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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
hauptschlusses vom Jahre 1803 fiel das Eigentum der geistlichen Güter
(sowohl katholischen als protestantischen) an die Landesherren, so dass
deren Waldbesitz einen bedeutenden Zuwachs erhielt. Den weltlichen
Landständen wurden dagegen bei den Mediatisierungen im Reichs-
deputationshauptschlusse, in der Rheinbundsakte von 1806 und in der
deutschen Bundesakte von 1815 die sämtlichen Domänen als Patrimo-
nial- und Privateigentum belassen.

Man ging dabei von der Ansicht aus, dass das Eigentum an den
Domänen immer der fürstlichen Familie zugestanden habe, aber mit
gewissen Ausgaben im öffentlichen Interesse belastet gewesen sei; mit
dem Rechte der fürstlichen Familie auf die Landesregierung sei jedoch
ipso jure auch die Belastung des Kammergutes mit öffentlichen Aus-
gaben erloschen.

Soweit also der Domanialsbesitz der mediatisierten Fürsten aus
Waldungen bestand, erhielten diese nunmehr den Charakter von Privat-
waldungen.

Den mediatisierten Reichsstädten wurde ihr Wald ebenfalls meist
belassen; nur in seltenen Ausnahmen (z. B. Nürnberger Reichswald)
fiel derselbe an den Staat.

In jenen Staaten, welche nach 1815 noch ihre Selbständigkeit
behaupteten, wurde für die fernere Gestaltung des landesherrlichen
Waldbesitzes die Lösung der staatsrechtlichen Frage nach dem
Eigentumsrechte an den Domänen massgebend.

Diese setzten sich, wie eingangs bereits bemerkt, zusammen aus
reinem Privateigentum der Fürsten und aus solchen Teilen, welche
ihnen mit Rücksicht auf ihr Amt übertragen oder von ihnen als
Landesherren erworben worden waren. Da sich jedoch eine Aus-
scheidung von Staatsgut und Hausgut auf Grund streng historischer
Basis nicht durchführen liess, weil der rechtliche Ursprung und Cha-
rakter der einzelnen Domänen meist nicht mehr mit Sicherheit nach-
gewiesen werden konnte, so erfolgte die Ordnung dieser Angelegenheit
nach politischen und Billigkeitsrücksichten.

Am frühesten wurde diese Angelegenheit in Preussen geregelt, wo
schon 1713 sämtliche Domänen zu Staatsgütern erklärt wurden, in den
übrigen Staaten geschah dieses meist während der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts, und zwar auf sehr verschiedene Weise, in Meiningen
erst 1871.

Die grösseren Staaten (z. B. Bayern, Württemberg und Sachsen)
erkannten die Domänen ebenfalls, wie Preussen, als reine Staatsgüter
an, in den kleineren wurden sie entweder zwischen dem Staate und
der fürstlichen Familie geteilt (Anhalt, Oldenburg, Altenburg), oder das
Grundeigentum der Domänen verblieb zwar der fürstlichen Familie,
jedoch mit der Bestimmung, dass die Einkünfte aus den Domänen ganz
oder teilweise zu Staatsausgaben Verwendung finden sollten.


B. Zweiter (spezieller) Teil.
hauptschlusses vom Jahre 1803 fiel das Eigentum der geistlichen Güter
(sowohl katholischen als protestantischen) an die Landesherren, so daſs
deren Waldbesitz einen bedeutenden Zuwachs erhielt. Den weltlichen
Landständen wurden dagegen bei den Mediatisierungen im Reichs-
deputationshauptschlusse, in der Rheinbundsakte von 1806 und in der
deutschen Bundesakte von 1815 die sämtlichen Domänen als Patrimo-
nial- und Privateigentum belassen.

Man ging dabei von der Ansicht aus, daſs das Eigentum an den
Domänen immer der fürstlichen Familie zugestanden habe, aber mit
gewissen Ausgaben im öffentlichen Interesse belastet gewesen sei; mit
dem Rechte der fürstlichen Familie auf die Landesregierung sei jedoch
ipso jure auch die Belastung des Kammergutes mit öffentlichen Aus-
gaben erloschen.

Soweit also der Domanialsbesitz der mediatisierten Fürsten aus
Waldungen bestand, erhielten diese nunmehr den Charakter von Privat-
waldungen.

Den mediatisierten Reichsstädten wurde ihr Wald ebenfalls meist
belassen; nur in seltenen Ausnahmen (z. B. Nürnberger Reichswald)
fiel derselbe an den Staat.

In jenen Staaten, welche nach 1815 noch ihre Selbständigkeit
behaupteten, wurde für die fernere Gestaltung des landesherrlichen
Waldbesitzes die Lösung der staatsrechtlichen Frage nach dem
Eigentumsrechte an den Domänen maſsgebend.

Diese setzten sich, wie eingangs bereits bemerkt, zusammen aus
reinem Privateigentum der Fürsten und aus solchen Teilen, welche
ihnen mit Rücksicht auf ihr Amt übertragen oder von ihnen als
Landesherren erworben worden waren. Da sich jedoch eine Aus-
scheidung von Staatsgut und Hausgut auf Grund streng historischer
Basis nicht durchführen lieſs, weil der rechtliche Ursprung und Cha-
rakter der einzelnen Domänen meist nicht mehr mit Sicherheit nach-
gewiesen werden konnte, so erfolgte die Ordnung dieser Angelegenheit
nach politischen und Billigkeitsrücksichten.

Am frühesten wurde diese Angelegenheit in Preuſsen geregelt, wo
schon 1713 sämtliche Domänen zu Staatsgütern erklärt wurden, in den
übrigen Staaten geschah dieses meist während der ersten Hälfte des
19. Jahrhunderts, und zwar auf sehr verschiedene Weise, in Meiningen
erst 1871.

Die gröſseren Staaten (z. B. Bayern, Württemberg und Sachsen)
erkannten die Domänen ebenfalls, wie Preuſsen, als reine Staatsgüter
an, in den kleineren wurden sie entweder zwischen dem Staate und
der fürstlichen Familie geteilt (Anhalt, Oldenburg, Altenburg), oder das
Grundeigentum der Domänen verblieb zwar der fürstlichen Familie,
jedoch mit der Bestimmung, daſs die Einkünfte aus den Domänen ganz
oder teilweise zu Staatsausgaben Verwendung finden sollten.


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[78/0096] B. Zweiter (spezieller) Teil. hauptschlusses vom Jahre 1803 fiel das Eigentum der geistlichen Güter (sowohl katholischen als protestantischen) an die Landesherren, so daſs deren Waldbesitz einen bedeutenden Zuwachs erhielt. Den weltlichen Landständen wurden dagegen bei den Mediatisierungen im Reichs- deputationshauptschlusse, in der Rheinbundsakte von 1806 und in der deutschen Bundesakte von 1815 die sämtlichen Domänen als Patrimo- nial- und Privateigentum belassen. Man ging dabei von der Ansicht aus, daſs das Eigentum an den Domänen immer der fürstlichen Familie zugestanden habe, aber mit gewissen Ausgaben im öffentlichen Interesse belastet gewesen sei; mit dem Rechte der fürstlichen Familie auf die Landesregierung sei jedoch ipso jure auch die Belastung des Kammergutes mit öffentlichen Aus- gaben erloschen. Soweit also der Domanialsbesitz der mediatisierten Fürsten aus Waldungen bestand, erhielten diese nunmehr den Charakter von Privat- waldungen. Den mediatisierten Reichsstädten wurde ihr Wald ebenfalls meist belassen; nur in seltenen Ausnahmen (z. B. Nürnberger Reichswald) fiel derselbe an den Staat. In jenen Staaten, welche nach 1815 noch ihre Selbständigkeit behaupteten, wurde für die fernere Gestaltung des landesherrlichen Waldbesitzes die Lösung der staatsrechtlichen Frage nach dem Eigentumsrechte an den Domänen maſsgebend. Diese setzten sich, wie eingangs bereits bemerkt, zusammen aus reinem Privateigentum der Fürsten und aus solchen Teilen, welche ihnen mit Rücksicht auf ihr Amt übertragen oder von ihnen als Landesherren erworben worden waren. Da sich jedoch eine Aus- scheidung von Staatsgut und Hausgut auf Grund streng historischer Basis nicht durchführen lieſs, weil der rechtliche Ursprung und Cha- rakter der einzelnen Domänen meist nicht mehr mit Sicherheit nach- gewiesen werden konnte, so erfolgte die Ordnung dieser Angelegenheit nach politischen und Billigkeitsrücksichten. Am frühesten wurde diese Angelegenheit in Preuſsen geregelt, wo schon 1713 sämtliche Domänen zu Staatsgütern erklärt wurden, in den übrigen Staaten geschah dieses meist während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, und zwar auf sehr verschiedene Weise, in Meiningen erst 1871. Die gröſseren Staaten (z. B. Bayern, Württemberg und Sachsen) erkannten die Domänen ebenfalls, wie Preuſsen, als reine Staatsgüter an, in den kleineren wurden sie entweder zwischen dem Staate und der fürstlichen Familie geteilt (Anhalt, Oldenburg, Altenburg), oder das Grundeigentum der Domänen verblieb zwar der fürstlichen Familie, jedoch mit der Bestimmung, daſs die Einkünfte aus den Domänen ganz oder teilweise zu Staatsausgaben Verwendung finden sollten.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/96>, abgerufen am 29.03.2024.