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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
I. Abschnitt.
Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.

§ 1. Die Forstwirtschaft und ihre Produktionsfaktoren. Forst-
wirtschaft
ist die auf Erzeugung und Gewinnung von Forstprodukten
gerichtete menschliche Thätigkeit.

Diese besteht auf den niedersten Stufen der Forstwirtschaft in einer
reinen Okkupation und entwickelt sich allmählich zu einer zielbewussten
Leitung der produktiven Naturkräfte zur Hervorbringung von Sachgütern.

Die Forstwirtschaft gehört zu den Gewerben der Urproduktion und
bildet einen Zweig der Landwirtschaft im weitesten Sinne. Von den
drei grossen Kategorien der Produktionsfaktoren: Natur, Arbeit und
Kapital macht sie an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten
einen sehr ungleichmässigen Gebrauch.

Die Stellung der Forstwirtschaft gegenüber anderen Gewerben im
System der Volkswirtschaft ergiebt sich durch eine kurze Betrachtung
der Art und Weise, wie diese Produktionsfaktoren in ihr thätig sind.

§ 2. Bedeutung der Naturkräfte für die Forstwirtschaft. Die natür-
lichen Bedingungen der Produktion werden mit dem gemeinschaftlichen
Ausdruck: Standort bezeichnet. Hierher gehören vor allem: die che-
mischen und physikalischen Eigenschaften des Boden, die allgemeine
geographische und die specielle örtliche Lage, sowie das Klima. Als
Naturkräfte sind ferner noch zu erwähnen: die chemische Kraft der
Sonnenstrahlen und die Bestandteile der Luft.


aus dem mittelalterlich-lateinischen und romanischen: foresta abgeleitet. -- Als sich
im Laufe der Zeit bei Entwicklung des Eigentumes an Waldungen und bei Aus-
scheidung besonderer Waldungen für den Gebrauch des Königs das Bedürfnis nach
einem besonderen Ausdruck für "Herrenwald" zeigte, benutzte man im 6. und
7. Jahrhundert das Wort forst, forestis speziell zur Bezeichnung dieser Art von
Waldungen, und es scheint das deutsche Wort: forst diese Bedeutung durch das ganze
Mittelalter behalten zu haben, denn noch Maaler (die teütsch spraach, Turgau 1561)
erklärt: forest einfach als "Fronwald", wald frono. Das lateinische forestum nahm
dann gegen den Schluss des 8. Jahrhunderts die Bedeutung "Bannforst" und um die
Mitte des 9. Jahrhunderts ausserdem auch noch jene der Berechtigung zur Jagd- und
Fischereiausübung selbst im abstrakten Sinne an (vgl. meinen Aufsatz: Zur Bedeutung
und Etymologie des Wortes "Forst" im forstwissenschaftlichen Zentralblatt 1884,
S. 515 ff.). -- Im Laufe der Zeit erhielt dann das Wort noch verschiedene andere
Bedeutungen dadurch, dass das lateinische forestum seit dem 10. und 11. Jahrhundert
mit der Ausdehnung der Wildbannsgerechtigkeit nicht nur das durch Königsbann
geschützte Jagdrecht, sondern auch noch die Befugnis in sich schloss, andere Nutzungen
in den betreffenden Waldungen, namentlich die Rodungen zu untersagen und die
Gerichtsbarkeit gegen Zuwiderhandelnde auszuüben. Gegen das Ende des Mittel-
alters wurde das deutsche "Forst" nicht nur zur Bezeichnung des Waldes und dessen
Eigentümers, sondern auch im Sinne von: Forsthoheit, Forstgerechtigkeit gebraucht.
Daneben hat Forst in den Urkunden aber stets auch die Bedeutung eines besonders
gehegten und geschützten Waldes gehabt und behalten.
I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
I. Abschnitt.
Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.

§ 1. Die Forstwirtschaft und ihre Produktionsfaktoren. Forst-
wirtschaft
ist die auf Erzeugung und Gewinnung von Forstprodukten
gerichtete menschliche Thätigkeit.

Diese besteht auf den niedersten Stufen der Forstwirtschaft in einer
reinen Okkupation und entwickelt sich allmählich zu einer zielbewuſsten
Leitung der produktiven Naturkräfte zur Hervorbringung von Sachgütern.

Die Forstwirtschaft gehört zu den Gewerben der Urproduktion und
bildet einen Zweig der Landwirtschaft im weitesten Sinne. Von den
drei groſsen Kategorien der Produktionsfaktoren: Natur, Arbeit und
Kapital macht sie an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten
einen sehr ungleichmäſsigen Gebrauch.

Die Stellung der Forstwirtschaft gegenüber anderen Gewerben im
System der Volkswirtschaft ergiebt sich durch eine kurze Betrachtung
der Art und Weise, wie diese Produktionsfaktoren in ihr thätig sind.

§ 2. Bedeutung der Naturkräfte für die Forstwirtschaft. Die natür-
lichen Bedingungen der Produktion werden mit dem gemeinschaftlichen
Ausdruck: Standort bezeichnet. Hierher gehören vor allem: die che-
mischen und physikalischen Eigenschaften des Boden, die allgemeine
geographische und die specielle örtliche Lage, sowie das Klima. Als
Naturkräfte sind ferner noch zu erwähnen: die chemische Kraft der
Sonnenstrahlen und die Bestandteile der Luft.


aus dem mittelalterlich-lateinischen und romanischen: foresta abgeleitet. — Als sich
im Laufe der Zeit bei Entwicklung des Eigentumes an Waldungen und bei Aus-
scheidung besonderer Waldungen für den Gebrauch des Königs das Bedürfnis nach
einem besonderen Ausdruck für „Herrenwald“ zeigte, benutzte man im 6. und
7. Jahrhundert das Wort forst, forestis speziell zur Bezeichnung dieser Art von
Waldungen, und es scheint das deutsche Wort: forst diese Bedeutung durch das ganze
Mittelalter behalten zu haben, denn noch Maaler (die teütsch spráach, Turgau 1561)
erklärt: forest einfach als „Fronwald“, wald frônô. Das lateinische forestum nahm
dann gegen den Schluſs des 8. Jahrhunderts die Bedeutung „Bannforst“ und um die
Mitte des 9. Jahrhunderts auſserdem auch noch jene der Berechtigung zur Jagd- und
Fischereiausübung selbst im abstrakten Sinne an (vgl. meinen Aufsatz: Zur Bedeutung
und Etymologie des Wortes „Forst“ im forstwissenschaftlichen Zentralblatt 1884,
S. 515 ff.). — Im Laufe der Zeit erhielt dann das Wort noch verschiedene andere
Bedeutungen dadurch, daſs das lateinische forestum seit dem 10. und 11. Jahrhundert
mit der Ausdehnung der Wildbannsgerechtigkeit nicht nur das durch Königsbann
geschützte Jagdrecht, sondern auch noch die Befugnis in sich schloſs, andere Nutzungen
in den betreffenden Waldungen, namentlich die Rodungen zu untersagen und die
Gerichtsbarkeit gegen Zuwiderhandelnde auszuüben. Gegen das Ende des Mittel-
alters wurde das deutsche „Forst“ nicht nur zur Bezeichnung des Waldes und dessen
Eigentümers, sondern auch im Sinne von: Forsthoheit, Forstgerechtigkeit gebraucht.
Daneben hat Forst in den Urkunden aber stets auch die Bedeutung eines besonders
gehegten und geschützten Waldes gehabt und behalten.
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[7/0025] I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft. I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft. § 1. Die Forstwirtschaft und ihre Produktionsfaktoren. Forst- wirtschaft ist die auf Erzeugung und Gewinnung von Forstprodukten gerichtete menschliche Thätigkeit. Diese besteht auf den niedersten Stufen der Forstwirtschaft in einer reinen Okkupation und entwickelt sich allmählich zu einer zielbewuſsten Leitung der produktiven Naturkräfte zur Hervorbringung von Sachgütern. Die Forstwirtschaft gehört zu den Gewerben der Urproduktion und bildet einen Zweig der Landwirtschaft im weitesten Sinne. Von den drei groſsen Kategorien der Produktionsfaktoren: Natur, Arbeit und Kapital macht sie an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten einen sehr ungleichmäſsigen Gebrauch. Die Stellung der Forstwirtschaft gegenüber anderen Gewerben im System der Volkswirtschaft ergiebt sich durch eine kurze Betrachtung der Art und Weise, wie diese Produktionsfaktoren in ihr thätig sind. § 2. Bedeutung der Naturkräfte für die Forstwirtschaft. Die natür- lichen Bedingungen der Produktion werden mit dem gemeinschaftlichen Ausdruck: Standort bezeichnet. Hierher gehören vor allem: die che- mischen und physikalischen Eigenschaften des Boden, die allgemeine geographische und die specielle örtliche Lage, sowie das Klima. Als Naturkräfte sind ferner noch zu erwähnen: die chemische Kraft der Sonnenstrahlen und die Bestandteile der Luft. 2) 2) aus dem mittelalterlich-lateinischen und romanischen: foresta abgeleitet. — Als sich im Laufe der Zeit bei Entwicklung des Eigentumes an Waldungen und bei Aus- scheidung besonderer Waldungen für den Gebrauch des Königs das Bedürfnis nach einem besonderen Ausdruck für „Herrenwald“ zeigte, benutzte man im 6. und 7. Jahrhundert das Wort forst, forestis speziell zur Bezeichnung dieser Art von Waldungen, und es scheint das deutsche Wort: forst diese Bedeutung durch das ganze Mittelalter behalten zu haben, denn noch Maaler (die teütsch spráach, Turgau 1561) erklärt: forest einfach als „Fronwald“, wald frônô. Das lateinische forestum nahm dann gegen den Schluſs des 8. Jahrhunderts die Bedeutung „Bannforst“ und um die Mitte des 9. Jahrhunderts auſserdem auch noch jene der Berechtigung zur Jagd- und Fischereiausübung selbst im abstrakten Sinne an (vgl. meinen Aufsatz: Zur Bedeutung und Etymologie des Wortes „Forst“ im forstwissenschaftlichen Zentralblatt 1884, S. 515 ff.). — Im Laufe der Zeit erhielt dann das Wort noch verschiedene andere Bedeutungen dadurch, daſs das lateinische forestum seit dem 10. und 11. Jahrhundert mit der Ausdehnung der Wildbannsgerechtigkeit nicht nur das durch Königsbann geschützte Jagdrecht, sondern auch noch die Befugnis in sich schloſs, andere Nutzungen in den betreffenden Waldungen, namentlich die Rodungen zu untersagen und die Gerichtsbarkeit gegen Zuwiderhandelnde auszuüben. Gegen das Ende des Mittel- alters wurde das deutsche „Forst“ nicht nur zur Bezeichnung des Waldes und dessen Eigentümers, sondern auch im Sinne von: Forsthoheit, Forstgerechtigkeit gebraucht. Daneben hat Forst in den Urkunden aber stets auch die Bedeutung eines besonders gehegten und geschützten Waldes gehabt und behalten.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/25>, abgerufen am 29.03.2024.