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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
flächen auf solchem Gelände stocken, welches wegen Steilheit und
steinigen Bodens eine anderweitige Betriebsart als Niederwald über-
haupt nicht gestattet.

Anderseits ist zu berücksichtigen, dass der Niedergang der Rente
der deutschen Eichenschälwaldungen in erster Linie nicht durch die Ein-
fuhr des Quebracho-Holzes, sondern durch die zollfreie Einfuhr der un-
garischen, französischen und belgischen Rinde bedingt wird. Quebracho
ist ausserdem auch nicht der einzige Konkurrent für die Eichenrinde,
sondern es drohen dieser, seitdem die Waldungen der tropischen und
subtropischen Zone erschlossen wurden, noch manche andere, so
verschiedene australische Akazia-Arten (namentlich Acacia decurrens);
ausserdem wird nunmehr auch in Amerika die Mineralgerbung an-
scheinend in verbesserter Form wieder aufgenommen. Ebenso wird
neuerdings von einem Gerbverfahren unter Anwendung von Elektrizität
berichtet. Die Verhältnisse haben sich demnach für die deutschen
Eichenschälwaldungen sehr kritisch gestaltet und verbieten nicht nur
eine weitere Ausdehnung derselben, sondern fordern auch dazu auf, so-
weit es überhaupt möglich ist, den Übergang zu anderen Betriebsformen
ernstlich in Erwägung zu ziehen.

Ausserdem bietet auch die Verwendung des Eichenholzes zu
Grubenholze, nach welchem in den Gebieten, in denen die meisten
Schälwaldungen liegen, gegenwärtig grosse Nachfrage besteht 1), eine
sehr gute Abhilfe. Es ist nur notwendig, die Umtriebszeit des Nieder-
waldes entsprechend zu verlängern.

§ 2. Die zolltechnischen Einrichtungen für den deutschen Holzhandel.
Die Bedürfnisse des Holzhandels erfordern nach mehrfachen Richtungen
besondere Berücksichtigung bei der zolltechnischen Behandlung.

Zum besseren Verständnisse derselben ist zunächst darauf hinzu-
weisen, dass das Holz und ebenso auch andere Waren, welche, vom
Auslande kommend die Grenze des deutschen Reiches überschreiten,
sehr verschiedene Bestimmung haben können.

Ein Teil wird sofort an der Zollgrenze oder bei seiner Ankunft
am Bestimmungsorte im Inlande verzollt und tritt dann in den freien
Verkehr, ein anderer wird auf Niederlagen und Konten 2) einge-

1) Der Jahresverbrauch von geringem Grubenholze lässt sich im rheinisch-west-
fälischen Kohlen gebiete auf 693000 fm schätzen. Zur Deckung dieses Bedarfes müssten
die in den Provinzen Hessen-Nassau, Westfalen und Rheinprovinz vorhandenen
496337 ha Nadelholzwaldungen jährlich 1,4 fm pro ha liefern, was zur Zeit nicht
möglich ist. Der Grubenholzbedarf muss daher teilweise aus weiten Entfernungen
bezogen werden, was bei den gegenwärtigen Eisenbahntarifen unverhältnismässige
Kosten verursacht. Die Eichenniederwaldungen dieser Bezirke würden daher in
dieser Richtung ein sehr gutes Absatzgebiet finden.
2) Zollniederlagen sind die unter steueramtlichem Verschlusse stehenden
Staats- oder Privatniederlagen; Konten sind die nicht unter steueramtlichem Ver-

B. Zweiter (spezieller) Teil.
flächen auf solchem Gelände stocken, welches wegen Steilheit und
steinigen Bodens eine anderweitige Betriebsart als Niederwald über-
haupt nicht gestattet.

Anderseits ist zu berücksichtigen, daſs der Niedergang der Rente
der deutschen Eichenschälwaldungen in erster Linie nicht durch die Ein-
fuhr des Quebracho-Holzes, sondern durch die zollfreie Einfuhr der un-
garischen, französischen und belgischen Rinde bedingt wird. Quebracho
ist auſserdem auch nicht der einzige Konkurrent für die Eichenrinde,
sondern es drohen dieser, seitdem die Waldungen der tropischen und
subtropischen Zone erschlossen wurden, noch manche andere, so
verschiedene australische Akazia-Arten (namentlich Acacia decurrens);
auſserdem wird nunmehr auch in Amerika die Mineralgerbung an-
scheinend in verbesserter Form wieder aufgenommen. Ebenso wird
neuerdings von einem Gerbverfahren unter Anwendung von Elektrizität
berichtet. Die Verhältnisse haben sich demnach für die deutschen
Eichenschälwaldungen sehr kritisch gestaltet und verbieten nicht nur
eine weitere Ausdehnung derselben, sondern fordern auch dazu auf, so-
weit es überhaupt möglich ist, den Übergang zu anderen Betriebsformen
ernstlich in Erwägung zu ziehen.

Auſserdem bietet auch die Verwendung des Eichenholzes zu
Grubenholze, nach welchem in den Gebieten, in denen die meisten
Schälwaldungen liegen, gegenwärtig groſse Nachfrage besteht 1), eine
sehr gute Abhilfe. Es ist nur notwendig, die Umtriebszeit des Nieder-
waldes entsprechend zu verlängern.

§ 2. Die zolltechnischen Einrichtungen für den deutschen Holzhandel.
Die Bedürfnisse des Holzhandels erfordern nach mehrfachen Richtungen
besondere Berücksichtigung bei der zolltechnischen Behandlung.

Zum besseren Verständnisse derselben ist zunächst darauf hinzu-
weisen, daſs das Holz und ebenso auch andere Waren, welche, vom
Auslande kommend die Grenze des deutschen Reiches überschreiten,
sehr verschiedene Bestimmung haben können.

Ein Teil wird sofort an der Zollgrenze oder bei seiner Ankunft
am Bestimmungsorte im Inlande verzollt und tritt dann in den freien
Verkehr, ein anderer wird auf Niederlagen und Konten 2) einge-

1) Der Jahresverbrauch von geringem Grubenholze läſst sich im rheinisch-west-
fälischen Kohlen gebiete auf 693000 fm schätzen. Zur Deckung dieses Bedarfes müſsten
die in den Provinzen Hessen-Nassau, Westfalen und Rheinprovinz vorhandenen
496337 ha Nadelholzwaldungen jährlich 1,4 fm pro ha liefern, was zur Zeit nicht
möglich ist. Der Grubenholzbedarf muſs daher teilweise aus weiten Entfernungen
bezogen werden, was bei den gegenwärtigen Eisenbahntarifen unverhältnismäſsige
Kosten verursacht. Die Eichenniederwaldungen dieser Bezirke würden daher in
dieser Richtung ein sehr gutes Absatzgebiet finden.
2) Zollniederlagen sind die unter steueramtlichem Verschlusse stehenden
Staats- oder Privatniederlagen; Konten sind die nicht unter steueramtlichem Ver-
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[164/0182] B. Zweiter (spezieller) Teil. flächen auf solchem Gelände stocken, welches wegen Steilheit und steinigen Bodens eine anderweitige Betriebsart als Niederwald über- haupt nicht gestattet. Anderseits ist zu berücksichtigen, daſs der Niedergang der Rente der deutschen Eichenschälwaldungen in erster Linie nicht durch die Ein- fuhr des Quebracho-Holzes, sondern durch die zollfreie Einfuhr der un- garischen, französischen und belgischen Rinde bedingt wird. Quebracho ist auſserdem auch nicht der einzige Konkurrent für die Eichenrinde, sondern es drohen dieser, seitdem die Waldungen der tropischen und subtropischen Zone erschlossen wurden, noch manche andere, so verschiedene australische Akazia-Arten (namentlich Acacia decurrens); auſserdem wird nunmehr auch in Amerika die Mineralgerbung an- scheinend in verbesserter Form wieder aufgenommen. Ebenso wird neuerdings von einem Gerbverfahren unter Anwendung von Elektrizität berichtet. Die Verhältnisse haben sich demnach für die deutschen Eichenschälwaldungen sehr kritisch gestaltet und verbieten nicht nur eine weitere Ausdehnung derselben, sondern fordern auch dazu auf, so- weit es überhaupt möglich ist, den Übergang zu anderen Betriebsformen ernstlich in Erwägung zu ziehen. Auſserdem bietet auch die Verwendung des Eichenholzes zu Grubenholze, nach welchem in den Gebieten, in denen die meisten Schälwaldungen liegen, gegenwärtig groſse Nachfrage besteht 1), eine sehr gute Abhilfe. Es ist nur notwendig, die Umtriebszeit des Nieder- waldes entsprechend zu verlängern. § 2. Die zolltechnischen Einrichtungen für den deutschen Holzhandel. Die Bedürfnisse des Holzhandels erfordern nach mehrfachen Richtungen besondere Berücksichtigung bei der zolltechnischen Behandlung. Zum besseren Verständnisse derselben ist zunächst darauf hinzu- weisen, daſs das Holz und ebenso auch andere Waren, welche, vom Auslande kommend die Grenze des deutschen Reiches überschreiten, sehr verschiedene Bestimmung haben können. Ein Teil wird sofort an der Zollgrenze oder bei seiner Ankunft am Bestimmungsorte im Inlande verzollt und tritt dann in den freien Verkehr, ein anderer wird auf Niederlagen und Konten 2) einge- 1) Der Jahresverbrauch von geringem Grubenholze läſst sich im rheinisch-west- fälischen Kohlen gebiete auf 693000 fm schätzen. Zur Deckung dieses Bedarfes müſsten die in den Provinzen Hessen-Nassau, Westfalen und Rheinprovinz vorhandenen 496337 ha Nadelholzwaldungen jährlich 1,4 fm pro ha liefern, was zur Zeit nicht möglich ist. Der Grubenholzbedarf muſs daher teilweise aus weiten Entfernungen bezogen werden, was bei den gegenwärtigen Eisenbahntarifen unverhältnismäſsige Kosten verursacht. Die Eichenniederwaldungen dieser Bezirke würden daher in dieser Richtung ein sehr gutes Absatzgebiet finden. 2) Zollniederlagen sind die unter steueramtlichem Verschlusse stehenden Staats- oder Privatniederlagen; Konten sind die nicht unter steueramtlichem Ver-

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/182>, abgerufen am 19.04.2024.