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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
der Privatbahnen in Deutschland und Oesterreich die Verbandstarife
bei dem gegenseitigen Unterbieten der einzelnen konkurrierenden Linien
teilweise ganz abnorme Verhältnisse, sog. Frachtdisparitäten ge-
schaffen. So hat z. B. im Jahre 1878 der Verbandstarif des deutsch-
galizisch-rumänischen Verbandes auf den sächsischen Bahnen für 10000
Kilogramm bei Holz pro Kilometer 37,4 Pfennig betragen, im säch-
sischen Lokalverkehre dagegen 44,6 Pfennig.

Dass hierdurch der Wettkampf des ausländischen Holzes gegen-
über dem einheimischen eine gewaltige Unterstützung erfahren hat, ist
leicht begreiflich. Diese Missstände kamen auf der deutschen Forstver-
sammlung zu Dresden 1878 zur Sprache und führten zu einer entsprechen-
den Eingabe an das Reichskanzleramt und die im Besitze von Staats-
bahnen befindlichen Regierungen. 1) Im Jahre 1879 wurden alsdann
diese Unzuträglichkeiten der Verbandstarife in Deutschland beseitigt,
während in Oesterreich infolge der Tarifenquete des Jahres 1882 im
Jahre 1883 ebenfalls Wandel geschaffen wurde.

Von volkswirtschaftlich sehr günstigem Einflusse sind gerade für den
Holzhandel richtig bemessene Staffeltarife, weil dieselben einesteils
den waldarmen Industriegegenden das Holz zu mässigen Preisen zu-
führen und anderseits Waldgebieten, die keine Wasserstrassen be-
sitzen, die Konkurrenz auf dem Weltmarkte ermöglichen, was namentlich
für die geringwertigen Sortimente, z. B. Grubenhölzer, von grosser
Wichtigkeit ist.

Innerhalb Deutschlands finden sich Staffeltarife für Holz nur in
beschränktem Masse (preussische Ostbahn, Oberschlesische Eisenbahn,

der absoluten differentiellen Tarifierung liegt hingegen vor, wenn in demselben
Tarif für gleiche Mengen desselben Gutes auf gleichen Entfernungen die Transport-
preise ungleichmässig festgesetzt werden.
Ist der ermässigte Frachtsatz für die weiter entfernte Station billiger, als der
regelmässige Frachtsatz der näher gelegenen nächsten Station, so liegt eine Fracht-
disparität
vor. In vielen Staaten sind Frachtdisparitäten und mit diesen gleich-
artige Differentialtarife verboten.
Zu den relativen Differentialtarifen gehören vor allem die Verbandstarife;
ferner die Ausnahme- oder Spezialtarife.
Den wichtigsten Fall der absolut differentiellen Frachtbildung bildet der Staffel-
tarif
. Bei diesem ermässigt (oder erhöht) sich der Satz in bestimmten Verhältnissen
zur Länge der Transportstrecke.
Als Beispiel einer solchen differentiellen Tarifbildung kann der österreichisch-
ungarische Spezialtarif II (für Holz) dienen; derselbe berechnet für 100 km
[Tabelle]
Näheres vgl. hierüber in Ulrich, Das Eisenbahntarifwesen, Berlin-Leipzig 1886 und
Der deutsche Eisenbahngütertarif, Teil I, Berlin 1892; ferner Neumann, Eisenbahn-
tarifwesen im Handwörterbuch der Staatswissenschaften.
1) Vgl. Bericht über die VII. Versammlung deutscher Forstmänner, S. 17.

B. Zweiter (spezieller) Teil.
der Privatbahnen in Deutschland und Oesterreich die Verbandstarife
bei dem gegenseitigen Unterbieten der einzelnen konkurrierenden Linien
teilweise ganz abnorme Verhältnisse, sog. Frachtdisparitäten ge-
schaffen. So hat z. B. im Jahre 1878 der Verbandstarif des deutsch-
galizisch-rumänischen Verbandes auf den sächsischen Bahnen für 10000
Kilogramm bei Holz pro Kilometer 37,4 Pfennig betragen, im säch-
sischen Lokalverkehre dagegen 44,6 Pfennig.

Daſs hierdurch der Wettkampf des ausländischen Holzes gegen-
über dem einheimischen eine gewaltige Unterstützung erfahren hat, ist
leicht begreiflich. Diese Miſsstände kamen auf der deutschen Forstver-
sammlung zu Dresden 1878 zur Sprache und führten zu einer entsprechen-
den Eingabe an das Reichskanzleramt und die im Besitze von Staats-
bahnen befindlichen Regierungen. 1) Im Jahre 1879 wurden alsdann
diese Unzuträglichkeiten der Verbandstarife in Deutschland beseitigt,
während in Oesterreich infolge der Tarifenquête des Jahres 1882 im
Jahre 1883 ebenfalls Wandel geschaffen wurde.

Von volkswirtschaftlich sehr günstigem Einflusse sind gerade für den
Holzhandel richtig bemessene Staffeltarife, weil dieselben einesteils
den waldarmen Industriegegenden das Holz zu mäſsigen Preisen zu-
führen und anderseits Waldgebieten, die keine Wasserstraſsen be-
sitzen, die Konkurrenz auf dem Weltmarkte ermöglichen, was namentlich
für die geringwertigen Sortimente, z. B. Grubenhölzer, von groſser
Wichtigkeit ist.

Innerhalb Deutschlands finden sich Staffeltarife für Holz nur in
beschränktem Maſse (preuſsische Ostbahn, Oberschlesische Eisenbahn,

der absoluten differentiellen Tarifierung liegt hingegen vor, wenn in demselben
Tarif für gleiche Mengen desselben Gutes auf gleichen Entfernungen die Transport-
preise ungleichmäſsig festgesetzt werden.
Ist der ermäſsigte Frachtsatz für die weiter entfernte Station billiger, als der
regelmäſsige Frachtsatz der näher gelegenen nächsten Station, so liegt eine Fracht-
disparität
vor. In vielen Staaten sind Frachtdisparitäten und mit diesen gleich-
artige Differentialtarife verboten.
Zu den relativen Differentialtarifen gehören vor allem die Verbandstarife;
ferner die Ausnahme- oder Spezialtarife.
Den wichtigsten Fall der absolut differentiellen Frachtbildung bildet der Staffel-
tarif
. Bei diesem ermäſsigt (oder erhöht) sich der Satz in bestimmten Verhältnissen
zur Länge der Transportstrecke.
Als Beispiel einer solchen differentiellen Tarifbildung kann der österreichisch-
ungarische Spezialtarif II (für Holz) dienen; derselbe berechnet für 100 km
[Tabelle]
Näheres vgl. hierüber in Ulrich, Das Eisenbahntarifwesen, Berlin-Leipzig 1886 und
Der deutsche Eisenbahngütertarif, Teil I, Berlin 1892; ferner Neumann, Eisenbahn-
tarifwesen im Handwörterbuch der Staatswissenschaften.
1) Vgl. Bericht über die VII. Versammlung deutscher Forstmänner, S. 17.
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[154/0172] B. Zweiter (spezieller) Teil. der Privatbahnen in Deutschland und Oesterreich die Verbandstarife bei dem gegenseitigen Unterbieten der einzelnen konkurrierenden Linien teilweise ganz abnorme Verhältnisse, sog. Frachtdisparitäten ge- schaffen. So hat z. B. im Jahre 1878 der Verbandstarif des deutsch- galizisch-rumänischen Verbandes auf den sächsischen Bahnen für 10000 Kilogramm bei Holz pro Kilometer 37,4 Pfennig betragen, im säch- sischen Lokalverkehre dagegen 44,6 Pfennig. Daſs hierdurch der Wettkampf des ausländischen Holzes gegen- über dem einheimischen eine gewaltige Unterstützung erfahren hat, ist leicht begreiflich. Diese Miſsstände kamen auf der deutschen Forstver- sammlung zu Dresden 1878 zur Sprache und führten zu einer entsprechen- den Eingabe an das Reichskanzleramt und die im Besitze von Staats- bahnen befindlichen Regierungen. 1) Im Jahre 1879 wurden alsdann diese Unzuträglichkeiten der Verbandstarife in Deutschland beseitigt, während in Oesterreich infolge der Tarifenquête des Jahres 1882 im Jahre 1883 ebenfalls Wandel geschaffen wurde. Von volkswirtschaftlich sehr günstigem Einflusse sind gerade für den Holzhandel richtig bemessene Staffeltarife, weil dieselben einesteils den waldarmen Industriegegenden das Holz zu mäſsigen Preisen zu- führen und anderseits Waldgebieten, die keine Wasserstraſsen be- sitzen, die Konkurrenz auf dem Weltmarkte ermöglichen, was namentlich für die geringwertigen Sortimente, z. B. Grubenhölzer, von groſser Wichtigkeit ist. Innerhalb Deutschlands finden sich Staffeltarife für Holz nur in beschränktem Maſse (preuſsische Ostbahn, Oberschlesische Eisenbahn, 1) 1) Vgl. Bericht über die VII. Versammlung deutscher Forstmänner, S. 17. 1) der absoluten differentiellen Tarifierung liegt hingegen vor, wenn in demselben Tarif für gleiche Mengen desselben Gutes auf gleichen Entfernungen die Transport- preise ungleichmäſsig festgesetzt werden. Ist der ermäſsigte Frachtsatz für die weiter entfernte Station billiger, als der regelmäſsige Frachtsatz der näher gelegenen nächsten Station, so liegt eine Fracht- disparität vor. In vielen Staaten sind Frachtdisparitäten und mit diesen gleich- artige Differentialtarife verboten. Zu den relativen Differentialtarifen gehören vor allem die Verbandstarife; ferner die Ausnahme- oder Spezialtarife. Den wichtigsten Fall der absolut differentiellen Frachtbildung bildet der Staffel- tarif. Bei diesem ermäſsigt (oder erhöht) sich der Satz in bestimmten Verhältnissen zur Länge der Transportstrecke. Als Beispiel einer solchen differentiellen Tarifbildung kann der österreichisch- ungarische Spezialtarif II (für Holz) dienen; derselbe berechnet für 100 km Näheres vgl. hierüber in Ulrich, Das Eisenbahntarifwesen, Berlin-Leipzig 1886 und Der deutsche Eisenbahngütertarif, Teil I, Berlin 1892; ferner Neumann, Eisenbahn- tarifwesen im Handwörterbuch der Staatswissenschaften.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/172>, abgerufen am 20.04.2024.