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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
lichen lokal beschränkten Schutz gewährt der Wald gegen Schnee-
verwehungen
.

4. Die Abhaltung oder Beschränkung der Lawinengefahr
hängt von den örtlichen Verhältnissen ab und kann der Wald unter
Umständen hier sehr viel, in anderen Fällen aber auch nur wenig
leisten.

Waldungen, welche durch ihre Lage und die Beschaffenheit des
von ihnen eingenommenen Terrains für die Kulturfähigkeit nicht nur
ihres eigenen Geländes sondern auch für jene benachbarter Grundstücke
oder ganzer Landstriche von Bedeutung sind, heissen Schutzwal-
dungen
oder Bannwaldungen.

Derartige Waldungen dienen zum Schutze öffentlicher Interessen
gegen Gefahren.

Die Schwierigkeit der Durchführung liegt in der Feststellung der
Grenzlinie, wo das öffentliche Interesse beginnt.

Der österreichische Gesetzentwurf von 1878 unterschied ausser den
Bannwaldungen auch noch Schonwaldungen, und rechnete zu letz-
teren solche Waldungen, deren schwierige Standortsverhältnisse beson-
dere Vorschriften zur Sicherung der Wiederbestockung des Waldgrundes
oder zum Schutze ihrer Bestände gegen Elementargefahren erfordern,
z. B. Wälder auf Flugsandboden oder auf einem Boden, dessen Ab-
schwemmung zu befürchten ist.

Diese Trennung scheint nicht erforderlich, weil die Schäden,
welche sich auf dem Terrain des betreffenden Schonwaldes ereignen,
auch die Umgebung gefährden, wie z. B. Flugsandbildung und Ab-
schwemmung. Der Fall, dass ein Schonwald nicht auch Bannwald ist,
dürfte zu den grössten Seltenheiten gehören, im betreffenden Falle würde
aber ein öffentliches Interesse nicht mehr vorhanden sein, und es müsste
dem Besitzer überlassen werden, im eigenen Interesse den Umständen
gemäss vorsichtig zu wirtschaften.

Da die Grenzen, innerhalb welcher der Wald Schutz zu gewähren
vermag, noch nicht genügend feststehen, so giebt es auch keine er-
schöpfende Definition des Begriffes "Schutzwald", namentlich aber
keine solche, welche es ermöglicht, bei der praktischen Anwendung
mit Sicherheit zu bestimmen, ob einem konkreten Walde derartige
Wirkungen zuzuschreiben sind.

Die Gesetze bezüglich der Schutzwaldungen enthalten daher keine
allgemeine Definition, sondern führen die Gefahren an, welche durch
den Wald verhütet werden sollen. 1) Als solche gelten:


1) Die hier in Betracht kommenden Gesetze sind: Preussen, Gesetz vom 6.
VII. 1875 betr. Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften, Bayern, Forstgesetz
vom 28. III. 1852, Württemberg, Forstpolizeigesetz vom 8. IX. 1879, Elsass-
Lothringen
, Gesetz betr. die Wiederbewaldung der Berge 26. VII. 1860, und betr.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
lichen lokal beschränkten Schutz gewährt der Wald gegen Schnee-
verwehungen
.

4. Die Abhaltung oder Beschränkung der Lawinengefahr
hängt von den örtlichen Verhältnissen ab und kann der Wald unter
Umständen hier sehr viel, in anderen Fällen aber auch nur wenig
leisten.

Waldungen, welche durch ihre Lage und die Beschaffenheit des
von ihnen eingenommenen Terrains für die Kulturfähigkeit nicht nur
ihres eigenen Geländes sondern auch für jene benachbarter Grundstücke
oder ganzer Landstriche von Bedeutung sind, heiſsen Schutzwal-
dungen
oder Bannwaldungen.

Derartige Waldungen dienen zum Schutze öffentlicher Interessen
gegen Gefahren.

Die Schwierigkeit der Durchführung liegt in der Feststellung der
Grenzlinie, wo das öffentliche Interesse beginnt.

Der österreichische Gesetzentwurf von 1878 unterschied auſser den
Bannwaldungen auch noch Schonwaldungen, und rechnete zu letz-
teren solche Waldungen, deren schwierige Standortsverhältnisse beson-
dere Vorschriften zur Sicherung der Wiederbestockung des Waldgrundes
oder zum Schutze ihrer Bestände gegen Elementargefahren erfordern,
z. B. Wälder auf Flugsandboden oder auf einem Boden, dessen Ab-
schwemmung zu befürchten ist.

Diese Trennung scheint nicht erforderlich, weil die Schäden,
welche sich auf dem Terrain des betreffenden Schonwaldes ereignen,
auch die Umgebung gefährden, wie z. B. Flugsandbildung und Ab-
schwemmung. Der Fall, daſs ein Schonwald nicht auch Bannwald ist,
dürfte zu den gröſsten Seltenheiten gehören, im betreffenden Falle würde
aber ein öffentliches Interesse nicht mehr vorhanden sein, und es müſste
dem Besitzer überlassen werden, im eigenen Interesse den Umständen
gemäſs vorsichtig zu wirtschaften.

Da die Grenzen, innerhalb welcher der Wald Schutz zu gewähren
vermag, noch nicht genügend feststehen, so giebt es auch keine er-
schöpfende Definition des Begriffes „Schutzwald“, namentlich aber
keine solche, welche es ermöglicht, bei der praktischen Anwendung
mit Sicherheit zu bestimmen, ob einem konkreten Walde derartige
Wirkungen zuzuschreiben sind.

Die Gesetze bezüglich der Schutzwaldungen enthalten daher keine
allgemeine Definition, sondern führen die Gefahren an, welche durch
den Wald verhütet werden sollen. 1) Als solche gelten:


1) Die hier in Betracht kommenden Gesetze sind: Preuſsen, Gesetz vom 6.
VII. 1875 betr. Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften, Bayern, Forstgesetz
vom 28. III. 1852, Württemberg, Forstpolizeigesetz vom 8. IX. 1879, Elsaſs-
Lothringen
, Gesetz betr. die Wiederbewaldung der Berge 26. VII. 1860, und betr.
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[228/0246] B. Zweiter (spezieller) Teil. lichen lokal beschränkten Schutz gewährt der Wald gegen Schnee- verwehungen. 4. Die Abhaltung oder Beschränkung der Lawinengefahr hängt von den örtlichen Verhältnissen ab und kann der Wald unter Umständen hier sehr viel, in anderen Fällen aber auch nur wenig leisten. Waldungen, welche durch ihre Lage und die Beschaffenheit des von ihnen eingenommenen Terrains für die Kulturfähigkeit nicht nur ihres eigenen Geländes sondern auch für jene benachbarter Grundstücke oder ganzer Landstriche von Bedeutung sind, heiſsen Schutzwal- dungen oder Bannwaldungen. Derartige Waldungen dienen zum Schutze öffentlicher Interessen gegen Gefahren. Die Schwierigkeit der Durchführung liegt in der Feststellung der Grenzlinie, wo das öffentliche Interesse beginnt. Der österreichische Gesetzentwurf von 1878 unterschied auſser den Bannwaldungen auch noch Schonwaldungen, und rechnete zu letz- teren solche Waldungen, deren schwierige Standortsverhältnisse beson- dere Vorschriften zur Sicherung der Wiederbestockung des Waldgrundes oder zum Schutze ihrer Bestände gegen Elementargefahren erfordern, z. B. Wälder auf Flugsandboden oder auf einem Boden, dessen Ab- schwemmung zu befürchten ist. Diese Trennung scheint nicht erforderlich, weil die Schäden, welche sich auf dem Terrain des betreffenden Schonwaldes ereignen, auch die Umgebung gefährden, wie z. B. Flugsandbildung und Ab- schwemmung. Der Fall, daſs ein Schonwald nicht auch Bannwald ist, dürfte zu den gröſsten Seltenheiten gehören, im betreffenden Falle würde aber ein öffentliches Interesse nicht mehr vorhanden sein, und es müſste dem Besitzer überlassen werden, im eigenen Interesse den Umständen gemäſs vorsichtig zu wirtschaften. Da die Grenzen, innerhalb welcher der Wald Schutz zu gewähren vermag, noch nicht genügend feststehen, so giebt es auch keine er- schöpfende Definition des Begriffes „Schutzwald“, namentlich aber keine solche, welche es ermöglicht, bei der praktischen Anwendung mit Sicherheit zu bestimmen, ob einem konkreten Walde derartige Wirkungen zuzuschreiben sind. Die Gesetze bezüglich der Schutzwaldungen enthalten daher keine allgemeine Definition, sondern führen die Gefahren an, welche durch den Wald verhütet werden sollen. 1) Als solche gelten: 1) Die hier in Betracht kommenden Gesetze sind: Preuſsen, Gesetz vom 6. VII. 1875 betr. Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften, Bayern, Forstgesetz vom 28. III. 1852, Württemberg, Forstpolizeigesetz vom 8. IX. 1879, Elsaſs- Lothringen, Gesetz betr. die Wiederbewaldung der Berge 26. VII. 1860, und betr.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/246>, abgerufen am 20.04.2024.