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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.

In den älteren Ablösungsgesetzen war die Abfindung mit Land als
Regel angenommen 1); diese Landabfindung kann in doppelter Form
ermittelt werden.

a) In der ersten Form erfolgt sie nach ihrem Werte, welcher dem vor-
her ermittelten Kapitalswerte der Forstberechtigung gleich ist. Die Land-
abfindung ist zu empfehlen, wenn sie in solchem Grund und Boden erfolgen
kann, welcher zur dauernden landwirtschaftlichen Benutzung mit gutem
Erfolge geeignet ist und eine für wirtschaftliche Ausnutzung passende
Grösse, Lage und Form besitzt, sowie keine wesentliche Wirtschafts-
störung für Belastete und Berechtigte veranlasst.

Unzulässig ist dagegen die Abtretung solchen Bodens, welcher
überhaupt oder wenigstens unter den gegebenen Verhältnissen in
rationeller Weise nur als Wald benutzt werden kann. Ein nicht un-
erheblicher Teil der Flugsandschollen in den östlichen Provinzen von
Preussen ist aus den Rodeländereien hervorgegangen, welche auf Grund
des § 138 der altpreussischen G. Th. Ord. v. 7. Juni 1821 zur Ab-
lösung von Weideberechtigungen als sog. "raume Weide" nach ihrem
Weidewerte hingegeben worden waren. 2)

Diese sowohl die Rechte des Waldeigentümers als das volkswirt-
schaftliche Interesse verletzende Gesetzesbestimmung, welche dem
Waldeigentümer viele ungerechtfertigte Opfer auferlegte und die Landes-
kultur schwer schädigte, ist durch Art. 10 des Ergänzungsgesetzes zur
G. Th. Ord. v. 2. März 1850 aufgehoben werden. Hiernach ist eine Ent-
schädigung in Land nur dann zu geben oder anzunehmen, wenn das-
selbe zur Benutzung von Acker oder Wiese geeignet ist und in dieser
Eigenschaft nachhaltig einen höheren Ertrag, als durch Benutzung zur
Holzzucht, zu gewähren vermag.

Die Abfindung mit Wald (bestocktem Waldgrunde) ist grundsätz-
lich dann nicht zweckmässig, wenn hierbei nur unwirtschaftlich kleine
Teile entstehen, also in der überwiegenden Mehrzahl jener Fälle, in
welchen es sich um die Ablösung von Einzelrechten handelt. Die Ge-
schichte der Servitutenablösung hat gezeigt, dass solche Flächen, in
grosser Ausdehnung gerodet, zeitweise zur Ackerkultur benutzt wurden
und dann öde liegen geblieben sind.


1) Preussische G. Th. Ordn. von 1821 § 66, Hessen 1814.
2) Vgl. Schütte, Die Tucheler Heide S. 50 und S. 20. Waren die Flächen
zur Ackernutzung dauernd geeignet, so entstand für das Nationalwohl kein Schaden.
Das waren sie aber mit ganz geringen Ausnahmen nicht. Der Berechtigte nahm
von seiner Abfindung 4--5 Roggenernten, 2--3 mal Buchweizen, dann war die über-
nommene Humuskraft vollständig erschöpft, und der unter dem Tritte des Viehes und
dem Pfluge lose gewordene Sandboden ging auf und davon. Noch heute liegen in
manchen Feldmarken der Heide solche Abfindungsflächen aus jener Zeit völlig ver-
ödet und schädigen den besseren Boden durch Sandverwehung.
B. Zweiter (spezieller) Teil.

In den älteren Ablösungsgesetzen war die Abfindung mit Land als
Regel angenommen 1); diese Landabfindung kann in doppelter Form
ermittelt werden.

a) In der ersten Form erfolgt sie nach ihrem Werte, welcher dem vor-
her ermittelten Kapitalswerte der Forstberechtigung gleich ist. Die Land-
abfindung ist zu empfehlen, wenn sie in solchem Grund und Boden erfolgen
kann, welcher zur dauernden landwirtschaftlichen Benutzung mit gutem
Erfolge geeignet ist und eine für wirtschaftliche Ausnutzung passende
Gröſse, Lage und Form besitzt, sowie keine wesentliche Wirtschafts-
störung für Belastete und Berechtigte veranlaſst.

Unzulässig ist dagegen die Abtretung solchen Bodens, welcher
überhaupt oder wenigstens unter den gegebenen Verhältnissen in
rationeller Weise nur als Wald benutzt werden kann. Ein nicht un-
erheblicher Teil der Flugsandschollen in den östlichen Provinzen von
Preuſsen ist aus den Rodeländereien hervorgegangen, welche auf Grund
des § 138 der altpreuſsischen G. Th. Ord. v. 7. Juni 1821 zur Ab-
lösung von Weideberechtigungen als sog. „raume Weide“ nach ihrem
Weidewerte hingegeben worden waren. 2)

Diese sowohl die Rechte des Waldeigentümers als das volkswirt-
schaftliche Interesse verletzende Gesetzesbestimmung, welche dem
Waldeigentümer viele ungerechtfertigte Opfer auferlegte und die Landes-
kultur schwer schädigte, ist durch Art. 10 des Ergänzungsgesetzes zur
G. Th. Ord. v. 2. März 1850 aufgehoben werden. Hiernach ist eine Ent-
schädigung in Land nur dann zu geben oder anzunehmen, wenn das-
selbe zur Benutzung von Acker oder Wiese geeignet ist und in dieser
Eigenschaft nachhaltig einen höheren Ertrag, als durch Benutzung zur
Holzzucht, zu gewähren vermag.

Die Abfindung mit Wald (bestocktem Waldgrunde) ist grundsätz-
lich dann nicht zweckmäſsig, wenn hierbei nur unwirtschaftlich kleine
Teile entstehen, also in der überwiegenden Mehrzahl jener Fälle, in
welchen es sich um die Ablösung von Einzelrechten handelt. Die Ge-
schichte der Servitutenablösung hat gezeigt, daſs solche Flächen, in
groſser Ausdehnung gerodet, zeitweise zur Ackerkultur benutzt wurden
und dann öde liegen geblieben sind.


1) Preuſsische G. Th. Ordn. von 1821 § 66, Hessen 1814.
2) Vgl. Schütte, Die Tucheler Heide S. 50 und S. 20. Waren die Flächen
zur Ackernutzung dauernd geeignet, so entstand für das Nationalwohl kein Schaden.
Das waren sie aber mit ganz geringen Ausnahmen nicht. Der Berechtigte nahm
von seiner Abfindung 4—5 Roggenernten, 2—3 mal Buchweizen, dann war die über-
nommene Humuskraft vollständig erschöpft, und der unter dem Tritte des Viehes und
dem Pfluge lose gewordene Sandboden ging auf und davon. Noch heute liegen in
manchen Feldmarken der Heide solche Abfindungsflächen aus jener Zeit völlig ver-
ödet und schädigen den besseren Boden durch Sandverwehung.
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[188/0206] B. Zweiter (spezieller) Teil. In den älteren Ablösungsgesetzen war die Abfindung mit Land als Regel angenommen 1); diese Landabfindung kann in doppelter Form ermittelt werden. a) In der ersten Form erfolgt sie nach ihrem Werte, welcher dem vor- her ermittelten Kapitalswerte der Forstberechtigung gleich ist. Die Land- abfindung ist zu empfehlen, wenn sie in solchem Grund und Boden erfolgen kann, welcher zur dauernden landwirtschaftlichen Benutzung mit gutem Erfolge geeignet ist und eine für wirtschaftliche Ausnutzung passende Gröſse, Lage und Form besitzt, sowie keine wesentliche Wirtschafts- störung für Belastete und Berechtigte veranlaſst. Unzulässig ist dagegen die Abtretung solchen Bodens, welcher überhaupt oder wenigstens unter den gegebenen Verhältnissen in rationeller Weise nur als Wald benutzt werden kann. Ein nicht un- erheblicher Teil der Flugsandschollen in den östlichen Provinzen von Preuſsen ist aus den Rodeländereien hervorgegangen, welche auf Grund des § 138 der altpreuſsischen G. Th. Ord. v. 7. Juni 1821 zur Ab- lösung von Weideberechtigungen als sog. „raume Weide“ nach ihrem Weidewerte hingegeben worden waren. 2) Diese sowohl die Rechte des Waldeigentümers als das volkswirt- schaftliche Interesse verletzende Gesetzesbestimmung, welche dem Waldeigentümer viele ungerechtfertigte Opfer auferlegte und die Landes- kultur schwer schädigte, ist durch Art. 10 des Ergänzungsgesetzes zur G. Th. Ord. v. 2. März 1850 aufgehoben werden. Hiernach ist eine Ent- schädigung in Land nur dann zu geben oder anzunehmen, wenn das- selbe zur Benutzung von Acker oder Wiese geeignet ist und in dieser Eigenschaft nachhaltig einen höheren Ertrag, als durch Benutzung zur Holzzucht, zu gewähren vermag. Die Abfindung mit Wald (bestocktem Waldgrunde) ist grundsätz- lich dann nicht zweckmäſsig, wenn hierbei nur unwirtschaftlich kleine Teile entstehen, also in der überwiegenden Mehrzahl jener Fälle, in welchen es sich um die Ablösung von Einzelrechten handelt. Die Ge- schichte der Servitutenablösung hat gezeigt, daſs solche Flächen, in groſser Ausdehnung gerodet, zeitweise zur Ackerkultur benutzt wurden und dann öde liegen geblieben sind. 1) Preuſsische G. Th. Ordn. von 1821 § 66, Hessen 1814. 2) Vgl. Schütte, Die Tucheler Heide S. 50 und S. 20. Waren die Flächen zur Ackernutzung dauernd geeignet, so entstand für das Nationalwohl kein Schaden. Das waren sie aber mit ganz geringen Ausnahmen nicht. Der Berechtigte nahm von seiner Abfindung 4—5 Roggenernten, 2—3 mal Buchweizen, dann war die über- nommene Humuskraft vollständig erschöpft, und der unter dem Tritte des Viehes und dem Pfluge lose gewordene Sandboden ging auf und davon. Noch heute liegen in manchen Feldmarken der Heide solche Abfindungsflächen aus jener Zeit völlig ver- ödet und schädigen den besseren Boden durch Sandverwehung.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/206>, abgerufen am 19.04.2024.