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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
handlung in der kleineren Privatwirtschaft wesentlich anders ist, als
beim selbständigen grossen Waldbesitze.

Die Flächengrösse, welche als Minimum für die nachhaltige forst-
wirtschaftliche Benutzung gefordert wird, ist nur in wenigen Gesetzen
in absoluter Grösse angegeben (Schwarzburg-Rudolstadt 200 Morgen für
Hoch-, 150 für Mittel-, 50 für Niederwald, Baden 36 ha), fast allent-
halben ist die Bemessung dieser Ausdehnung der technischen Begut-
achtung des einzelnen Falles überlassen.

Im grossen und ganzen hat dieses System der beschränkten Teil-
barkeit nicht die gehofften Erfolge gehabt, weil trotz der guten Ab-
sicht des Gesetzgebers massenhaft so kleine Parzellen gebildet wurden,
dass eine Waldzersplitterung mit all ihren schlimmen forst- und volks-
wirtschaftlichen Nachteilen nicht verhindert wurde, wie namentlich die
oben mitgeteilten Angaben bezüglich der Rheinprovinz zeigen.

Diese Gesetze sind besonders auch deshalb nicht genügend wirk-
sam, weil sie entweder überhaupt nur bei zwangsweise erfolgender
Auseinandersetzung Platz greifen, während bei gütlicher Einigung be-
liebige Zerstückelung zulässig ist 1), oder weil sie dadurch umgangen
werden können, dass zwar die eigentliche Auseinandersetzung unter
Wahrung dieses Standpunktes erfolgen muss, die Erwerber aber dann
ganz nach Belieben teilen können.

Da die früher üblichen gesetzlichen Massregeln nicht ausgereicht
haben, um den noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldbesitz, soweit
er nicht ohnehin öffentlich rechtlicher Natur ist, dauernd zu erhalten,
so ist man in Preussen durch das Gesetz vom 14. März 1881 "Über ge-
meinschaftliche Holzungen"
einen Schritt weiter gegangen und
hat hierdurch den bisher nur für Gemeindewaldungen geltenden
Grundsatz der Unteilbarkeit auch auf die überwiegende Mehrzahl der
sonst noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldungen ausgedehnt 2)
und dabei eine Neubildung des genossenschaftlichen Verbandes durch
Verleihung der Rechtsfähigkeit und verfassungsmässigen Vertretung
herbeigeführt.

Diesem Gesetze unterliegen die Waldungen, an welchen das Eigen-
tum mehreren Personen gemeinschaftlich zusteht, sofern nicht nach-
weislich die Gemeinschaft durch ein besonderes privatrechtliches Ver-
hältnis entstanden ist.

Es gehören hierher also die aus ehemaligen Markgenossenschaften

1) Rheinische Gemeinheitsteilungsordnung vom 19. V. 1851: Die
Naturalteilung eines gemeinschaftlichen Waldes ist, soweit sich die Beteiligten
nicht über dieselbe einigen,
ganz oder teilweise nur dann zulässig, wenn die
einzelnen Anteile entweder zur forstmässigen Benutzung geeignet bleiben oder in
anderer Kulturart mit grösserem Vorteile wie zur Holzzucht benutzt werden können.
2) Nach dem Stande zu Anfang des Jahres 1894 erstreckt sich das Gesetz über
gemeinschaftliche Holzungen von 1881 auf 2293 Waldungen mit zusammen 165223 ha.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
handlung in der kleineren Privatwirtschaft wesentlich anders ist, als
beim selbständigen groſsen Waldbesitze.

Die Flächengröſse, welche als Minimum für die nachhaltige forst-
wirtschaftliche Benutzung gefordert wird, ist nur in wenigen Gesetzen
in absoluter Gröſse angegeben (Schwarzburg-Rudolstadt 200 Morgen für
Hoch-, 150 für Mittel-, 50 für Niederwald, Baden 36 ha), fast allent-
halben ist die Bemessung dieser Ausdehnung der technischen Begut-
achtung des einzelnen Falles überlassen.

Im groſsen und ganzen hat dieses System der beschränkten Teil-
barkeit nicht die gehofften Erfolge gehabt, weil trotz der guten Ab-
sicht des Gesetzgebers massenhaft so kleine Parzellen gebildet wurden,
daſs eine Waldzersplitterung mit all ihren schlimmen forst- und volks-
wirtschaftlichen Nachteilen nicht verhindert wurde, wie namentlich die
oben mitgeteilten Angaben bezüglich der Rheinprovinz zeigen.

Diese Gesetze sind besonders auch deshalb nicht genügend wirk-
sam, weil sie entweder überhaupt nur bei zwangsweise erfolgender
Auseinandersetzung Platz greifen, während bei gütlicher Einigung be-
liebige Zerstückelung zulässig ist 1), oder weil sie dadurch umgangen
werden können, daſs zwar die eigentliche Auseinandersetzung unter
Wahrung dieses Standpunktes erfolgen muſs, die Erwerber aber dann
ganz nach Belieben teilen können.

Da die früher üblichen gesetzlichen Maſsregeln nicht ausgereicht
haben, um den noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldbesitz, soweit
er nicht ohnehin öffentlich rechtlicher Natur ist, dauernd zu erhalten,
so ist man in Preuſsen durch das Gesetz vom 14. März 1881 „Über ge-
meinschaftliche Holzungen“
einen Schritt weiter gegangen und
hat hierdurch den bisher nur für Gemeindewaldungen geltenden
Grundsatz der Unteilbarkeit auch auf die überwiegende Mehrzahl der
sonst noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldungen ausgedehnt 2)
und dabei eine Neubildung des genossenschaftlichen Verbandes durch
Verleihung der Rechtsfähigkeit und verfassungsmäſsigen Vertretung
herbeigeführt.

Diesem Gesetze unterliegen die Waldungen, an welchen das Eigen-
tum mehreren Personen gemeinschaftlich zusteht, sofern nicht nach-
weislich die Gemeinschaft durch ein besonderes privatrechtliches Ver-
hältnis entstanden ist.

Es gehören hierher also die aus ehemaligen Markgenossenschaften

1) Rheinische Gemeinheitsteilungsordnung vom 19. V. 1851: Die
Naturalteilung eines gemeinschaftlichen Waldes ist, soweit sich die Beteiligten
nicht über dieselbe einigen,
ganz oder teilweise nur dann zulässig, wenn die
einzelnen Anteile entweder zur forstmäſsigen Benutzung geeignet bleiben oder in
anderer Kulturart mit gröſserem Vorteile wie zur Holzzucht benutzt werden können.
2) Nach dem Stande zu Anfang des Jahres 1894 erstreckt sich das Gesetz über
gemeinschaftliche Holzungen von 1881 auf 2293 Waldungen mit zusammen 165223 ha.
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[198/0216] B. Zweiter (spezieller) Teil. handlung in der kleineren Privatwirtschaft wesentlich anders ist, als beim selbständigen groſsen Waldbesitze. Die Flächengröſse, welche als Minimum für die nachhaltige forst- wirtschaftliche Benutzung gefordert wird, ist nur in wenigen Gesetzen in absoluter Gröſse angegeben (Schwarzburg-Rudolstadt 200 Morgen für Hoch-, 150 für Mittel-, 50 für Niederwald, Baden 36 ha), fast allent- halben ist die Bemessung dieser Ausdehnung der technischen Begut- achtung des einzelnen Falles überlassen. Im groſsen und ganzen hat dieses System der beschränkten Teil- barkeit nicht die gehofften Erfolge gehabt, weil trotz der guten Ab- sicht des Gesetzgebers massenhaft so kleine Parzellen gebildet wurden, daſs eine Waldzersplitterung mit all ihren schlimmen forst- und volks- wirtschaftlichen Nachteilen nicht verhindert wurde, wie namentlich die oben mitgeteilten Angaben bezüglich der Rheinprovinz zeigen. Diese Gesetze sind besonders auch deshalb nicht genügend wirk- sam, weil sie entweder überhaupt nur bei zwangsweise erfolgender Auseinandersetzung Platz greifen, während bei gütlicher Einigung be- liebige Zerstückelung zulässig ist 1), oder weil sie dadurch umgangen werden können, daſs zwar die eigentliche Auseinandersetzung unter Wahrung dieses Standpunktes erfolgen muſs, die Erwerber aber dann ganz nach Belieben teilen können. Da die früher üblichen gesetzlichen Maſsregeln nicht ausgereicht haben, um den noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldbesitz, soweit er nicht ohnehin öffentlich rechtlicher Natur ist, dauernd zu erhalten, so ist man in Preuſsen durch das Gesetz vom 14. März 1881 „Über ge- meinschaftliche Holzungen“ einen Schritt weiter gegangen und hat hierdurch den bisher nur für Gemeindewaldungen geltenden Grundsatz der Unteilbarkeit auch auf die überwiegende Mehrzahl der sonst noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldungen ausgedehnt 2) und dabei eine Neubildung des genossenschaftlichen Verbandes durch Verleihung der Rechtsfähigkeit und verfassungsmäſsigen Vertretung herbeigeführt. Diesem Gesetze unterliegen die Waldungen, an welchen das Eigen- tum mehreren Personen gemeinschaftlich zusteht, sofern nicht nach- weislich die Gemeinschaft durch ein besonderes privatrechtliches Ver- hältnis entstanden ist. Es gehören hierher also die aus ehemaligen Markgenossenschaften 1) Rheinische Gemeinheitsteilungsordnung vom 19. V. 1851: Die Naturalteilung eines gemeinschaftlichen Waldes ist, soweit sich die Beteiligten nicht über dieselbe einigen, ganz oder teilweise nur dann zulässig, wenn die einzelnen Anteile entweder zur forstmäſsigen Benutzung geeignet bleiben oder in anderer Kulturart mit gröſserem Vorteile wie zur Holzzucht benutzt werden können. 2) Nach dem Stande zu Anfang des Jahres 1894 erstreckt sich das Gesetz über gemeinschaftliche Holzungen von 1881 auf 2293 Waldungen mit zusammen 165223 ha.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/216>, abgerufen am 29.03.2024.