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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
ungenügender gesetzlicher Vorschriften nicht durchgeführt werden kann;
dieser Fall liegt besonders häufig bei den Streuberechtigungen sowie
bei Weideberechtigungen im Gebirge vor.

Man unterscheidet: 1. Allgemeine (gesetzliche, polizeiliche 1)
Regelung, welche sich auf Grund eines Gesetzes im allgemeinen Interesse
für alle Berechtigungen gleicher Art im Geltungsbereiche des Gesetzes
erstreckt. Diese Form der Regelung erfolgt durch Anordnungen über
Nutzungsart, Nutzungszeit und Nutzungsfläche.

2. Die besondere Regelung tritt von Fall zu Fall ein. Sie ge-
schieht entweder im Wege des freiwilligen Übereinkommens oder durch
Anwendung von Zwang; dieser erfolgt entweder von Amts wegen 2)
oder auf Antrag eines der Beteiligten (Provokation). 3) Bisweilen steht
er nur dem Belasteten zu. 4)

Danckelmann unterscheidet für diese Antragsregelung folgende
Formen:

a) Regelung des Nutzungsgegenstandes durch Umwandlung (z. B.
Nadelholz statt Laubholz bei Änderung der Holz- und Betriebsart);

b) Regelung der Nutzungsfläche durch Freilegung einer ungeeig-
neten Fläche durch eine ertragsfähigere;

c) Regelung des Nutzungsmasses mittels Feststellung (Bestimmung
der Holzquantität, Viehzahl, Gebäudeanzahl und Gebäudedimension) oder
durch Einschränkung (Reduktion des Holz- und Streuquantums, Verbot
der Weide in gewissen Beständen und zu bestimmten Zeiten);

d) Regelung des Betriebes mittels genossenschaftlicher Vereinigung
der Berechtigten.

Die vollständige Befreiung von den Forstberechtigungen erfolgt durch
die Ablösung, d. h. durch die Aufhebung des servitutarischen Nutzungs-
rechts gegen Erstattung seines Wertes. Diese Werterstattung heisst Ent-
schädigung
.

Die Ablösung ist entweder eine freiwillige, aus dem freien
Übereinkommen der Beteiligten hervorgegangene 5), oder eine Zwangs-
ablösung
.


1) Oesterreichisches Patent vom 5. VII. 1853, § 16: Alle Holzungs- und Holz-
bezugsrechte müssen, insofern sie nicht bloss Raff- und Klaubholz oder Stock-
und Wurzelholz betreffen, auf eine bestimmte jährliche oder periodische Holzabgabe
unter Bezeichnung des Bezugsortes und mit Rücksicht auf den gegenwärtigen und
künftigen Bezugsort reguliert werden.
2) Oesterreichisches Patent § 6.
3) Bayerisches Forstgesetz Art. 27: Sowohl der Waldbesitzer als der Forst-
berechtigte ist befugt, die Umwandlung ungemessener Forstberechtigungen in ge-
messene Forstberechtigungen zu verlangen.
4) Oesterreichisches Patent § 17: Recht zum Bezug des Raff- und Klaub- oder
des Stock- und Wurzelholzes.
5) Bayerisches Forstgesetz Art. 30: Die nicht in jährliche Geldleistungen um-

B. Zweiter (spezieller) Teil.
ungenügender gesetzlicher Vorschriften nicht durchgeführt werden kann;
dieser Fall liegt besonders häufig bei den Streuberechtigungen sowie
bei Weideberechtigungen im Gebirge vor.

Man unterscheidet: 1. Allgemeine (gesetzliche, polizeiliche 1)
Regelung, welche sich auf Grund eines Gesetzes im allgemeinen Interesse
für alle Berechtigungen gleicher Art im Geltungsbereiche des Gesetzes
erstreckt. Diese Form der Regelung erfolgt durch Anordnungen über
Nutzungsart, Nutzungszeit und Nutzungsfläche.

2. Die besondere Regelung tritt von Fall zu Fall ein. Sie ge-
schieht entweder im Wege des freiwilligen Übereinkommens oder durch
Anwendung von Zwang; dieser erfolgt entweder von Amts wegen 2)
oder auf Antrag eines der Beteiligten (Provokation). 3) Bisweilen steht
er nur dem Belasteten zu. 4)

Danckelmann unterscheidet für diese Antragsregelung folgende
Formen:

a) Regelung des Nutzungsgegenstandes durch Umwandlung (z. B.
Nadelholz statt Laubholz bei Änderung der Holz- und Betriebsart);

b) Regelung der Nutzungsfläche durch Freilegung einer ungeeig-
neten Fläche durch eine ertragsfähigere;

c) Regelung des Nutzungsmaſses mittels Feststellung (Bestimmung
der Holzquantität, Viehzahl, Gebäudeanzahl und Gebäudedimension) oder
durch Einschränkung (Reduktion des Holz- und Streuquantums, Verbot
der Weide in gewissen Beständen und zu bestimmten Zeiten);

d) Regelung des Betriebes mittels genossenschaftlicher Vereinigung
der Berechtigten.

Die vollständige Befreiung von den Forstberechtigungen erfolgt durch
die Ablösung, d. h. durch die Aufhebung des servitutarischen Nutzungs-
rechts gegen Erstattung seines Wertes. Diese Werterstattung heiſst Ent-
schädigung
.

Die Ablösung ist entweder eine freiwillige, aus dem freien
Übereinkommen der Beteiligten hervorgegangene 5), oder eine Zwangs-
ablösung
.


1) Oesterreichisches Patent vom 5. VII. 1853, § 16: Alle Holzungs- und Holz-
bezugsrechte müssen, insofern sie nicht bloſs Raff- und Klaubholz oder Stock-
und Wurzelholz betreffen, auf eine bestimmte jährliche oder periodische Holzabgabe
unter Bezeichnung des Bezugsortes und mit Rücksicht auf den gegenwärtigen und
künftigen Bezugsort reguliert werden.
2) Oesterreichisches Patent § 6.
3) Bayerisches Forstgesetz Art. 27: Sowohl der Waldbesitzer als der Forst-
berechtigte ist befugt, die Umwandlung ungemessener Forstberechtigungen in ge-
messene Forstberechtigungen zu verlangen.
4) Oesterreichisches Patent § 17: Recht zum Bezug des Raff- und Klaub- oder
des Stock- und Wurzelholzes.
5) Bayerisches Forstgesetz Art. 30: Die nicht in jährliche Geldleistungen um-
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[182/0200] B. Zweiter (spezieller) Teil. ungenügender gesetzlicher Vorschriften nicht durchgeführt werden kann; dieser Fall liegt besonders häufig bei den Streuberechtigungen sowie bei Weideberechtigungen im Gebirge vor. Man unterscheidet: 1. Allgemeine (gesetzliche, polizeiliche 1) Regelung, welche sich auf Grund eines Gesetzes im allgemeinen Interesse für alle Berechtigungen gleicher Art im Geltungsbereiche des Gesetzes erstreckt. Diese Form der Regelung erfolgt durch Anordnungen über Nutzungsart, Nutzungszeit und Nutzungsfläche. 2. Die besondere Regelung tritt von Fall zu Fall ein. Sie ge- schieht entweder im Wege des freiwilligen Übereinkommens oder durch Anwendung von Zwang; dieser erfolgt entweder von Amts wegen 2) oder auf Antrag eines der Beteiligten (Provokation). 3) Bisweilen steht er nur dem Belasteten zu. 4) Danckelmann unterscheidet für diese Antragsregelung folgende Formen: a) Regelung des Nutzungsgegenstandes durch Umwandlung (z. B. Nadelholz statt Laubholz bei Änderung der Holz- und Betriebsart); b) Regelung der Nutzungsfläche durch Freilegung einer ungeeig- neten Fläche durch eine ertragsfähigere; c) Regelung des Nutzungsmaſses mittels Feststellung (Bestimmung der Holzquantität, Viehzahl, Gebäudeanzahl und Gebäudedimension) oder durch Einschränkung (Reduktion des Holz- und Streuquantums, Verbot der Weide in gewissen Beständen und zu bestimmten Zeiten); d) Regelung des Betriebes mittels genossenschaftlicher Vereinigung der Berechtigten. Die vollständige Befreiung von den Forstberechtigungen erfolgt durch die Ablösung, d. h. durch die Aufhebung des servitutarischen Nutzungs- rechts gegen Erstattung seines Wertes. Diese Werterstattung heiſst Ent- schädigung. Die Ablösung ist entweder eine freiwillige, aus dem freien Übereinkommen der Beteiligten hervorgegangene 5), oder eine Zwangs- ablösung. 1) Oesterreichisches Patent vom 5. VII. 1853, § 16: Alle Holzungs- und Holz- bezugsrechte müssen, insofern sie nicht bloſs Raff- und Klaubholz oder Stock- und Wurzelholz betreffen, auf eine bestimmte jährliche oder periodische Holzabgabe unter Bezeichnung des Bezugsortes und mit Rücksicht auf den gegenwärtigen und künftigen Bezugsort reguliert werden. 2) Oesterreichisches Patent § 6. 3) Bayerisches Forstgesetz Art. 27: Sowohl der Waldbesitzer als der Forst- berechtigte ist befugt, die Umwandlung ungemessener Forstberechtigungen in ge- messene Forstberechtigungen zu verlangen. 4) Oesterreichisches Patent § 17: Recht zum Bezug des Raff- und Klaub- oder des Stock- und Wurzelholzes. 5) Bayerisches Forstgesetz Art. 30: Die nicht in jährliche Geldleistungen um-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/200>, abgerufen am 29.03.2024.