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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
anderseits bei dem Fortschreiten der Forstwirtschaft ein immer
drückender werdendes Hindernis für die rationelle Benutzung des
Waldes und die Erzielung der höchsten Rente.

Im Laufe der Zeit ist aber auch bei der zweiten Kategorie der
Forstberechtigungen das Bewusstsein verloren gegangen, dass sie eine
Entschädigung für früheres Eigentumsrecht oder sonstige Gegenleistungen
bilden. Man behandelt dieselben vielmehr nach dem gleichen volks-
wirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Gesichtspunkte wie die erste
unter Ausserachtlassung des hier wesentlich anders liegenden Rechts-
standpunktes.

Die Forstberechtigungen haben eine dreifache Bedeutung: a) für
den belasteten Wald und den Waldeigentümer, b) für das be-
rechtigte Grundstück
und den Berechtigten und c) für das
öffentliche Interesse des Staates und der Gesellschaft.

Die Forderung der Befreiung der Wälder von Servituten wird
durch die Behauptung begründet, dass die Servituten mittelbar oder
unmittelbar eine Schmälerung der Waldrente herbeiführen und ein
Hindernis für wirtschaftliche Verbesserungen bilden. Sie beschränken
den Waldeigentümer in Bezug auf die Benutzung des Waldes, schmälern
sein Einkommen 1) und verringern das Interesse für die Forstkultur. Die
Waldsubstanz wird gefährdet teils durch die Natur einzelner Rechte,
teils durch Übergriffe der Berechtigten, die Kosten für den Forstschutz
und Betrieb werden vermehrt, und dem Waldeigentümer ebenso wie
seinen Beamten entstehen hieraus zahlreiche Unannehmlichkeiten durch
Streit, Exzesse und Prozesse.

Diese Nachteile werden jedoch keineswegs stets gleichmässig fühlbar
und kleben den einzelnen Arten der Forstberechtigungen in verschiede-
nem Grade an. Die Servituten sind um so schädlicher für den Wald-

1) Die Nachweisungen zum Etat der bayerischen Staatsforstverwaltung für
die Jahre 1894 und 1895, welche von allen deutschen Staaten noch am schwersten mit
Berechtigungen belastet ist, lassen ersehen, dass der Entgang infolge der Holzberech-
tigungen nach dem Durchschnitte der Jahre 1889/92 jährlich . . . 1588839 M.
der Ausfall durch Abgabe an Forstnebennutzungen im Durchschnitt
der 10 Jahre 1881/92 zufolge . . . . . . . . . . . . . 958733 "
zusammen also . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2547572 M.
beträgt. Da sich die Gesamtbruttoeinnahme aus Haupt- und Nebennutzungen auf
26977800 M. beläuft, so repräsentiert der Einnahmeausfall durch Berechtigungen
rund 10 Proz. Hierbei sind jedoch die Verluste nicht in Ansatz gebracht, welche durch
die Abgabe von Nutzholz als Brennholz und durch die Verschlechterung der Pro-
duktionsfähigkeit des Bodens infolge übermässiger Streunutzung veranlasst werden.
Noch ungünstiger gestaltet sich das Verhältnis bei den österreichischen
Staats- und Fondsforsten, deren durchschnittliche Bruttoeinnahme im Jahre 1890
10158000 M. betrug, während der Geldwert der darauf lastenden servitutarischen
Nutzungen 1882 auf jährlich 1111000 M. = 14 Proz. des Bruttowertes veran-
schlagt wurde.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
anderseits bei dem Fortschreiten der Forstwirtschaft ein immer
drückender werdendes Hindernis für die rationelle Benutzung des
Waldes und die Erzielung der höchsten Rente.

Im Laufe der Zeit ist aber auch bei der zweiten Kategorie der
Forstberechtigungen das Bewuſstsein verloren gegangen, daſs sie eine
Entschädigung für früheres Eigentumsrecht oder sonstige Gegenleistungen
bilden. Man behandelt dieselben vielmehr nach dem gleichen volks-
wirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Gesichtspunkte wie die erste
unter Auſserachtlassung des hier wesentlich anders liegenden Rechts-
standpunktes.

Die Forstberechtigungen haben eine dreifache Bedeutung: a) für
den belasteten Wald und den Waldeigentümer, b) für das be-
rechtigte Grundstück
und den Berechtigten und c) für das
öffentliche Interesse des Staates und der Gesellschaft.

Die Forderung der Befreiung der Wälder von Servituten wird
durch die Behauptung begründet, daſs die Servituten mittelbar oder
unmittelbar eine Schmälerung der Waldrente herbeiführen und ein
Hindernis für wirtschaftliche Verbesserungen bilden. Sie beschränken
den Waldeigentümer in Bezug auf die Benutzung des Waldes, schmälern
sein Einkommen 1) und verringern das Interesse für die Forstkultur. Die
Waldsubstanz wird gefährdet teils durch die Natur einzelner Rechte,
teils durch Übergriffe der Berechtigten, die Kosten für den Forstschutz
und Betrieb werden vermehrt, und dem Waldeigentümer ebenso wie
seinen Beamten entstehen hieraus zahlreiche Unannehmlichkeiten durch
Streit, Exzesse und Prozesse.

Diese Nachteile werden jedoch keineswegs stets gleichmäſsig fühlbar
und kleben den einzelnen Arten der Forstberechtigungen in verschiede-
nem Grade an. Die Servituten sind um so schädlicher für den Wald-

1) Die Nachweisungen zum Etat der bayerischen Staatsforstverwaltung für
die Jahre 1894 und 1895, welche von allen deutschen Staaten noch am schwersten mit
Berechtigungen belastet ist, lassen ersehen, daſs der Entgang infolge der Holzberech-
tigungen nach dem Durchschnitte der Jahre 1889/92 jährlich . . . 1588839 M.
der Ausfall durch Abgabe an Forstnebennutzungen im Durchschnitt
der 10 Jahre 1881/92 zufolge . . . . . . . . . . . . . 958733 „
zusammen also . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2547572 M.
beträgt. Da sich die Gesamtbruttoeinnahme aus Haupt- und Nebennutzungen auf
26977800 M. beläuft, so repräsentiert der Einnahmeausfall durch Berechtigungen
rund 10 Proz. Hierbei sind jedoch die Verluste nicht in Ansatz gebracht, welche durch
die Abgabe von Nutzholz als Brennholz und durch die Verschlechterung der Pro-
duktionsfähigkeit des Bodens infolge übermäſsiger Streunutzung veranlaſst werden.
Noch ungünstiger gestaltet sich das Verhältnis bei den österreichischen
Staats- und Fondsforsten, deren durchschnittliche Bruttoeinnahme im Jahre 1890
10158000 M. betrug, während der Geldwert der darauf lastenden servitutarischen
Nutzungen 1882 auf jährlich 1111000 M. = 14 Proz. des Bruttowertes veran-
schlagt wurde.
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[176/0194] B. Zweiter (spezieller) Teil. anderseits bei dem Fortschreiten der Forstwirtschaft ein immer drückender werdendes Hindernis für die rationelle Benutzung des Waldes und die Erzielung der höchsten Rente. Im Laufe der Zeit ist aber auch bei der zweiten Kategorie der Forstberechtigungen das Bewuſstsein verloren gegangen, daſs sie eine Entschädigung für früheres Eigentumsrecht oder sonstige Gegenleistungen bilden. Man behandelt dieselben vielmehr nach dem gleichen volks- wirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Gesichtspunkte wie die erste unter Auſserachtlassung des hier wesentlich anders liegenden Rechts- standpunktes. Die Forstberechtigungen haben eine dreifache Bedeutung: a) für den belasteten Wald und den Waldeigentümer, b) für das be- rechtigte Grundstück und den Berechtigten und c) für das öffentliche Interesse des Staates und der Gesellschaft. Die Forderung der Befreiung der Wälder von Servituten wird durch die Behauptung begründet, daſs die Servituten mittelbar oder unmittelbar eine Schmälerung der Waldrente herbeiführen und ein Hindernis für wirtschaftliche Verbesserungen bilden. Sie beschränken den Waldeigentümer in Bezug auf die Benutzung des Waldes, schmälern sein Einkommen 1) und verringern das Interesse für die Forstkultur. Die Waldsubstanz wird gefährdet teils durch die Natur einzelner Rechte, teils durch Übergriffe der Berechtigten, die Kosten für den Forstschutz und Betrieb werden vermehrt, und dem Waldeigentümer ebenso wie seinen Beamten entstehen hieraus zahlreiche Unannehmlichkeiten durch Streit, Exzesse und Prozesse. Diese Nachteile werden jedoch keineswegs stets gleichmäſsig fühlbar und kleben den einzelnen Arten der Forstberechtigungen in verschiede- nem Grade an. Die Servituten sind um so schädlicher für den Wald- 1) Die Nachweisungen zum Etat der bayerischen Staatsforstverwaltung für die Jahre 1894 und 1895, welche von allen deutschen Staaten noch am schwersten mit Berechtigungen belastet ist, lassen ersehen, daſs der Entgang infolge der Holzberech- tigungen nach dem Durchschnitte der Jahre 1889/92 jährlich . . . 1588839 M. der Ausfall durch Abgabe an Forstnebennutzungen im Durchschnitt der 10 Jahre 1881/92 zufolge . . . . . . . . . . . . . 958733 „ zusammen also . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2547572 M. beträgt. Da sich die Gesamtbruttoeinnahme aus Haupt- und Nebennutzungen auf 26977800 M. beläuft, so repräsentiert der Einnahmeausfall durch Berechtigungen rund 10 Proz. Hierbei sind jedoch die Verluste nicht in Ansatz gebracht, welche durch die Abgabe von Nutzholz als Brennholz und durch die Verschlechterung der Pro- duktionsfähigkeit des Bodens infolge übermäſsiger Streunutzung veranlaſst werden. Noch ungünstiger gestaltet sich das Verhältnis bei den österreichischen Staats- und Fondsforsten, deren durchschnittliche Bruttoeinnahme im Jahre 1890 10158000 M. betrug, während der Geldwert der darauf lastenden servitutarischen Nutzungen 1882 auf jährlich 1111000 M. = 14 Proz. des Bruttowertes veran- schlagt wurde.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/194>, abgerufen am 29.03.2024.