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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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A. Erster (allgemeiner) Teil.
vorhanden sein müssen, als das angenommene Abtriebsalter (die Um-
triebszeit
) Jahre zählt. Um also z. B. alljährlich 1 ha 120jährigen
Kiefernbestandes abtreiben zu können, sind 120 ha Kiefernwald mit Alters-
abstufungen von 1 -- 120 oder (unmittelbar nach der Ernte eines Be-
standes) 0 -- 119 Jahren erforderlich.

Da aus technischen und wirtschaftlichen Gründen die einzelnen
Jahresschläge nicht allzuklein (mindestens etwa 1 ha) sein dürfen, so
ergiebt sich, dass der sog. jährliche Nachhaltsbetrieb bei schlagweis be-
handeltem Hochwald immerhin eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung
des Waldbesitzes erfordert.

Nach den Seite 13 mitgeteilten Zahlen repräsentiert das hierzu
nötige Holzkapital z. B. bei der Kiefer I. Bonität und 120jährigem Um-
triebe den Betrag von 322200 Mk. Es ergiebt sich daher schon aus diesen
nur beispielsweise mitgeteilten Zahlen, dass die Forstwirtschaft als selbst-
ständiger
Betrieb nur in der Form des Grossbesitzes möglich ist.

Neben dem erforderlichen grossen Betriebskapital kommen hierfür
aber auch noch verschiedene andere wichtige Gründe in Betracht.

Wie die in Tabelle II mitgeteilten Zahlen zeigen, liefert der Forst-
betrieb, pro ha berechnet, nur eine ziemlich geringe Einnahme; 30 bis
40 Mk. dürfen schon als ein sehr günstiges Resultat betrachtet werden.
Um also eine Einnahme von jährlich nur 10000 Mk. zu erzielen, ist
mindestens ein Waldbesitz von 250 -- 300 ha nötig.

Wegen der technischen Kenntnisse, welche die Leitung des forst-
lichen Betriebes voraussetzt, ist der Besitzer in den meisten Fällen ge-
nötigt, Beamte anzustellen, deren Arbeitsleistung, nach den oben mitge-
teilten Zahlen der preussischen Staatsforstverwaltung, erst bei einer
ziemlich ansehnlichen Fläche voll ausgenutzt werden kann.

Die wirtschaftlich-vorteilhafteste Fruktifizierung des Besitzes durch
Transportanlagen, Handelsverbindungen, Beteiligung am Grosshandel
u. s. w. setzen ferner eine gewisse Massenproduktion voraus.

Auch technische Rücksichten, wie Bildung von Hiebszügen, Ver-
meidung der Nachteile der Gemenglage, Selbstversicherung bei Feuers-
gefahr, Ermöglichung der langsam fortschreitenden natürlichen Verjüngung,
lassen den Grossbesitz für den Betrieb der Forstwirtschaft
ungleich geeigneter erscheinen als den Kleinbesitz.

In der That weisst auch die Statistik der Waldeigentumsverhält-
nisse nach, dass Grossbesitz und Grossbetrieb weitaus überwiegen.

In Deutschland befindet sich etwa 1/3 der gesamten Waldfläche in
den Händen des Staates oder der Krone, ein ähnlicher, teilweise aber
sogar noch ein viel höherer Prozentsatz findet sich auch in anderen
Ländern (Russland 60%, Spanien und Griechenland 80 %). In Deutschland
nehmen ferner die Gemeinde-, Körperschafts- und Genossenschaftsforsten
20 % der Waldfläche ein, in Oesterreich 14 %, in Ungarn 45 %.


A. Erster (allgemeiner) Teil.
vorhanden sein müssen, als das angenommene Abtriebsalter (die Um-
triebszeit
) Jahre zählt. Um also z. B. alljährlich 1 ha 120jährigen
Kiefernbestandes abtreiben zu können, sind 120 ha Kiefernwald mit Alters-
abstufungen von 1 — 120 oder (unmittelbar nach der Ernte eines Be-
standes) 0 — 119 Jahren erforderlich.

Da aus technischen und wirtschaftlichen Gründen die einzelnen
Jahresschläge nicht allzuklein (mindestens etwa 1 ha) sein dürfen, so
ergiebt sich, daſs der sog. jährliche Nachhaltsbetrieb bei schlagweis be-
handeltem Hochwald immerhin eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung
des Waldbesitzes erfordert.

Nach den Seite 13 mitgeteilten Zahlen repräsentiert das hierzu
nötige Holzkapital z. B. bei der Kiefer I. Bonität und 120jährigem Um-
triebe den Betrag von 322200 Mk. Es ergiebt sich daher schon aus diesen
nur beispielsweise mitgeteilten Zahlen, daſs die Forstwirtschaft als selbst-
ständiger
Betrieb nur in der Form des Groſsbesitzes möglich ist.

Neben dem erforderlichen groſsen Betriebskapital kommen hierfür
aber auch noch verschiedene andere wichtige Gründe in Betracht.

Wie die in Tabelle II mitgeteilten Zahlen zeigen, liefert der Forst-
betrieb, pro ha berechnet, nur eine ziemlich geringe Einnahme; 30 bis
40 Mk. dürfen schon als ein sehr günstiges Resultat betrachtet werden.
Um also eine Einnahme von jährlich nur 10000 Mk. zu erzielen, ist
mindestens ein Waldbesitz von 250 — 300 ha nötig.

Wegen der technischen Kenntnisse, welche die Leitung des forst-
lichen Betriebes voraussetzt, ist der Besitzer in den meisten Fällen ge-
nötigt, Beamte anzustellen, deren Arbeitsleistung, nach den oben mitge-
teilten Zahlen der preuſsischen Staatsforstverwaltung, erst bei einer
ziemlich ansehnlichen Fläche voll ausgenutzt werden kann.

Die wirtschaftlich-vorteilhafteste Fruktifizierung des Besitzes durch
Transportanlagen, Handelsverbindungen, Beteiligung am Groſshandel
u. s. w. setzen ferner eine gewisse Massenproduktion voraus.

Auch technische Rücksichten, wie Bildung von Hiebszügen, Ver-
meidung der Nachteile der Gemenglage, Selbstversicherung bei Feuers-
gefahr, Ermöglichung der langsam fortschreitenden natürlichen Verjüngung,
lassen den Groſsbesitz für den Betrieb der Forstwirtschaft
ungleich geeigneter erscheinen als den Kleinbesitz.

In der That weiſst auch die Statistik der Waldeigentumsverhält-
nisse nach, daſs Groſsbesitz und Groſsbetrieb weitaus überwiegen.

In Deutschland befindet sich etwa ⅓ der gesamten Waldfläche in
den Händen des Staates oder der Krone, ein ähnlicher, teilweise aber
sogar noch ein viel höherer Prozentsatz findet sich auch in anderen
Ländern (Ruſsland 60%, Spanien und Griechenland 80 %). In Deutschland
nehmen ferner die Gemeinde-, Körperschafts- und Genossenschaftsforsten
20 % der Waldfläche ein, in Oesterreich 14 %, in Ungarn 45 %.


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[18/0036] A. Erster (allgemeiner) Teil. vorhanden sein müssen, als das angenommene Abtriebsalter (die Um- triebszeit) Jahre zählt. Um also z. B. alljährlich 1 ha 120jährigen Kiefernbestandes abtreiben zu können, sind 120 ha Kiefernwald mit Alters- abstufungen von 1 — 120 oder (unmittelbar nach der Ernte eines Be- standes) 0 — 119 Jahren erforderlich. Da aus technischen und wirtschaftlichen Gründen die einzelnen Jahresschläge nicht allzuklein (mindestens etwa 1 ha) sein dürfen, so ergiebt sich, daſs der sog. jährliche Nachhaltsbetrieb bei schlagweis be- handeltem Hochwald immerhin eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung des Waldbesitzes erfordert. Nach den Seite 13 mitgeteilten Zahlen repräsentiert das hierzu nötige Holzkapital z. B. bei der Kiefer I. Bonität und 120jährigem Um- triebe den Betrag von 322200 Mk. Es ergiebt sich daher schon aus diesen nur beispielsweise mitgeteilten Zahlen, daſs die Forstwirtschaft als selbst- ständiger Betrieb nur in der Form des Groſsbesitzes möglich ist. Neben dem erforderlichen groſsen Betriebskapital kommen hierfür aber auch noch verschiedene andere wichtige Gründe in Betracht. Wie die in Tabelle II mitgeteilten Zahlen zeigen, liefert der Forst- betrieb, pro ha berechnet, nur eine ziemlich geringe Einnahme; 30 bis 40 Mk. dürfen schon als ein sehr günstiges Resultat betrachtet werden. Um also eine Einnahme von jährlich nur 10000 Mk. zu erzielen, ist mindestens ein Waldbesitz von 250 — 300 ha nötig. Wegen der technischen Kenntnisse, welche die Leitung des forst- lichen Betriebes voraussetzt, ist der Besitzer in den meisten Fällen ge- nötigt, Beamte anzustellen, deren Arbeitsleistung, nach den oben mitge- teilten Zahlen der preuſsischen Staatsforstverwaltung, erst bei einer ziemlich ansehnlichen Fläche voll ausgenutzt werden kann. Die wirtschaftlich-vorteilhafteste Fruktifizierung des Besitzes durch Transportanlagen, Handelsverbindungen, Beteiligung am Groſshandel u. s. w. setzen ferner eine gewisse Massenproduktion voraus. Auch technische Rücksichten, wie Bildung von Hiebszügen, Ver- meidung der Nachteile der Gemenglage, Selbstversicherung bei Feuers- gefahr, Ermöglichung der langsam fortschreitenden natürlichen Verjüngung, lassen den Groſsbesitz für den Betrieb der Forstwirtschaft ungleich geeigneter erscheinen als den Kleinbesitz. In der That weiſst auch die Statistik der Waldeigentumsverhält- nisse nach, daſs Groſsbesitz und Groſsbetrieb weitaus überwiegen. In Deutschland befindet sich etwa ⅓ der gesamten Waldfläche in den Händen des Staates oder der Krone, ein ähnlicher, teilweise aber sogar noch ein viel höherer Prozentsatz findet sich auch in anderen Ländern (Ruſsland 60%, Spanien und Griechenland 80 %). In Deutschland nehmen ferner die Gemeinde-, Körperschafts- und Genossenschaftsforsten 20 % der Waldfläche ein, in Oesterreich 14 %, in Ungarn 45 %.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/36>, abgerufen am 28.03.2024.