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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
nur durch Aussaugung der Bodenkraft des Waldes, sei es des eigenen
oder eines fremden, zu fristen vermag, so liegen ungesunde wirtschaft-
liche Verhältnisse vor, welche das Eingreifen staatlicher Massregeln
gebieterisch fordern.

In Anerkennung dieser Thatsachen wird gegenwärtig die Be-
günstigung der Waldteilung unter der Voraussetzung dauernder forst-
wirtschaftlicher Benutzung der Einzelflächen nicht mehr als eine Mass-
regel der Forstwirtschaftspflege betrachtet. Man sucht nun, im Gegensatze
zu früher, die noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldungen zu er-
halten und, soweit thunlich, die Nachteile eines bereits vorhandenen
Parzellenbesitzes durch Neubegründung von Genossenschaften zu be-
seitigen. Kann die Zersplitterung von Waldungen auf Grund der be-
stehenden Gesetze nicht verhindert werden und erscheint eine Ab-
änderung derselben als unthunlich, so sucht man wenigstens auf dem
Wege der Belehrung dem Weiterschreiten solcher Missstände entgegen-
zutreten. Die Erwerbung der in Betracht kommenden Flächen für den
Staat bietet schliesslich das letzte Mittel, um drohender Gefahr für die
Landeskultur vorzubeugen.

Die oben angeführten üblen Folgen der Waldzersplitterung haben
schon seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts verschiedene Massregeln
veranlasst, um dem Weitergreifen des Übels entgegenzuwirken und die
schon vorhandenen Missstände zu beseitigen.

Das einfachste Mittel zum erstgenannten Zwecke besteht anscheinend
in dem Verbote jeder Waldteilung oder doch wenigstens einer
Teilung des Waldes in Stücke, welche einer geordneten forstwirt-
schaftlichen Benutzung nicht fähig
sind.

Die weitere Besprechung dieser Massregeln muss unter Berück-
sichtigung der Eigentumskategorien erfolgen, für welche sie angewendet
werden sollen.

Die Staatswaldungen sind als solche naturgemäss von der
Teilung überhaupt ausgeschlossen.

Bezüglich der Gemeindewaldungen im Sinne der modernen
Gesetzgebung ist fast allenthalben das Prinzip des absoluten Teilungs-
verbotes durchgeführt, wenigstens solange die forstliche Benutzung fort-
gesetzt werden soll.

Die reinen Privatwaldungen unterliegen nur in wenigen
Staaten (z. B. Waldeck, Hessen, Baden) einer Teilungsbeschränkung
und zwar in dem Sinne, dass die einzelnen Stücke noch einer geord-
neten forstwirtschaftlichen Benutzung fähig sind. 1)

Prinzipiell ist für diese letzte Art von Waldungen, sofern nicht

1) Waldeck, Gesetz vom 21. XI. 1853 § 7: Der vorhandene Forst- oder Wald-
grund darf ohne ausdrückliche Genehmigung der Forstverwaltung der Holzzucht

B. Zweiter (spezieller) Teil.
nur durch Aussaugung der Bodenkraft des Waldes, sei es des eigenen
oder eines fremden, zu fristen vermag, so liegen ungesunde wirtschaft-
liche Verhältnisse vor, welche das Eingreifen staatlicher Maſsregeln
gebieterisch fordern.

In Anerkennung dieser Thatsachen wird gegenwärtig die Be-
günstigung der Waldteilung unter der Voraussetzung dauernder forst-
wirtschaftlicher Benutzung der Einzelflächen nicht mehr als eine Maſs-
regel der Forstwirtschaftspflege betrachtet. Man sucht nun, im Gegensatze
zu früher, die noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldungen zu er-
halten und, soweit thunlich, die Nachteile eines bereits vorhandenen
Parzellenbesitzes durch Neubegründung von Genossenschaften zu be-
seitigen. Kann die Zersplitterung von Waldungen auf Grund der be-
stehenden Gesetze nicht verhindert werden und erscheint eine Ab-
änderung derselben als unthunlich, so sucht man wenigstens auf dem
Wege der Belehrung dem Weiterschreiten solcher Miſsstände entgegen-
zutreten. Die Erwerbung der in Betracht kommenden Flächen für den
Staat bietet schlieſslich das letzte Mittel, um drohender Gefahr für die
Landeskultur vorzubeugen.

Die oben angeführten üblen Folgen der Waldzersplitterung haben
schon seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts verschiedene Maſsregeln
veranlaſst, um dem Weitergreifen des Übels entgegenzuwirken und die
schon vorhandenen Miſsstände zu beseitigen.

Das einfachste Mittel zum erstgenannten Zwecke besteht anscheinend
in dem Verbote jeder Waldteilung oder doch wenigstens einer
Teilung des Waldes in Stücke, welche einer geordneten forstwirt-
schaftlichen Benutzung nicht fähig
sind.

Die weitere Besprechung dieser Maſsregeln muſs unter Berück-
sichtigung der Eigentumskategorien erfolgen, für welche sie angewendet
werden sollen.

Die Staatswaldungen sind als solche naturgemäſs von der
Teilung überhaupt ausgeschlossen.

Bezüglich der Gemeindewaldungen im Sinne der modernen
Gesetzgebung ist fast allenthalben das Prinzip des absoluten Teilungs-
verbotes durchgeführt, wenigstens solange die forstliche Benutzung fort-
gesetzt werden soll.

Die reinen Privatwaldungen unterliegen nur in wenigen
Staaten (z. B. Waldeck, Hessen, Baden) einer Teilungsbeschränkung
und zwar in dem Sinne, daſs die einzelnen Stücke noch einer geord-
neten forstwirtschaftlichen Benutzung fähig sind. 1)

Prinzipiell ist für diese letzte Art von Waldungen, sofern nicht

1) Waldeck, Gesetz vom 21. XI. 1853 § 7: Der vorhandene Forst- oder Wald-
grund darf ohne ausdrückliche Genehmigung der Forstverwaltung der Holzzucht
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[196/0214] B. Zweiter (spezieller) Teil. nur durch Aussaugung der Bodenkraft des Waldes, sei es des eigenen oder eines fremden, zu fristen vermag, so liegen ungesunde wirtschaft- liche Verhältnisse vor, welche das Eingreifen staatlicher Maſsregeln gebieterisch fordern. In Anerkennung dieser Thatsachen wird gegenwärtig die Be- günstigung der Waldteilung unter der Voraussetzung dauernder forst- wirtschaftlicher Benutzung der Einzelflächen nicht mehr als eine Maſs- regel der Forstwirtschaftspflege betrachtet. Man sucht nun, im Gegensatze zu früher, die noch vorhandenen gemeinschaftlichen Waldungen zu er- halten und, soweit thunlich, die Nachteile eines bereits vorhandenen Parzellenbesitzes durch Neubegründung von Genossenschaften zu be- seitigen. Kann die Zersplitterung von Waldungen auf Grund der be- stehenden Gesetze nicht verhindert werden und erscheint eine Ab- änderung derselben als unthunlich, so sucht man wenigstens auf dem Wege der Belehrung dem Weiterschreiten solcher Miſsstände entgegen- zutreten. Die Erwerbung der in Betracht kommenden Flächen für den Staat bietet schlieſslich das letzte Mittel, um drohender Gefahr für die Landeskultur vorzubeugen. Die oben angeführten üblen Folgen der Waldzersplitterung haben schon seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts verschiedene Maſsregeln veranlaſst, um dem Weitergreifen des Übels entgegenzuwirken und die schon vorhandenen Miſsstände zu beseitigen. Das einfachste Mittel zum erstgenannten Zwecke besteht anscheinend in dem Verbote jeder Waldteilung oder doch wenigstens einer Teilung des Waldes in Stücke, welche einer geordneten forstwirt- schaftlichen Benutzung nicht fähig sind. Die weitere Besprechung dieser Maſsregeln muſs unter Berück- sichtigung der Eigentumskategorien erfolgen, für welche sie angewendet werden sollen. Die Staatswaldungen sind als solche naturgemäſs von der Teilung überhaupt ausgeschlossen. Bezüglich der Gemeindewaldungen im Sinne der modernen Gesetzgebung ist fast allenthalben das Prinzip des absoluten Teilungs- verbotes durchgeführt, wenigstens solange die forstliche Benutzung fort- gesetzt werden soll. Die reinen Privatwaldungen unterliegen nur in wenigen Staaten (z. B. Waldeck, Hessen, Baden) einer Teilungsbeschränkung und zwar in dem Sinne, daſs die einzelnen Stücke noch einer geord- neten forstwirtschaftlichen Benutzung fähig sind. 1) Prinzipiell ist für diese letzte Art von Waldungen, sofern nicht 1) Waldeck, Gesetz vom 21. XI. 1853 § 7: Der vorhandene Forst- oder Wald- grund darf ohne ausdrückliche Genehmigung der Forstverwaltung der Holzzucht

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/214>, abgerufen am 16.04.2024.