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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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A. Erster (allgemeiner) Teil.
genannten Werke: "Ganz unbestreitbar und hydrographisch von der
grössten Bedeutung ist die durch den Wald bewirkte Befestigung des
Bodens. Nach dieser Richtung erfüllt auch der Wald des Albgebietes
seine Aufgabe als Schutzwald voll und ganz."

Das Ergebnis der umfassenderen Erhebungen im Stromgebiete des
Rheines über den Einfluss der Bewaldung fasst das ebenfalls bereits
citierte Werk auf S. 107 in folgenden Worten zusammen:

"Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes ist zum wenigsten
überschätzt worden, wenn man der Abnahme der Waldbedeckung, wie
sie sich mit der Zunahme der Bodenkultur allerwärts vollzogen hat,
den schroffen Wechsel in der Wasserführung der Bäche, Flüsse und
Ströme, die Verschärfung einerseits der Trockenperioden (Wasserklem-
men), anderseits der Hochwassererscheinungen ausschliesslich oder
doch in erster Reihe zuschreiben wollte.

Von ganz unzweifelhaft wohlthätiger Bedeutung aber ist der Wald
in den Gebirgen durch die Befestigung des Verwitterungsbodens, wo-
durch Abschwemmungen, Bergschlipfe, die Bildung von Trümmerhalden
und die Lieferung von Schuttmassen nach den Thälern und in die
Wasserläufe verhütet oder gemindert werden. In Bezug auf die Ver-
minderung der Geschiebeführung der Gewässer kommt fast allen Wal-
dungen an den steileren Bergabhängen die Eigenschaft des Schutz-
waldes zu."

So wertvoll und wirksam aber auch der Schutz des Waldes ist, so
wäre es doch ungerechtfertigt, wenn man glauben wollte, dass es mög-
lich ist, durch den Wald allein und unter allen Umständen die
Bildung von Wildbächen und die Abschwemmung der fruchtbaren Boden-
schichten überhaupt verhindern zu können.

Die geognostische Zusammensetzung des Bodens kommt
auch hier ganz besonders in Betracht. Unter gleichen Bewaldungsver-
hältnissen sind die harten Gebirgsarten, wie Kalk, Gneis, Granit u. s. w.,
ungleich widerstandsfähiger als die weichen Formationsglieder, welche
leicht tiefe Runsen zeigen.

Am belehrendsten in dieser Beziehung sind die Karpathen, deren
Masse aus wechsellagernden Schichten von Karpathensandstein und
Thonschiefern von verschiedener Mächtigkeit gebildet wird.

Der Verfasser hat sich schon wiederholt und an verschiedenen
Stellen überzeugt, dass hier mitten im vollständig geschlossenen und
absolut schonend behandelten Walde die Bildung von tiefen Runsen und
gefährlichen Wildbächen vorkommt, indem die Schieferschichten ver-
wittern und vom Wasser weggeführt werden, während die nunmehr haltlos
gewordenen Sandsteinschichten zusammenbrechen. Ebenso hat derselbe
ausgedehnte Vermurungen und Rutschungen gesehen, welche dadurch
entstanden sind, dass die Thonschieferschichten teilweise verwittert und

A. Erster (allgemeiner) Teil.
genannten Werke: „Ganz unbestreitbar und hydrographisch von der
gröſsten Bedeutung ist die durch den Wald bewirkte Befestigung des
Bodens. Nach dieser Richtung erfüllt auch der Wald des Albgebietes
seine Aufgabe als Schutzwald voll und ganz.“

Das Ergebnis der umfassenderen Erhebungen im Stromgebiete des
Rheines über den Einfluſs der Bewaldung faſst das ebenfalls bereits
citierte Werk auf S. 107 in folgenden Worten zusammen:

„Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes ist zum wenigsten
überschätzt worden, wenn man der Abnahme der Waldbedeckung, wie
sie sich mit der Zunahme der Bodenkultur allerwärts vollzogen hat,
den schroffen Wechsel in der Wasserführung der Bäche, Flüsse und
Ströme, die Verschärfung einerseits der Trockenperioden (Wasserklem-
men), anderseits der Hochwassererscheinungen ausschlieſslich oder
doch in erster Reihe zuschreiben wollte.

Von ganz unzweifelhaft wohlthätiger Bedeutung aber ist der Wald
in den Gebirgen durch die Befestigung des Verwitterungsbodens, wo-
durch Abschwemmungen, Bergschlipfe, die Bildung von Trümmerhalden
und die Lieferung von Schuttmassen nach den Thälern und in die
Wasserläufe verhütet oder gemindert werden. In Bezug auf die Ver-
minderung der Geschiebeführung der Gewässer kommt fast allen Wal-
dungen an den steileren Bergabhängen die Eigenschaft des Schutz-
waldes zu.“

So wertvoll und wirksam aber auch der Schutz des Waldes ist, so
wäre es doch ungerechtfertigt, wenn man glauben wollte, daſs es mög-
lich ist, durch den Wald allein und unter allen Umständen die
Bildung von Wildbächen und die Abschwemmung der fruchtbaren Boden-
schichten überhaupt verhindern zu können.

Die geognostische Zusammensetzung des Bodens kommt
auch hier ganz besonders in Betracht. Unter gleichen Bewaldungsver-
hältnissen sind die harten Gebirgsarten, wie Kalk, Gneis, Granit u. s. w.,
ungleich widerstandsfähiger als die weichen Formationsglieder, welche
leicht tiefe Runsen zeigen.

Am belehrendsten in dieser Beziehung sind die Karpathen, deren
Masse aus wechsellagernden Schichten von Karpathensandstein und
Thonschiefern von verschiedener Mächtigkeit gebildet wird.

Der Verfasser hat sich schon wiederholt und an verschiedenen
Stellen überzeugt, daſs hier mitten im vollständig geschlossenen und
absolut schonend behandelten Walde die Bildung von tiefen Runsen und
gefährlichen Wildbächen vorkommt, indem die Schieferschichten ver-
wittern und vom Wasser weggeführt werden, während die nunmehr haltlos
gewordenen Sandsteinschichten zusammenbrechen. Ebenso hat derselbe
ausgedehnte Vermurungen und Rutschungen gesehen, welche dadurch
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[62/0080] A. Erster (allgemeiner) Teil. genannten Werke: „Ganz unbestreitbar und hydrographisch von der gröſsten Bedeutung ist die durch den Wald bewirkte Befestigung des Bodens. Nach dieser Richtung erfüllt auch der Wald des Albgebietes seine Aufgabe als Schutzwald voll und ganz.“ Das Ergebnis der umfassenderen Erhebungen im Stromgebiete des Rheines über den Einfluſs der Bewaldung faſst das ebenfalls bereits citierte Werk auf S. 107 in folgenden Worten zusammen: „Die wasserwirtschaftliche Bedeutung des Waldes ist zum wenigsten überschätzt worden, wenn man der Abnahme der Waldbedeckung, wie sie sich mit der Zunahme der Bodenkultur allerwärts vollzogen hat, den schroffen Wechsel in der Wasserführung der Bäche, Flüsse und Ströme, die Verschärfung einerseits der Trockenperioden (Wasserklem- men), anderseits der Hochwassererscheinungen ausschlieſslich oder doch in erster Reihe zuschreiben wollte. Von ganz unzweifelhaft wohlthätiger Bedeutung aber ist der Wald in den Gebirgen durch die Befestigung des Verwitterungsbodens, wo- durch Abschwemmungen, Bergschlipfe, die Bildung von Trümmerhalden und die Lieferung von Schuttmassen nach den Thälern und in die Wasserläufe verhütet oder gemindert werden. In Bezug auf die Ver- minderung der Geschiebeführung der Gewässer kommt fast allen Wal- dungen an den steileren Bergabhängen die Eigenschaft des Schutz- waldes zu.“ So wertvoll und wirksam aber auch der Schutz des Waldes ist, so wäre es doch ungerechtfertigt, wenn man glauben wollte, daſs es mög- lich ist, durch den Wald allein und unter allen Umständen die Bildung von Wildbächen und die Abschwemmung der fruchtbaren Boden- schichten überhaupt verhindern zu können. Die geognostische Zusammensetzung des Bodens kommt auch hier ganz besonders in Betracht. Unter gleichen Bewaldungsver- hältnissen sind die harten Gebirgsarten, wie Kalk, Gneis, Granit u. s. w., ungleich widerstandsfähiger als die weichen Formationsglieder, welche leicht tiefe Runsen zeigen. Am belehrendsten in dieser Beziehung sind die Karpathen, deren Masse aus wechsellagernden Schichten von Karpathensandstein und Thonschiefern von verschiedener Mächtigkeit gebildet wird. Der Verfasser hat sich schon wiederholt und an verschiedenen Stellen überzeugt, daſs hier mitten im vollständig geschlossenen und absolut schonend behandelten Walde die Bildung von tiefen Runsen und gefährlichen Wildbächen vorkommt, indem die Schieferschichten ver- wittern und vom Wasser weggeführt werden, während die nunmehr haltlos gewordenen Sandsteinschichten zusammenbrechen. Ebenso hat derselbe ausgedehnte Vermurungen und Rutschungen gesehen, welche dadurch entstanden sind, daſs die Thonschieferschichten teilweise verwittert und

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/80>, abgerufen am 24.04.2024.