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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Im einzelnen sind die Bestimmungen innerhalb dieser letzten Gruppe
sehr verschiedenartig.

Durch den Übergang des Eigentums der Domänen an den Staat
entstanden, soweit hierbei Waldungen in Betracht kommen, aus den
landesherrlichen Forsten Staatswaldungen. Man pflegt jedoch auch
in jenen Staaten, in welchen das Eigentum an den Domänen ganz
oder teilweise zwar der fürstlichen Familie vorbehalten, eine Teilung
auf dem Terrain jedoch nicht vollzogen worden ist, die zu den Domänen
gehörigen Forsten als Staatswaldungen zu bezeichnen. In forstpoli-
tischer Beziehung sind diese Modifikationen der staatsrechtlichen Stellung
ohne Bedeutung, die Bewirtschaftung derartiger Forsten erfolgt wenigstens
regelmässig nach den gleichen Grundsätzen, wie jene der reinen Staats-
waldungen.

Eine in rechtlicher Beziehung wesentlich andere Qualität besitzen
jene Waldungen, deren Eigentum der landesherrlichen Familie
zusteht. Bei Betrachtung der Waldeigentums- und Waldwirtschaftsver-
hältnisse werden indessen die Hausfideikommissforsten, Kronforsten,
Schatullforsten u. s. w. gewöhnlich den Staatsforsten zugerechnet.

Für die Geschichte der landesherrlichen bezw. Staatswaldungen sind
seit der Mitte des 18. Jahrhunderts endlich auch noch die verschiedenen
volkswirtschaftlichen Anschauungen und Zustände bedeutungsvoll
geworden.

Schon bald nach dem Bekanntwerden der volkswirtschaftlichen Lehren
von Adam Smith wurde aus dem Satz, dass der Staat ungeeignet zu
dem Betriebe von Gewerben sei, die Folgerung gezogen, dass die Staats-
waldungen veräussert werden müssten.

Zuerst tauchte diese Forderung in Frankreich auf, wo während der
Revolutionsperiode infolge misslicher finanzieller Verhältnisse diese theo-
retische Anschauung durch Veräusserung grosser konfiszierter Güter und
Domänen in die Praxis übersetzt wurde.1)

Um die Wende des 18. u. 19. Jahrhunderts wurde die Forderung, dass
die Staatsforsten veräussert werden sollten, auch in Deutschland gestellt.

Die Notlage der Staatsfinanzen war die Ursache, dass von diesem
Mittel hier ebenfalls und zwar in einigen Staaten in ziemlich umfassen-
der Weise Gebrauch gemacht wurde. In Bayern wurden 1802 und 1803
circa 4400 ha Staatswald verkauft, in Preussen war man nach der
Katastrophe des Jahres 1806 zur gleichen Massregel gedrängt. Dort
führte indessen die Erwerbung der Klostergüter im Jahre 1803 eine
Besserung der Finanzen herbei, hier verhinderte der Einfluss des Ober-
landforstmeisters G. L. Hartig, dass die Staatsforsten bei der Ver-
äusserung von Domänen in erheblichem Masse betroffen wurden.


1) Die Folge dieser Massregel war, dass von den Käufern und von Spekulanten
auf diesen Flächen während der vier Jahre 1789--1793 ungefähr 3,5 Millionen ha
Wald niedergeschlagen wurden.
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Im einzelnen sind die Bestimmungen innerhalb dieser letzten Gruppe
sehr verschiedenartig.

Durch den Übergang des Eigentums der Domänen an den Staat
entstanden, soweit hierbei Waldungen in Betracht kommen, aus den
landesherrlichen Forsten Staatswaldungen. Man pflegt jedoch auch
in jenen Staaten, in welchen das Eigentum an den Domänen ganz
oder teilweise zwar der fürstlichen Familie vorbehalten, eine Teilung
auf dem Terrain jedoch nicht vollzogen worden ist, die zu den Domänen
gehörigen Forsten als Staatswaldungen zu bezeichnen. In forstpoli-
tischer Beziehung sind diese Modifikationen der staatsrechtlichen Stellung
ohne Bedeutung, die Bewirtschaftung derartiger Forsten erfolgt wenigstens
regelmäſsig nach den gleichen Grundsätzen, wie jene der reinen Staats-
waldungen.

Eine in rechtlicher Beziehung wesentlich andere Qualität besitzen
jene Waldungen, deren Eigentum der landesherrlichen Familie
zusteht. Bei Betrachtung der Waldeigentums- und Waldwirtschaftsver-
hältnisse werden indessen die Hausfideikommiſsforsten, Kronforsten,
Schatullforsten u. s. w. gewöhnlich den Staatsforsten zugerechnet.

Für die Geschichte der landesherrlichen bezw. Staatswaldungen sind
seit der Mitte des 18. Jahrhunderts endlich auch noch die verschiedenen
volkswirtschaftlichen Anschauungen und Zustände bedeutungsvoll
geworden.

Schon bald nach dem Bekanntwerden der volkswirtschaftlichen Lehren
von Adam Smith wurde aus dem Satz, daſs der Staat ungeeignet zu
dem Betriebe von Gewerben sei, die Folgerung gezogen, daſs die Staats-
waldungen veräuſsert werden müſsten.

Zuerst tauchte diese Forderung in Frankreich auf, wo während der
Revolutionsperiode infolge miſslicher finanzieller Verhältnisse diese theo-
retische Anschauung durch Veräuſserung groſser konfiszierter Güter und
Domänen in die Praxis übersetzt wurde.1)

Um die Wende des 18. u. 19. Jahrhunderts wurde die Forderung, daſs
die Staatsforsten veräuſsert werden sollten, auch in Deutschland gestellt.

Die Notlage der Staatsfinanzen war die Ursache, daſs von diesem
Mittel hier ebenfalls und zwar in einigen Staaten in ziemlich umfassen-
der Weise Gebrauch gemacht wurde. In Bayern wurden 1802 und 1803
circa 4400 ha Staatswald verkauft, in Preuſsen war man nach der
Katastrophe des Jahres 1806 zur gleichen Maſsregel gedrängt. Dort
führte indessen die Erwerbung der Klostergüter im Jahre 1803 eine
Besserung der Finanzen herbei, hier verhinderte der Einfluſs des Ober-
landforstmeisters G. L. Hartig, daſs die Staatsforsten bei der Ver-
äuſserung von Domänen in erheblichem Maſse betroffen wurden.


1) Die Folge dieser Maſsregel war, daſs von den Käufern und von Spekulanten
auf diesen Flächen während der vier Jahre 1789—1793 ungefähr 3,5 Millionen ha
Wald niedergeschlagen wurden.
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[79/0097] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. Im einzelnen sind die Bestimmungen innerhalb dieser letzten Gruppe sehr verschiedenartig. Durch den Übergang des Eigentums der Domänen an den Staat entstanden, soweit hierbei Waldungen in Betracht kommen, aus den landesherrlichen Forsten Staatswaldungen. Man pflegt jedoch auch in jenen Staaten, in welchen das Eigentum an den Domänen ganz oder teilweise zwar der fürstlichen Familie vorbehalten, eine Teilung auf dem Terrain jedoch nicht vollzogen worden ist, die zu den Domänen gehörigen Forsten als Staatswaldungen zu bezeichnen. In forstpoli- tischer Beziehung sind diese Modifikationen der staatsrechtlichen Stellung ohne Bedeutung, die Bewirtschaftung derartiger Forsten erfolgt wenigstens regelmäſsig nach den gleichen Grundsätzen, wie jene der reinen Staats- waldungen. Eine in rechtlicher Beziehung wesentlich andere Qualität besitzen jene Waldungen, deren Eigentum der landesherrlichen Familie zusteht. Bei Betrachtung der Waldeigentums- und Waldwirtschaftsver- hältnisse werden indessen die Hausfideikommiſsforsten, Kronforsten, Schatullforsten u. s. w. gewöhnlich den Staatsforsten zugerechnet. Für die Geschichte der landesherrlichen bezw. Staatswaldungen sind seit der Mitte des 18. Jahrhunderts endlich auch noch die verschiedenen volkswirtschaftlichen Anschauungen und Zustände bedeutungsvoll geworden. Schon bald nach dem Bekanntwerden der volkswirtschaftlichen Lehren von Adam Smith wurde aus dem Satz, daſs der Staat ungeeignet zu dem Betriebe von Gewerben sei, die Folgerung gezogen, daſs die Staats- waldungen veräuſsert werden müſsten. Zuerst tauchte diese Forderung in Frankreich auf, wo während der Revolutionsperiode infolge miſslicher finanzieller Verhältnisse diese theo- retische Anschauung durch Veräuſserung groſser konfiszierter Güter und Domänen in die Praxis übersetzt wurde. 1) Um die Wende des 18. u. 19. Jahrhunderts wurde die Forderung, daſs die Staatsforsten veräuſsert werden sollten, auch in Deutschland gestellt. Die Notlage der Staatsfinanzen war die Ursache, daſs von diesem Mittel hier ebenfalls und zwar in einigen Staaten in ziemlich umfassen- der Weise Gebrauch gemacht wurde. In Bayern wurden 1802 und 1803 circa 4400 ha Staatswald verkauft, in Preuſsen war man nach der Katastrophe des Jahres 1806 zur gleichen Maſsregel gedrängt. Dort führte indessen die Erwerbung der Klostergüter im Jahre 1803 eine Besserung der Finanzen herbei, hier verhinderte der Einfluſs des Ober- landforstmeisters G. L. Hartig, daſs die Staatsforsten bei der Ver- äuſserung von Domänen in erheblichem Maſse betroffen wurden. 1) Die Folge dieser Maſsregel war, daſs von den Käufern und von Spekulanten auf diesen Flächen während der vier Jahre 1789—1793 ungefähr 3,5 Millionen ha Wald niedergeschlagen wurden.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/97>, abgerufen am 28.03.2024.