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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
Majoritätsbeschluss, sondern ordnet diese zwangsweise an, sobald ein
freundschaftliches Übereinkommen nicht zu erzielen ist. 1)

Eine wichtige Frage ist die Rechtsfähigkeit der Genossen-
schaft nach innen und aussen. Nicht alle Waldgenossenschaften be-
dürfen des Rechtes der juristischen Person, für die Hauptformen aber
ist die Verleihung der Rechtsfähigkeit geradezu eine Lebensfrage.

Das Recht der juristischen Person ist u. a. zugestanden nach dem
preussischen Waldschutzgesetze von 1875, § 43, nach der Haubergs-
ordnung für Siegen von 1879 und nach dem Waldkulturgesetze für
Wittgenstein.

Mit der Verleihung dieser Rechte ist jedoch eine Änderung in den
Eigentums- und Besitzverhältnissen weder geboten noch ausgeschlossen. 2)

Die Regelung der inneren Angelegenheiten der Genossenschaften
kann denselben überlassen bleiben, durch Gesetz sollen nur die Punkte
bezeichnet werden, über welche im Statut Festsetzungen enthalten sein
müssen, im übrigen sind Bestimmungen zu treffen, welche in Er-
mangelung von anderweitigen Verabredungen in Kraft treten. 3)

Die Verteilung der Natural- und Gelderträge, sowie die Umlegung
der Lasten ist bei blossen Personalgenossenschaften einfach 4), eben-
so bei den bereits seit längerer Zeit bestehenden, sowie bei den-
jenigen Waldgenossenschaften, wo noch keine oder nur alters- und
bonitätsgleiche Bestände im gemeinschaftlichen Betriebe stehen. Schwie-
riger wird die Anlegung des richtigen Massstabes für Verteilung der
Nutzungen und Lasten bei neu zu bildenden Waldgenossenschaften,
wenn die beteiligten Bestände nach Güte und Alter wesentlich ver-

1) Ungarn, Forstgesetz von 1879, Art. 166: Die Bildung der Aufforstungs-
gesellschaften veranlasst der Verwaltungsausschuss als forstpolizeiliche Behörde erster
Instanz auf Grund einer diesbezüglichen Verfügung des Ackerbau-, Industrie- und
Handelsministers durch Delegation einer Kommission. Diese Kommission, deren
Mitglied von Amts wegen der königl. Forstinspektor ist, versucht nach Anhören
der interessierten Parteien, sowie nötigenfalls von unparteiischen Fachleuten hin-
sichtlich der Festsetzung des Grades des Interesses ein freundschaftliches Überein-
kommen der Parteien, erklärt im Falle des Gelingens die Gesellschaft als konstituiert,
im entgegengesetzten Falle setzt sie die Pflicht der Teilnahme an der Interessen-
gemeinschaft sowie das Mass der Teilnahme von Amts wegen fest und erstattet hier-
über dem Verwaltungsausschusse Bericht.
2) Bei dem Waldkulturgesetze für Wittgenstein tritt eine vollständige Auf-
hebung der bisherigen Besitzverhältnisse zu Gunsten der Genossenschaft ein, nach
§ 25 des Gesetzes von 1875 ist eine solche geradezu ausgeschlossen.
3) Vgl. die Bestimmungen des § 26 des preussischen Gesetzes von 1875 be-
züglich des Statutes.
4) Nach dem preussischen Gesetze von 1875 trägt bei Schutzgenossenschaften
jeder Genosse den auf ihn nach dem Verhältnisse des Katastral-Reinertrages treffenden
Anteil der Kosten; bei Wirtschaftsgenossenschaften werden Nutzungen, Kosten und
Lasten nach dem Verhältnisse des Kapitalwertes des von jedem Waldgenossen einge-
worfenen Bodens und des darauf stehenden Holzbestandes verteilt.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
Majoritätsbeschluſs, sondern ordnet diese zwangsweise an, sobald ein
freundschaftliches Übereinkommen nicht zu erzielen ist. 1)

Eine wichtige Frage ist die Rechtsfähigkeit der Genossen-
schaft nach innen und auſsen. Nicht alle Waldgenossenschaften be-
dürfen des Rechtes der juristischen Person, für die Hauptformen aber
ist die Verleihung der Rechtsfähigkeit geradezu eine Lebensfrage.

Das Recht der juristischen Person ist u. a. zugestanden nach dem
preuſsischen Waldschutzgesetze von 1875, § 43, nach der Haubergs-
ordnung für Siegen von 1879 und nach dem Waldkulturgesetze für
Wittgenstein.

Mit der Verleihung dieser Rechte ist jedoch eine Änderung in den
Eigentums- und Besitzverhältnissen weder geboten noch ausgeschlossen. 2)

Die Regelung der inneren Angelegenheiten der Genossenschaften
kann denselben überlassen bleiben, durch Gesetz sollen nur die Punkte
bezeichnet werden, über welche im Statut Festsetzungen enthalten sein
müssen, im übrigen sind Bestimmungen zu treffen, welche in Er-
mangelung von anderweitigen Verabredungen in Kraft treten. 3)

Die Verteilung der Natural- und Gelderträge, sowie die Umlegung
der Lasten ist bei bloſsen Personalgenossenschaften einfach 4), eben-
so bei den bereits seit längerer Zeit bestehenden, sowie bei den-
jenigen Waldgenossenschaften, wo noch keine oder nur alters- und
bonitätsgleiche Bestände im gemeinschaftlichen Betriebe stehen. Schwie-
riger wird die Anlegung des richtigen Maſsstabes für Verteilung der
Nutzungen und Lasten bei neu zu bildenden Waldgenossenschaften,
wenn die beteiligten Bestände nach Güte und Alter wesentlich ver-

1) Ungarn, Forstgesetz von 1879, Art. 166: Die Bildung der Aufforstungs-
gesellschaften veranlaſst der Verwaltungsausschuſs als forstpolizeiliche Behörde erster
Instanz auf Grund einer diesbezüglichen Verfügung des Ackerbau-, Industrie- und
Handelsministers durch Delegation einer Kommission. Diese Kommission, deren
Mitglied von Amts wegen der königl. Forstinspektor ist, versucht nach Anhören
der interessierten Parteien, sowie nötigenfalls von unparteiischen Fachleuten hin-
sichtlich der Festsetzung des Grades des Interesses ein freundschaftliches Überein-
kommen der Parteien, erklärt im Falle des Gelingens die Gesellschaft als konstituiert,
im entgegengesetzten Falle setzt sie die Pflicht der Teilnahme an der Interessen-
gemeinschaft sowie das Maſs der Teilnahme von Amts wegen fest und erstattet hier-
über dem Verwaltungsausschusse Bericht.
2) Bei dem Waldkulturgesetze für Wittgenstein tritt eine vollständige Auf-
hebung der bisherigen Besitzverhältnisse zu Gunsten der Genossenschaft ein, nach
§ 25 des Gesetzes von 1875 ist eine solche geradezu ausgeschlossen.
3) Vgl. die Bestimmungen des § 26 des preuſsischen Gesetzes von 1875 be-
züglich des Statutes.
4) Nach dem preuſsischen Gesetze von 1875 trägt bei Schutzgenossenschaften
jeder Genosse den auf ihn nach dem Verhältnisse des Katastral-Reinertrages treffenden
Anteil der Kosten; bei Wirtschaftsgenossenschaften werden Nutzungen, Kosten und
Lasten nach dem Verhältnisse des Kapitalwertes des von jedem Waldgenossen einge-
worfenen Bodens und des darauf stehenden Holzbestandes verteilt.
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[204/0222] B. Zweiter (spezieller) Teil. Majoritätsbeschluſs, sondern ordnet diese zwangsweise an, sobald ein freundschaftliches Übereinkommen nicht zu erzielen ist. 1) Eine wichtige Frage ist die Rechtsfähigkeit der Genossen- schaft nach innen und auſsen. Nicht alle Waldgenossenschaften be- dürfen des Rechtes der juristischen Person, für die Hauptformen aber ist die Verleihung der Rechtsfähigkeit geradezu eine Lebensfrage. Das Recht der juristischen Person ist u. a. zugestanden nach dem preuſsischen Waldschutzgesetze von 1875, § 43, nach der Haubergs- ordnung für Siegen von 1879 und nach dem Waldkulturgesetze für Wittgenstein. Mit der Verleihung dieser Rechte ist jedoch eine Änderung in den Eigentums- und Besitzverhältnissen weder geboten noch ausgeschlossen. 2) Die Regelung der inneren Angelegenheiten der Genossenschaften kann denselben überlassen bleiben, durch Gesetz sollen nur die Punkte bezeichnet werden, über welche im Statut Festsetzungen enthalten sein müssen, im übrigen sind Bestimmungen zu treffen, welche in Er- mangelung von anderweitigen Verabredungen in Kraft treten. 3) Die Verteilung der Natural- und Gelderträge, sowie die Umlegung der Lasten ist bei bloſsen Personalgenossenschaften einfach 4), eben- so bei den bereits seit längerer Zeit bestehenden, sowie bei den- jenigen Waldgenossenschaften, wo noch keine oder nur alters- und bonitätsgleiche Bestände im gemeinschaftlichen Betriebe stehen. Schwie- riger wird die Anlegung des richtigen Maſsstabes für Verteilung der Nutzungen und Lasten bei neu zu bildenden Waldgenossenschaften, wenn die beteiligten Bestände nach Güte und Alter wesentlich ver- 1) Ungarn, Forstgesetz von 1879, Art. 166: Die Bildung der Aufforstungs- gesellschaften veranlaſst der Verwaltungsausschuſs als forstpolizeiliche Behörde erster Instanz auf Grund einer diesbezüglichen Verfügung des Ackerbau-, Industrie- und Handelsministers durch Delegation einer Kommission. Diese Kommission, deren Mitglied von Amts wegen der königl. Forstinspektor ist, versucht nach Anhören der interessierten Parteien, sowie nötigenfalls von unparteiischen Fachleuten hin- sichtlich der Festsetzung des Grades des Interesses ein freundschaftliches Überein- kommen der Parteien, erklärt im Falle des Gelingens die Gesellschaft als konstituiert, im entgegengesetzten Falle setzt sie die Pflicht der Teilnahme an der Interessen- gemeinschaft sowie das Maſs der Teilnahme von Amts wegen fest und erstattet hier- über dem Verwaltungsausschusse Bericht. 2) Bei dem Waldkulturgesetze für Wittgenstein tritt eine vollständige Auf- hebung der bisherigen Besitzverhältnisse zu Gunsten der Genossenschaft ein, nach § 25 des Gesetzes von 1875 ist eine solche geradezu ausgeschlossen. 3) Vgl. die Bestimmungen des § 26 des preuſsischen Gesetzes von 1875 be- züglich des Statutes. 4) Nach dem preuſsischen Gesetze von 1875 trägt bei Schutzgenossenschaften jeder Genosse den auf ihn nach dem Verhältnisse des Katastral-Reinertrages treffenden Anteil der Kosten; bei Wirtschaftsgenossenschaften werden Nutzungen, Kosten und Lasten nach dem Verhältnisse des Kapitalwertes des von jedem Waldgenossen einge- worfenen Bodens und des darauf stehenden Holzbestandes verteilt.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/222>, abgerufen am 16.04.2024.