiſernen Rieſenbauten — z. B. die gewaltigen Brücken,
die in den letzten Jahrzehnten allerorten ausgeführt wurden — betrachtet, ſo hat
der Laie wohl eine dunkle Vorſtellung von den hierzu aufgewendeten Kräften, aber
in welcher Weiſe dieſelben mit Hilfe maſchineller Einrichtungen dienſtbar gemacht
werden, davon weiß er wenig. Er hat gehört, daß es Dampfhämmer giebt, welche
mit einem Fallgewichte bis zu 120 Tonnen (2400 Centner) auf die unter ihnen auf
einem koloſſal fundamentirten Amboß liegenden Stahlblöcke herabſauſen. Das iſt
[Abbildung] Fig. 3.

Der Krupp'ſche Schießplatz zu Meppen.

offenbar eine gewaltige
Kraft. Aber welche Vor-
ſtellung macht er ſich
von der 5000 Tonnen-
Schmiedepreſſe, welche im
Krupp'ſchen Etabliſſe-
ment arbeitet? Ein ſolcher
Kraf aufwand iſt noch nie
und nirgends aufgewendet
worden und man zittert
bei dem Gedanken, was
geſchehen würde, wenn der Cylinder ſpränge, in welchem eine Kraft von 5 Millionen
Kilogramm auf einen Quadratcentimeter wirkt!

[Abbildung] Fig. 4.

Specialkarte des Montblanc.

Ein ſolcher Kraft-
aufwand iſt aber unbe-
dingt nöthig, um die
ungeheueren Rohſtücke zu
bearbeiten. Auch hierin
können nur Zahlen eine
annähernde Vorſtellung
vermitteln. Auf dem Werke
der Bethlehem Iron Co.
in South Bethlehem (Pa.)
ſind Nickelſtahlblöcke bis
zu 124 Tonnen (2480 Centner) Gewicht gegoſſen worden, und zwar zur An-
fertigung von Panzerplatten für das Kriegsſchiff »Iowa«. Wie groß mag ein
ſolcher Block ſein, wird man fragen? Nun, ein auf dieſem Werke gegoſſener Nickel-
ſtahlblock von 101 Tonnen war 5‧1 Meter lang und hatte einen Durchmeſſer von
1‧9 Meter. Derſelbe wurde zu einem Seelenrohre für ein 16zölliges Küſtenver-
theidigungsgeſchütz ausgeſchmiedet. Das Seelenrohr hatte eine Länge von 14‧2 Meter;
zur Herſtellung des Mantelrohres war ein noch größerer achteckiger Stahlblock von
110 Tonnen Gewicht erforderlich.

Sollen wir ſchon in dieſer kurzen Einleitung all das Wunderbare flüchtig
berühren, das wir im Verfolge unſerer Schilderungen kennen lernen werden? Das

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[8/0024] Einleitung. Wenn man ſich jene eiſernen Rieſenbauten — z. B. die gewaltigen Brücken, die in den letzten Jahrzehnten allerorten ausgeführt wurden — betrachtet, ſo hat der Laie wohl eine dunkle Vorſtellung von den hierzu aufgewendeten Kräften, aber in welcher Weiſe dieſelben mit Hilfe maſchineller Einrichtungen dienſtbar gemacht werden, davon weiß er wenig. Er hat gehört, daß es Dampfhämmer giebt, welche mit einem Fallgewichte bis zu 120 Tonnen (2400 Centner) auf die unter ihnen auf einem koloſſal fundamentirten Amboß liegenden Stahlblöcke herabſauſen. Das iſt [Abbildung Fig. 3. Der Krupp'ſche Schießplatz zu Meppen.] offenbar eine gewaltige Kraft. Aber welche Vor- ſtellung macht er ſich von der 5000 Tonnen- Schmiedepreſſe, welche im Krupp'ſchen Etabliſſe- ment arbeitet? Ein ſolcher Kraf aufwand iſt noch nie und nirgends aufgewendet worden und man zittert bei dem Gedanken, was geſchehen würde, wenn der Cylinder ſpränge, in welchem eine Kraft von 5 Millionen Kilogramm auf einen Quadratcentimeter wirkt! [Abbildung Fig. 4. Specialkarte des Montblanc.] Ein ſolcher Kraft- aufwand iſt aber unbe- dingt nöthig, um die ungeheueren Rohſtücke zu bearbeiten. Auch hierin können nur Zahlen eine annähernde Vorſtellung vermitteln. Auf dem Werke der Bethlehem Iron Co. in South Bethlehem (Pa.) ſind Nickelſtahlblöcke bis zu 124 Tonnen (2480 Centner) Gewicht gegoſſen worden, und zwar zur An- fertigung von Panzerplatten für das Kriegsſchiff »Iowa«. Wie groß mag ein ſolcher Block ſein, wird man fragen? Nun, ein auf dieſem Werke gegoſſener Nickel- ſtahlblock von 101 Tonnen war 5‧1 Meter lang und hatte einen Durchmeſſer von 1‧9 Meter. Derſelbe wurde zu einem Seelenrohre für ein 16zölliges Küſtenver- theidigungsgeſchütz ausgeſchmiedet. Das Seelenrohr hatte eine Länge von 14‧2 Meter; zur Herſtellung des Mantelrohres war ein noch größerer achteckiger Stahlblock von 110 Tonnen Gewicht erforderlich. Sollen wir ſchon in dieſer kurzen Einleitung all das Wunderbare flüchtig berühren, das wir im Verfolge unſerer Schilderungen kennen lernen werden? Das

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/24>, abgerufen am 16.04.2024.