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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Zunächst ist hierbei hervorzuheben, dass auch infolge der erhöhten
Zollsätze die Einfuhr von Nutzholz noch nicht zurückgedrängt worden
ist, sondern im Gegenteil fortwährend steigt; dieselbe hat 1890 wieder
die Höhe von 3,2 Millionen Tonnen erreicht und behauptet sich seit-
dem ungefähr auf diesem Stande. Sie beträgt demnach je nach der
Rechnung 25--30 Proz. der gesamten Nutzholzproduktion aller deutschen
Waldungen, obwohl diese während des letzten Dezenniums eine sehr
erhebliche Steigerung erfahren hat. Hieraus dürfte die Notwendigkeit
einer Holzeinfuhr vom Auslande zur Deckung des deutschen Holzbedarfes
zur Genüge hervorgehen. Wenn man auf Grund der Angaben des
statistischen Reichsamtes über den Verkehr mit Holz und Holzwaren
berechnet, welcher Menge von im Walde zum Verkaufe fertig gestelltem
Rundholze die Einfuhr- und Ausfuhrmengen entsprechen, so ergeben
sich für 1892 folgende Zahlen in Festmetern:

[Tabelle]

Bei einer Durchschnittsproduktion von 3,5 fm pro ha und einer
Nutzholzausbeute von 40 Proz. lässt sich die Gesamterzeugung von Nutz-
holz in den deutschen Waldungen auf 21 Millionen Festmeter veran-
schlagen. Es wäre demnach eine Steigerung der Nutzholzausbeute um
28 Proz. erforderlich, wenn Deutschland seinen ganzen Bedarf an Nutz-
holz selbst erzeugen sollte. Wer mit den Verhältnissen vertraut ist
und weiss, mit welcher Sorgfalt in den Staats-, Gemeinde- und grossen
Privatforsten schon jetzt auf eine möglichst hohe Nutzholzausbeute hin-
gearbeitet wird, muss eine derartige Steigerung in absehbarer Zeit für
unmöglich erklären.

Dennoch ist heute die Aufhebung der Holzzölle nicht zu disku-
tieren, weil allerdings die deutsche Forstwirtschaft unter ungünstigeren
Verhältnissen produziert, als die grossen Exportländer, und die Zölle
wenigstens teilweise eine Ausgleichung bewirken.

Hierzu kommt noch der Umstand, dass neuerdings auch die Schweiz
und Frankreich Schutzzölle eingeführt haben und damit den Import
aus Deutschland schwer treffen, während anderseits Oesterreich und
Russland alle Anstrengungen machen, sich den deutschen Holzmarkt
zu erhalten. Ausserdem ist auch noch zu berücksichtigen, dass infolge
der Mac Kinley-Bill das Holz aus Kanada ebenfalls gezwungen ist,
den europäischen Markt aufzusuchen. Eine Aufhebung der deutschen
Holzzölle würde demnach nicht nur im forstwirtschaftlichen, sondern
auch im allgemeinen Interesse eine höchst unerwünschte Überschwem-
mung mit fremdem Holze zur Folge haben.

Die Frage, ob hohe und namentlich durch den Zoll gesteigerte
Holzpreise zur Aufforstung ermuntern oder umgekehrt zur Waldver-

Schwappach, Forstpolitik. 11
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.

Zunächst ist hierbei hervorzuheben, daſs auch infolge der erhöhten
Zollsätze die Einfuhr von Nutzholz noch nicht zurückgedrängt worden
ist, sondern im Gegenteil fortwährend steigt; dieselbe hat 1890 wieder
die Höhe von 3,2 Millionen Tonnen erreicht und behauptet sich seit-
dem ungefähr auf diesem Stande. Sie beträgt demnach je nach der
Rechnung 25—30 Proz. der gesamten Nutzholzproduktion aller deutschen
Waldungen, obwohl diese während des letzten Dezenniums eine sehr
erhebliche Steigerung erfahren hat. Hieraus dürfte die Notwendigkeit
einer Holzeinfuhr vom Auslande zur Deckung des deutschen Holzbedarfes
zur Genüge hervorgehen. Wenn man auf Grund der Angaben des
statistischen Reichsamtes über den Verkehr mit Holz und Holzwaren
berechnet, welcher Menge von im Walde zum Verkaufe fertig gestelltem
Rundholze die Einfuhr- und Ausfuhrmengen entsprechen, so ergeben
sich für 1892 folgende Zahlen in Festmetern:

[Tabelle]

Bei einer Durchschnittsproduktion von 3,5 fm pro ha und einer
Nutzholzausbeute von 40 Proz. läſst sich die Gesamterzeugung von Nutz-
holz in den deutschen Waldungen auf 21 Millionen Festmeter veran-
schlagen. Es wäre demnach eine Steigerung der Nutzholzausbeute um
28 Proz. erforderlich, wenn Deutschland seinen ganzen Bedarf an Nutz-
holz selbst erzeugen sollte. Wer mit den Verhältnissen vertraut ist
und weiſs, mit welcher Sorgfalt in den Staats-, Gemeinde- und groſsen
Privatforsten schon jetzt auf eine möglichst hohe Nutzholzausbeute hin-
gearbeitet wird, muſs eine derartige Steigerung in absehbarer Zeit für
unmöglich erklären.

Dennoch ist heute die Aufhebung der Holzzölle nicht zu disku-
tieren, weil allerdings die deutsche Forstwirtschaft unter ungünstigeren
Verhältnissen produziert, als die groſsen Exportländer, und die Zölle
wenigstens teilweise eine Ausgleichung bewirken.

Hierzu kommt noch der Umstand, daſs neuerdings auch die Schweiz
und Frankreich Schutzzölle eingeführt haben und damit den Import
aus Deutschland schwer treffen, während anderseits Oesterreich und
Ruſsland alle Anstrengungen machen, sich den deutschen Holzmarkt
zu erhalten. Auſserdem ist auch noch zu berücksichtigen, daſs infolge
der Mac Kinley-Bill das Holz aus Kanada ebenfalls gezwungen ist,
den europäischen Markt aufzusuchen. Eine Aufhebung der deutschen
Holzzölle würde demnach nicht nur im forstwirtschaftlichen, sondern
auch im allgemeinen Interesse eine höchst unerwünschte Überschwem-
mung mit fremdem Holze zur Folge haben.

Die Frage, ob hohe und namentlich durch den Zoll gesteigerte
Holzpreise zur Aufforstung ermuntern oder umgekehrt zur Waldver-

Schwappach, Forstpolitik. 11
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[161/0179] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. Zunächst ist hierbei hervorzuheben, daſs auch infolge der erhöhten Zollsätze die Einfuhr von Nutzholz noch nicht zurückgedrängt worden ist, sondern im Gegenteil fortwährend steigt; dieselbe hat 1890 wieder die Höhe von 3,2 Millionen Tonnen erreicht und behauptet sich seit- dem ungefähr auf diesem Stande. Sie beträgt demnach je nach der Rechnung 25—30 Proz. der gesamten Nutzholzproduktion aller deutschen Waldungen, obwohl diese während des letzten Dezenniums eine sehr erhebliche Steigerung erfahren hat. Hieraus dürfte die Notwendigkeit einer Holzeinfuhr vom Auslande zur Deckung des deutschen Holzbedarfes zur Genüge hervorgehen. Wenn man auf Grund der Angaben des statistischen Reichsamtes über den Verkehr mit Holz und Holzwaren berechnet, welcher Menge von im Walde zum Verkaufe fertig gestelltem Rundholze die Einfuhr- und Ausfuhrmengen entsprechen, so ergeben sich für 1892 folgende Zahlen in Festmetern: Bei einer Durchschnittsproduktion von 3,5 fm pro ha und einer Nutzholzausbeute von 40 Proz. läſst sich die Gesamterzeugung von Nutz- holz in den deutschen Waldungen auf 21 Millionen Festmeter veran- schlagen. Es wäre demnach eine Steigerung der Nutzholzausbeute um 28 Proz. erforderlich, wenn Deutschland seinen ganzen Bedarf an Nutz- holz selbst erzeugen sollte. Wer mit den Verhältnissen vertraut ist und weiſs, mit welcher Sorgfalt in den Staats-, Gemeinde- und groſsen Privatforsten schon jetzt auf eine möglichst hohe Nutzholzausbeute hin- gearbeitet wird, muſs eine derartige Steigerung in absehbarer Zeit für unmöglich erklären. Dennoch ist heute die Aufhebung der Holzzölle nicht zu disku- tieren, weil allerdings die deutsche Forstwirtschaft unter ungünstigeren Verhältnissen produziert, als die groſsen Exportländer, und die Zölle wenigstens teilweise eine Ausgleichung bewirken. Hierzu kommt noch der Umstand, daſs neuerdings auch die Schweiz und Frankreich Schutzzölle eingeführt haben und damit den Import aus Deutschland schwer treffen, während anderseits Oesterreich und Ruſsland alle Anstrengungen machen, sich den deutschen Holzmarkt zu erhalten. Auſserdem ist auch noch zu berücksichtigen, daſs infolge der Mac Kinley-Bill das Holz aus Kanada ebenfalls gezwungen ist, den europäischen Markt aufzusuchen. Eine Aufhebung der deutschen Holzzölle würde demnach nicht nur im forstwirtschaftlichen, sondern auch im allgemeinen Interesse eine höchst unerwünschte Überschwem- mung mit fremdem Holze zur Folge haben. Die Frage, ob hohe und namentlich durch den Zoll gesteigerte Holzpreise zur Aufforstung ermuntern oder umgekehrt zur Waldver- Schwappach, Forstpolitik. 11

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/179>, abgerufen am 28.03.2024.