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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Das österreichische Krankenversicherungsgesetz vom
30. März 1888, welches in allen wesentlichen Punkten dem deutschen
Gesetze entspricht, hat die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter sowie
die betr. Betriebsbeamten von der Versicherungspflicht ausdrück-
lich ausgenommen und zwar selbst dann, wenn für sie Unfallversiche-
rungspflicht besteht. Die Regelung dieses Versicherungszweiges soll
durch besondere Landesgesetze erfolgen.

Infolge eines Beschlusses des Herrenhauses sind die betr. Personen
zwar für versicherungsberechtigt erklärt, allein diese Bestim-
mungen sind so unklar und teilweise sogar widersprechend, so dass die
gute Absicht des Gesetzgebers nicht erreicht worden ist.

Es kann nämlich u. a. die Erklärung des Beitrittes zur Bezirks-
krankenkasse von seiten der Waldarbeiter erst rechtsverbindlich er-
folgen, wenn eine Vereinbarung mit der Bezirkskrankenkasse unter Mit-
wirkung der Aufsichtsbehörde erfolgt ist.

In Frankreich kommt für die Waldarbeiter nur das Gesetz
"über die unentgeltliche Krankenpflege" vom 18. Juli 1893 in Betracht.
Hiernach erhält jeder kranke Franzose, wenn er mittellos ist, von der
Gemeinde, dem Departement oder dem Staate kostenlos Krankenpflege
entweder in seiner Wohnung oder, wenn dort eine zweckmässige Pflege
ausgeschlossen ist, in einem Spitale.

Zu diesem Zwecke wird jede Gemeinde für die Behandlung ihrer
Kranken einem oder mehreren der nächsten Spitale zugewiesen.

Es wird Sache der Ausführung sein, die nach Art. 12 des Gesetzes
vorgschriebene Liste möglichst weit zu greifen, denn im Falle der Krank-
heit wird es einer Unzahl von Menschen unmöglich, für sich selbst zu
sorgen, welche im übrigen nicht auf die Armenpflege angewiesen
sind. Ganz besonders gilt dies auch für die Waldarbeiter.

§ 3. Die Unfallversicherung. Bezüglich der Unfallversicherung
ist das erste Gesetz der neuen Ära jenes vom 6. Juli 1884, welches
jedoch die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter überhaupt nicht be-
rücksichtigte. Für diese ist erst durch das Gesetz betreffend die Un-
fall-
und Krankenversicherung der in land- und forstwirt-
schaftlichen Betrieben beschäftigten Personen
vom 5. Mai
1886 Vorsorge getroffen.

Nach diesem Gesetze sind alle land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter
sowie die Betriebsbeamten (ausschliessl. Staats-, Reichs- und Kommunal-
beamte), sofern deren Gehalt 2000 M. nicht übersteigt, gegen die Folgen
der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle versichert, wenn der
Verletzte den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. 1)


1) Bezüglich der Bedeutung der Unfallversicherung für Land- und Forstwirt-
schaft enthält die "Statistik der entschädigungspflichtigen Unfälle" für
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Das österreichische Krankenversicherungsgesetz vom
30. März 1888, welches in allen wesentlichen Punkten dem deutschen
Gesetze entspricht, hat die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter sowie
die betr. Betriebsbeamten von der Versicherungspflicht ausdrück-
lich ausgenommen und zwar selbst dann, wenn für sie Unfallversiche-
rungspflicht besteht. Die Regelung dieses Versicherungszweiges soll
durch besondere Landesgesetze erfolgen.

Infolge eines Beschlusses des Herrenhauses sind die betr. Personen
zwar für versicherungsberechtigt erklärt, allein diese Bestim-
mungen sind so unklar und teilweise sogar widersprechend, so daſs die
gute Absicht des Gesetzgebers nicht erreicht worden ist.

Es kann nämlich u. a. die Erklärung des Beitrittes zur Bezirks-
krankenkasse von seiten der Waldarbeiter erst rechtsverbindlich er-
folgen, wenn eine Vereinbarung mit der Bezirkskrankenkasse unter Mit-
wirkung der Aufsichtsbehörde erfolgt ist.

In Frankreich kommt für die Waldarbeiter nur das Gesetz
„über die unentgeltliche Krankenpflege“ vom 18. Juli 1893 in Betracht.
Hiernach erhält jeder kranke Franzose, wenn er mittellos ist, von der
Gemeinde, dem Departement oder dem Staate kostenlos Krankenpflege
entweder in seiner Wohnung oder, wenn dort eine zweckmäſsige Pflege
ausgeschlossen ist, in einem Spitale.

Zu diesem Zwecke wird jede Gemeinde für die Behandlung ihrer
Kranken einem oder mehreren der nächsten Spitale zugewiesen.

Es wird Sache der Ausführung sein, die nach Art. 12 des Gesetzes
vorgschriebene Liste möglichst weit zu greifen, denn im Falle der Krank-
heit wird es einer Unzahl von Menschen unmöglich, für sich selbst zu
sorgen, welche im übrigen nicht auf die Armenpflege angewiesen
sind. Ganz besonders gilt dies auch für die Waldarbeiter.

§ 3. Die Unfallversicherung. Bezüglich der Unfallversicherung
ist das erste Gesetz der neuen Ära jenes vom 6. Juli 1884, welches
jedoch die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter überhaupt nicht be-
rücksichtigte. Für diese ist erst durch das Gesetz betreffend die Un-
fall-
und Krankenversicherung der in land- und forstwirt-
schaftlichen Betrieben beschäftigten Personen
vom 5. Mai
1886 Vorsorge getroffen.

Nach diesem Gesetze sind alle land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter
sowie die Betriebsbeamten (ausschlieſsl. Staats-, Reichs- und Kommunal-
beamte), sofern deren Gehalt 2000 M. nicht übersteigt, gegen die Folgen
der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle versichert, wenn der
Verletzte den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. 1)


1) Bezüglich der Bedeutung der Unfallversicherung für Land- und Forstwirt-
schaft enthält die „Statistik der entschädigungspflichtigen Unfälle“ für
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[215/0233] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. Das österreichische Krankenversicherungsgesetz vom 30. März 1888, welches in allen wesentlichen Punkten dem deutschen Gesetze entspricht, hat die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter sowie die betr. Betriebsbeamten von der Versicherungspflicht ausdrück- lich ausgenommen und zwar selbst dann, wenn für sie Unfallversiche- rungspflicht besteht. Die Regelung dieses Versicherungszweiges soll durch besondere Landesgesetze erfolgen. Infolge eines Beschlusses des Herrenhauses sind die betr. Personen zwar für versicherungsberechtigt erklärt, allein diese Bestim- mungen sind so unklar und teilweise sogar widersprechend, so daſs die gute Absicht des Gesetzgebers nicht erreicht worden ist. Es kann nämlich u. a. die Erklärung des Beitrittes zur Bezirks- krankenkasse von seiten der Waldarbeiter erst rechtsverbindlich er- folgen, wenn eine Vereinbarung mit der Bezirkskrankenkasse unter Mit- wirkung der Aufsichtsbehörde erfolgt ist. In Frankreich kommt für die Waldarbeiter nur das Gesetz „über die unentgeltliche Krankenpflege“ vom 18. Juli 1893 in Betracht. Hiernach erhält jeder kranke Franzose, wenn er mittellos ist, von der Gemeinde, dem Departement oder dem Staate kostenlos Krankenpflege entweder in seiner Wohnung oder, wenn dort eine zweckmäſsige Pflege ausgeschlossen ist, in einem Spitale. Zu diesem Zwecke wird jede Gemeinde für die Behandlung ihrer Kranken einem oder mehreren der nächsten Spitale zugewiesen. Es wird Sache der Ausführung sein, die nach Art. 12 des Gesetzes vorgschriebene Liste möglichst weit zu greifen, denn im Falle der Krank- heit wird es einer Unzahl von Menschen unmöglich, für sich selbst zu sorgen, welche im übrigen nicht auf die Armenpflege angewiesen sind. Ganz besonders gilt dies auch für die Waldarbeiter. § 3. Die Unfallversicherung. Bezüglich der Unfallversicherung ist das erste Gesetz der neuen Ära jenes vom 6. Juli 1884, welches jedoch die land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter überhaupt nicht be- rücksichtigte. Für diese ist erst durch das Gesetz betreffend die Un- fall- und Krankenversicherung der in land- und forstwirt- schaftlichen Betrieben beschäftigten Personen vom 5. Mai 1886 Vorsorge getroffen. Nach diesem Gesetze sind alle land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter sowie die Betriebsbeamten (ausschlieſsl. Staats-, Reichs- und Kommunal- beamte), sofern deren Gehalt 2000 M. nicht übersteigt, gegen die Folgen der bei dem Betriebe sich ereignenden Unfälle versichert, wenn der Verletzte den Unfall nicht vorsätzlich herbeigeführt hat. 1) 1) Bezüglich der Bedeutung der Unfallversicherung für Land- und Forstwirt- schaft enthält die „Statistik der entschädigungspflichtigen Unfälle“ für

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/233>, abgerufen am 18.04.2024.